Eintracht-Defensive macht ihren Trainer sauer
Bei Union Berlin spielt die Eintracht eine starke erste Halbzeit, lädt dann aber den Gegner zu Toren ein. Das bringt Trainer Glasner auf die Palme. Die Analyse in fünf Punkten.
Niederlage für Eintracht Frankfurt im Spiel bei Union Berlin: Die Frankfurter verloren am Sonntag mit 0:2 (0:0). Die Tore erzielten Rani Khedira (53.) und Kevin Behrens (75.), die Eintracht vergab vor allem in der ersten Halbzeit beste Chancen.
1. Mit neuer Abwehr gegen die Leidensgenossen
Nach dem Experiment mit der Viererkette in Neapel kehrte Eintracht-Trainer Oliver Glasner zur bewährten Dreierkette zurück. Die bekam allerdings einen neuen Abwehrchef: Hrvoje Smolcic wurde in der Mittelposition aufgeboten, um mit seiner Kopfballstärke die erwarteten langen Bälle von Union Berlin verteidigen zu können. Geklappt hat das freilich nicht, aber dazu später mehr.
Mit dem Gegner aus Köpenick teilten die Frankfurter vorab ihr europäisches Schicksal: Nachdem die Eintracht am Mittwoch in der Champions League ausgeschieden war, tat es ihr Union einen Tag später in der Europa League gleich. Für beide Vereine waren die internationalen Spiele zuvor regelrechte Feiertage - klar, dass beide auch im kommenden Jahr europäisch dabei sein wollen. Für eine gute Ausgangsposition im Kampf um die vorderen Plätze in der Bundesliga war die Partie am Sonntag richtungsweisend.
2. Erste Halbzeit stark, aber torlos
Die Frankfurter schienen die Enttäuschung der vergangenen Woche zunächst besser abgeschüttelt zu haben: In einem alles andere als müden Beginn erspielte sie sich ein Übergewicht, aus dem im Laufe der ersten 45 Minuten immer mehr Chancen resultierten.
Alleine: Das Führungstor wollte nicht fallen. Kolo Muani (16., 39., 46.) und Daichi Kamada (34.) ließen auch beste Chancen ungenutzt. Über eine Frankfurter Führung zur Pause hätte sich niemand beklagen dürfen.
3. Union nutzt Eintracht-Fehler aus
Nach der Pause fiel das überraschende Führungstor für Union: nach einer Ecke, aus dem Gewühl, völlig unnötig (53.). Noch erschreckender war das 2:0 (75.): Einen Abschlag von Rönnow behauptete Kevin Behrens gegen Tuta und Smolcic, die jeweils stümperhaft zu Werke gingen. Zu allem Überfluss ließ sich Trapp auch noch tunneln.
"Wir haben es lange Zeit gut gemacht. Aber am Ende verkacken wir es hinten", lautete Glasners deutlich vorgetragenes Fazit im Gespräch mit Dazn unmmittelbar nach Schlusspfiff. "Das erste Tor ist ein geschenkter Eckball und das zweite hat gar nichts mit Fußball zu tun. Das ist ein Befreiungsschlag und wie wir uns da anstellen, ist unterirdisch."
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Eintracht im zweiten Durchgang nicht an die ersten 45 Minuten anknüpfen konnte. Nach den Gegentoren war kaum ein Aufbäumen zu sehen, die Chancen waren nicht mehr so zwingend und die Körpersprache auch nicht mehr von Selbstvertrauen geprägt. Nach sechs sieglosen Pflichtspielen in Folge ist das aber auch kein Wunder.
4. Champions-League-Plätze in immer weiterer Ferne
Direkt wieder in die Champions League - diesen Traum haben in Frankfurt sowohl Mannschaft als auch Fans. In der Liga schien das lange möglich, die Eintracht hatte lange mindestens Tuchfühlung zu den ersten vier Plätzen. Nun ist Union Berlin auf acht Punkte davongezogen und die Frankfurter müssen schauen, dass sie nicht komplett aus den Europapokal-Plätzen rausrutschen.
Dafür braucht es aber endlich wieder Siege. Bevor die Hessen wieder punkten können, steht allerdings eine Länderspielpause an. Elf Adlerträger werden mit ihren Nationalteams unterwegs sein, Glasner wird in den kommenden zwei Wochen also nur eingeschränkt Abläufe trainieren können. "In der Offensive sind alle weg, in der Defensive sind alle da. Wir werden trainieren, trainieren, trainieren", so sein Ausblick.
5. Glasner schimpft auf die Mannschaft
Und überhaupt: Glasner nahm nach Schlusspfiff am Sonntag besonders seine Hintermannschaft ins Visier. "Wir müssen aufhören, über Dinge zu sprechen und uns darauf konzentrieren, was jeder einzelne zu verbessern hat. Und da habe ich speziell im Defensivverhalten viel gesehen", wurde der Trainer ungewöhnlich deutlich. "Heute hat Union gezeigt, wie du ohne herausgespielte Torchance ein Spiel gewinnen kannst. Und das lag an unserem sehr abenteuerlichen Defensivverhalten." Der Groll des Trainers liegt auch darin begründet, dass er intern schon häufiger Verstärkung auf der Innenverteidiger-Position gefordert hatte, diese aber nicht bekam.
Mit ein bisschen Abstand zum Spiel, nämlich in der anschließenden Pressekonferenz, hatte sich Glasner übrigens selbst Einsilbigkeit verordnet. "Ich bin sehr vorsichtig. Alles, was ich sage, kann und wird gegen mich verwendet werden. Deswegen ist es besser, heute den Mund zu halten." Und so ließ der Österreicher die Journalisten und Journalistinnen im Anschluss ein ums andere Mal mit ihren Fragen auflaufen. So sauer hat man den Eintracht-Cheftrainer wohl noch nie erlebt.