Rasante Entwicklung unter Toppmöller Jung, wild, abgeklärt: Eintracht wird erwachsen
Eintracht Frankfurt zeigt bei Union Berlin, dass das blutjunge Team inzwischen wie eine Spitzenmannschaft agieren und oben angreifen kann. Die Turbulenzen der vergangenen Monate sind vergessen, inzwischen gibt es sogar Luxusprobleme.
Dino Toppmöller war es nach dem 3:0-Erfolg bei Union Berlin am Samstag ein Anliegen, einen Spieler ganz besonders hervorzuheben. Auf die Frage nach dem aktuellen Leistungsstand von Eintracht Frankfurt änderte der 42-Jährige bei seiner Antwort kurzerhand das Thema und holte zu einem lobenden Monolog über Mario Götze aus. "Er ist ja eher ein filigraner Spieler, der gerne den Ball hat. Wenn ich dann sehe, wie er uns defensiv geholfen hat." Das sei schon außergewöhnlich, so Toppmöller.
Das Besondere: Götze, der Weltmeistermacher von 2014, hatte gegen die Eisernen erneut nur auf der Bank gesessen und erst nach seiner Einwechslung in der Schlussphase (74.) brilliert. Der 31-Jährige, der in den vergangenen Wochen immer mal wieder pausieren musste, gehört aktuell bei den Hessen nicht zur Stammelf. Sobald er gebraucht wird, ist er aber zur Stelle. Zwei Dinge, die viel über die rasante Entwicklung der Eintracht verraten.
Eintracht ist angekommen
Nach all den Turbulenzen um den Abgang von Randal Kolo Muani in Richtung Paris und den sehr deutlich sichtbaren Anpassungs-Schwierigkeiten in der Offensive hat sich das Team von Trainer Toppmöller inzwischen gefunden und wirkt sehr gefestigt. Fünf der vergangenen sechs Pflichtspiele haben die Hessen gewonnen, das dabei erreichte Torverhältnis von 19:4 ist mehr als beeindruckend. "Wir sind momentan im Flow und auf einem richtig guten Weg", fasste Toppmöller zusammen. Die Eintracht ist dabei, sich zu einem Spitzenteam zu entwickeln. Die Stammelf harmoniert, die Plätze sind umkämpft.
Eintracht kann angreifen und verteidigen
Besonders gut zu sehen war der Fortschritt des Teams in den beiden Spielen gegen Borussia Dortmund (3:3) und Union Berlin. Während die Eintracht gegen den BVB teilweise spektakulären Ballbesitzfußball zeigte, sich am Ende aber zu viele Fehler in der Defensive leistete, zeigte sie sich gegen die Köpenicker von einer ganz anderen Seite. Von der Wucht im Spiel nach vorne war nach der dominanten Anfangsphase nur wenig zu spüren, dafür schafften es die Hessen, die hochmotivierten Hausherren beinahe komplett vom eigenen Tor fernzuhalten.
"Wir haben gegen Dortmund fußballerisch ein Top-Spiel gemacht. Wir definieren uns aber nicht nur über schönen Ballbesitzfußball", so Toppmöller. "Wir haben auch die Komponente drin, dass wir richtig gut verteidigen können und sich jeder dementsprechend einbringt." Sogar ein vermeintlicher Schönwetter-Fußballer wie Götze ist sich aktuell nicht zu schade, auch harte und wenig kunstvolle Abwehrarbeit zu verrichten.
Sieg gegen Union ein großer Schritt nach vorne
Gegen die Borussia zeigte die Eintracht, dass sie inzwischen auch in der Offensive die Mittel hat, um Topteams in Bedrängnis zu bringen. Die Leistung gegen Union war aufgrund der Ausgangslage aber wohl ungleich höher einzuschätzen. Ein angeschlagener Gegner ist immer gefährlich, Union zudem traditionell unangenehm.
Die Eintracht, die 57 Prozent der Zweikämpfe gewann und beinahe jede der zahlreichen Berliner Flanken wieder aus dem Strafraum köpfte, ließ sich aber weder von der Atmosphäre noch von der körperbetonten Spielweise beeindrucken, und blieb eiskalt. "Wir haben eine sehr erwachsene Leitung gezeigt", unterstrich Toppmöller.
Und das, obwohl die Hessen mit einem Durchschnittsalter von 25,1 Jahren die jüngste Startelf des kompletten Spieltags stellten. Wo soll das noch hingehen?
Götze in der Hinterhand
Am Donnerstag erst einmal nach Helsinki und zum nächsten Gradmesser. Die Kräfteverhältnisse sind nach dem 6:0-Kantersieg im Hinspiel zwar klar, eine Herausforderung wird die Partie im kleinen und mit Kunstrasen ausgelegten Stadion des HJK dennoch. Die Eintracht, die drei Punkte Rückstand auf Spitzenreiter PAOK Saloniki hat, darf sich trotz der zahlreichen englischen Wochen definitiv keinen Ausrutscher erlauben und muss gleichzeitig ein paar Kräfte für die kommenden Woche sparen.
Die Chance also für Edelreservist Götze? "Er ist ein unfassbar wichtiger Spieler für uns", so Toppmöller. "Er muss jetzt in den Rhythmus kommen, dann werden wir noch viel Freude an ihm haben." Um seinen Platz im Team wird Götze also kämpfen müssen. Das hätte vor ein paar Wochen wohl auch niemand gedacht. Aus den Problemen sind Luxusprobleme geworden.
Sendung: hr-fernsehen, heimspiel! am Montag, 06.11.23, 23.15 Uhr
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