Fußball-Regionalliga im Blick Trotz Widrigkeiten: Eintracht-U21 strebt nach oben
Die neu gegründete U21 von Eintracht Frankfurt will in die Fußball-Regionalliga. Nach dem Unentschieden im Hessenliga-Spitzenspiel in Gießen ist die Zweitvertretung trotz einiger Widrigkeiten wohl kaum noch zu stoppen.
Eintracht Frankfurt ist "momentan einer der most sexiest Clubs in Europa". Der Satz von Top-Berater Volker Struth strahlt auch auf die im Sommer ins Leben gerufene zweite Mannschaft des Europa-League-Siegers ab. Das Ziel ist klar: Die Hessenliga nach nur einer Saison verlassen und in die Regionalliga aufsteigen.
Großes Interesse am Werdegang der Eintracht-U21
Das Interesse an dem Werdegang der Mannschaft ist jedenfalls groß - sowohl bei den eigenen Fans als auch beim gegnerischen Anhang. 2.312 Zuschauer (!) kommen am Samstagnachmittag trotz frischer Temperaturen und tristen Wetters zum Hessenliga-Spitzenspiel nach Gießen. Sie alle wollen das Duell zwischen Tabellenrang zwei und eins sehen.
Lange vor Spielbeginn sind aber alle Blicke zunächst auf den Co-Trainer der Eintracht gerichtet: Alex Meier. Wo der Frankfurter Fußballgott auftaucht, da sind die Selfie- und Autogrammjäger nicht fern. Meier nimmt sich diese Zeit gerne, der Bundesliga-Torschützenkönig aus dem Jahr 2015 lächelt zufrieden, Starallüren sind ihm völlig fremd. "Eintracht in der Region" - kaum einer verkörpert dieses Motto so sehr wie Meier.
Gießen gleicht spät aus im Spitzenspiel
Einen Freundschaftskick können die in die Regionalliga strebenden Frankfurter trotz Gastfreundschaft jedoch nicht erwarten. Die kommenden 95 Minuten sind harte Arbeit. Tiefer Boden im Gießener Waldstadion, ein nimmermüde kämpfender und vom Ex-Adler Daniyel Cimen an der Seitenauslinie angetriebener FC, für den dieses Duell (wie für alle Gegner) die Partie des Jahres darstellt.
Ob es den Last-Minute-Treffer in der Bundesliga nach Handelfmeter gegeben hätte? Eine Antwort auf diese Frage wird auf diesem Sportplatz kein VAR geben können. In der fünften Liga gibt es dieses Hilfsmittel nicht, hier sind noch der Schiedsrichter und seine beiden Assistenten für die Spielleitung verantwortlich. Der Ausgleich geht allerdings in Ordnung.
U21-Trainer muss Herausforderung meistern
Als Cheftrainer Kristjan Glibo nach der Partie im gut besuchten VIP-Zelt vor den Sponsoren und Edelgästen des FC Gießen sein Statement abgibt, kann er schon wieder lächeln: "Wir müssen diese Pille natürlich schlucken. Das war unglücklich, aber wir können mit dem Ergebnis leben."
Die U21 hat dabei eine große Herausforderung zu bewältigen. Mit Mehdi Loune, Nacho Ferri und Divaio Bobson helfen drei Top-Spieler bei der parallel spielenden U19 im Abstiegskampf gegen den VfB Stuttgart aus. "Wir mussten improvisieren", gibt Glibo auf Nachfrage des hr-sport zu. Der Coach erklärt: "Dass wir einzelne Spieler zur Jugend oder den Profis abgeben, gehört für uns dazu. Damit können und müssen wir umgehen. Wir unterstützen das und im umgekehrten Fall profitieren wir manchmal auch davon."
Positives Bild über die Gesamtentwicklung
Der Ärger über zwei verlorene Punkte ist deshalb auch schnell verraucht, weil die U19 - auch dank Loune und Ferri - überlebenswichtige drei Zähler einfährt. Dem Dauerdruck in Gießen ist Glibos junges Team ohne das Top-Trio im Endspurt verständlicherweise nicht mehr gewachsen, die späte Umstellung auf Dreierkette mit dem erfahrenen letzten Mann Denis Streker kann das Unheil nicht verhindern.
Am positiven Bild über die Gesamtentwicklung ändert das nur wenig: "Wir vertreten die U21 sehr gut. Im ersten Jahr stellt sich die Frage, wo man steht. Man will reinfühlen, sich reinfinden. Das haben wir bislang sehr gut gemacht." Die letzte von vier Niederlagen liegt inzwischen ein halbes Jahr zurück, elf Siege und vier Remis bedeuten seitdem 37 von 45 möglichen Punkten. "Diesen guten Lauf wollen wir halten", stellt Glibo klar.
Gießen freut sich über tolle Kulisse
Sein Kollege Cimen weiß um den Druck, der bei der Eintracht auf dem Kessel ist. Vor allem für die jungen Spieler sei es "ein schwieriger Spagat", wenn sie teilweise zwischen Profis, U21 und U19 pendeln müssen. Cimen selbst kennt dieses Prozedere aus seiner eigenen Karriere (von 1994 bis 2007 und von 2010 bis 2012 bei der Eintracht). Er hätte sich deshalb von Gießen einen mutigeren Auftritt gegen einen ersatzgeschwächten Kontrahenten gewünscht.
Während Frankfurt in die Regionalliga aufsteigen muss, ist die Rückkehr in die vierte Liga in Gießen keine Pflicht. Ex-Profi Cimen ist natürlich ehrgeizig, will den zweiten Platz verteidigen und so die Relegation erreichen. Die Unterstützung der Fans freut ihn: "Wir hatten lange nicht mehr solch eine Kulisse. Das war der passende Rahmen für das Spiel."
Eintracht-U21 kommt Aufstiegsziel näher
Das Ergebnis hilft jedoch eher der Zweitvertretung von Eintracht Frankfurt, die ihren Sechs-Punkte-Vorsprung dadurch halten kann und ihrem Aufstiegsziel einen großen Schritt näher gekommen ist. Ein weiteres Jahr Hessenliga ist bei diesen Möglichkeiten nicht tragbar für den Verein. Umso wichtiger also, dass das Team mit einem Altersdurchschnitt von 21,4 Jahren auch in einer Spitzenbegegnung Widerstände ohne Topspieler überwindet.