Frankfurts Trainer macht viel richtig Toppmöller formt Eintracht zum Bayern-Schreck
Eintracht Frankfurt fegt weiter durch die Saison und ist nach dem Erfolg in Heidenheim nur noch vier Punkte von Spitzenreiter Bayern München entfernt. Die Gründe für den Höhenflug sind vielfältig, einen großen Anteil hat Trainer Dino Toppmöller.
Es ist gerade einmal rund sechs Monate her, da stand Dino Toppmöller bei Eintracht Frankfurt vor einer ungewissen Zukunft. Die Hessen hatten die Bundesliga-Saison zwar auf Platz sechs und damit in der Europa League abgeschlossen, die damalige Spielweise ist mit uninspiriert aber noch sehr freundlich zusammengefasst. Die Eintracht murkste sich durch die Rückrunde und profitierte am Ende vor allem von der Schwäche der anderen.
Die Folge: Toppmöller, der angetreten war, um mit seinem Team für Trouble zu sorgen, war bei den Fans unten durch. Seine teils doch sehr verkopften Ansagen kamen auch bei den Spielern, so war zu hören, nicht immer gut an. Toppmöller und die Eintracht, das schien irgendwie nicht zu passen. Ein Satz wie aus einer anderen Zeit.
Die Eintracht jagt die Bayern - oder doch nicht?
Spätestens seit dem an Souveränität nicht zu überbietenden 4:0-Erfolg beim 1. FC Heidenheim ist die Eintracht das Team der Stunde und der gefährlichste Verfolger von Spitzenreiter Bayern München. Noch streiten die Frankfurter zwar vehement ab, dass sie ernsthaft ins Rennen um den Titel eingreifen könnten. Sobald der Begriff "Bayern-Jäger", fällt, schütteln alle Beteiligten kollektiv mit dem Kopf und lächeln mögliche Ambitionen einfach weg. Wir doch nicht! Von außen betrachtet muss man aber sagen: Wer denn sonst?
Die Hessen sind in den vergangenen Monaten zu einem Spitzenteam gereift und stehen völlig zu Recht auf Platz zwei. Hauptverantwortlich für diesen Höhenflug: Dino Toppmöller. So schnell kann’s gehen. Doch was hat sich eigentlich verändert?
Toppmöller macht Spieler besser
Zuerst einmal: Toppmöller selbst. Der 44-Jährige, der im Sommer gemeinsam mit Sportvorstand Markus Krösche alle Fehler analysiert und daraus die richtigen Schlüsse gezogen hat, tritt nach außen authentischer auf und verschanzt sich nicht mehr so häufig hinter Fachbegriffen. Toppmöller erklärt seine Ideen, auch im Umgang mit seinem Team, deutlich weniger kompliziert und hat sich das Leben damit selbst sehr viel einfacher gemacht. Weniger ist eben manchmal mehr – und ein erster Schritt.
Im Laufe dieser Hinrunde kristallisierte sich dann zudem immer mehr heraus, dass es Toppmöller gelingt, aus diesem Kader das Maximale herauszuholen. Klar: Die Qualität im Aufgebot ist noch einmal deutlich höher als in der vergangenen Saison. Toppmöller versteht es aber, fast jeden Spieler noch einmal besser zu machen. Der Aufstieg von Omar Marmoush, den es ohne den Abgang von Randal Kolo Muani vielleicht nie gegeben hätte, ist dabei nur eine der zahlreichen Erfolgsgeschichten.
Hugo Larsson, Tuta, Nnamdi Collins, Nathaniel Brown oder selbst Hugo Ekitiké haben allesamt unter Toppmöller mindestens einen Schritt nach vorne gemacht und sich zu absoluten Säulen im Team entwickelt. Eine Liste, die sich sicher noch erweitern ließe. Oscar Höjlund könnte der nächste Kandidat sein.
Jeder Spieler ist wichtig
Hinzukommt, dass Toppmöller zwar viel rotiert, damit aber nie die Struktur in Gefahr bringt. "Es ist wichtig, dass das Gerüst auf dem Feld ist. Das muss funktionieren", sagte er vor dem Gastspiel in Heidenheim.
Heißt: Torhüter Kevin Trapp, an dem Toppmöller trotz aller Kritik nie auch nur eine Sekunde zweifelte, und Abwehrchef Robin Koch haben eine Einsatz-Garantie. Mindestens einer der beiden Sechser Ellyes Skhiri und Larsson sowie ein Teil des Sturmduos Marmoush/Ekitiké spielen zudem eigentlich immer. Mario Götze hat zudem bei voller Fitness einen Vorteil, gleiches gilt für Tuta, Arthur Theate oder Rasmus Kristensen. Die Rollen im Team sind klar definiert.
Toppmöller lässt niemanden fallen
Toppmöller gönnt immer wieder einzelnen Spielern eine Pause und gibt gleichzeitig den meist jüngeren Herausforderern eine Chance. Klar: Dass das gerade alles reibungslos funktioniert, liegt auch am fast nicht mehr greifbaren Lauf der Hessen. Die Phrase, dass jeder Spieler wichtig ist, wird bei der Eintracht in dieser Saison aber mit Leben gefüllt. Bis auf Niels Nkounkou und mit Abstrichen Can Uzun, die ihre Bewährungschancen bislang nicht nutzen konnten, hat Toppmöller nahezu 20 Profis zur Verfügung, die alle funktionieren. Wer sich anbietet, darf gerne ein vollwertiger und wichtiger Teil dieses Teams sein.
Das letzte Beispiel dafür: Farès Chaibi. Der Algerier, der nach einer starken Premieren-Saison in ein Loch fiel und in dieser Spielzeit überhaupt nicht ins Rollen kam, saß zwischendurch sogar teilweise nur auf der Tribüne. Toppmöller kritisierte seinen ehemaligen Musterschüler nach schwächeren Auftritten mit klaren Worten und machte deutlich, was der 22-Jährige verbessern muss. In Midtjylland kehrte Chaibi in die Startelf zurück und überzeugte zumindest mit vollem Einsatz, gegen Heidenheim zahlte er das Vertrauen mit einem Jokertor zum zwischenzeitlichen 2:0 zurück. Klares Zeichen: Die Mannschaft ist intakt.
Eintracht hat das Potenzial zum Bayern-Schreck
Dass Toppmöller angesichts von acht Siegen und einem Remis in den vergangenen neun Spielen weiter demütig bleibt und auf Kampfansagen an seinen ehemaligen Münchner Arbeitgeber verzichtet, mag nicht wirklich Eintracht-like sein. Die Fans singen immerhin schon seit Wochen von der Meisterschaft. Auch das ist aber ein Teil des Frankfurter Erfolgsrezepts. "Wir leben im Moment, noch gibt es keinen Preis für gar nix", unterstrich Toppmöller am Sonntag.
Die Eintracht – auch das gehört zur Wahrheit dieser Saison dazu – hat derzeit sehr oft das Spielglück auf ihrer Seite, und aktuell tatsächlich noch nichts gewonnen. So schnell wie es in die eine Richtung ging, kann es auch wieder in die andere gehen. Anzeichen dafür gibt es aktuell zwar absolut keine, Toppmöller will aber auch nur den kleinsten Funken verfrühter Zufriedenheit direkt bekämpfen. Eine clevere Vorgehensweise.
Bayern-Jäger will die Eintracht partout nicht sein, das Potenzial zum Bayern-Schreck hat sie dank Toppmöller aber allemal.