Chef oder Sorgenkind Warum Tuta eine Symbolfigur für Eintrachts Achterbahnfahrt ist
Erst Chef, dann Abgestürzter, nun wieder Leistungsträger: Eintrachts Abwehrspieler Tuta erlebt eine Saison in Extremen. Er steht damit wie nur wenige andere für das turbulente Frankfurter Jahr.
Es war nur ein kurzer Satz, den Frankfurts Abwehrspieler Tuta am Mittwoch nach dem Training sagte. Doch er erzählte sehr viel über die Saison von Eintracht Frankfurt, die Höhen und Tiefen und auch über den Bruch der Verantwortlichen. "Ich persönlich präferiere die rechte Seite", meinte der Brasilianer angesprochen auf seine Lieblingsposition in der Verteidigung. Um dann pflichtbewusst nachzuschieben: "Aber es ist mir am Ende egal, wo mich der Trainer aufstellt. Eine Polyvalenz tut jedem Spieler gut." Tuta ist tatsächlich rechts am besten aufgehoben, allerdings war er vor der Saison eigentlich als zentraler Abwehrchef und Nachfolger von Martin Hinteregger vorgesehen gewesen.
Nach seinen starken Auftritten in der vergangenen Europa-League-Saison trauten ihm seinerzeit Fans und Verantwortliche bei der Eintracht diesen Schritt zu - und auch diese Redaktion. "Der 22-Jährige hat bewiesen, dass er inzwischen das Zeug zu einem Innenverteidiger von internationalem Format hat", schrieb der hr. Doch der Aufprall in der neuen Saison fiel hart aus, gleich am ersten Spieltag bekam Tuta beim 1:6 gegen die Bayern die Grenzen aufgezeigt. Ein Tiefpunkt der Entwicklung bildete die Niederlage in Bochum im Oktober, als der indisponierte Tuta sich überdies eine Auseinandersetzung mit Torwart Kevin Trapp lieferte. Trainer Oliver Glasner rügte den Verteidiger dafür öffentlich und schwächte dessen Standing.
Glasner: Wieder vom Fahhrad gefallen
Immerhin: Nach dem schlechten Auftritt samt Roter Karte beim Champions-League-Spiel in London nahm der Coach seinen immer noch jungen Abwehrmann in Schutz. "Er war niedergeschlagen. Ich habe ihm gesagt, dass das der berühmte Sturz mit dem Fahrrad ist. Meiner Meinung nach ist er jetzt schon dreimal auf die gleiche Art und Weise gestürzt." Neuer zentraler Abwehrmann wurde im Herbst dann der eigentliche Mittelfeldspieler Kristijan Jakic, an dessen Seite Tuta besser auftrat. Er stürzte nicht mehr vom Rad. Spätestens in dieser Phase muss den Frankfurter Verantwortlichen aber klar gewesen sein, dass sie einen international erfahrenen Chef in der Defensive brauchen. Auch um Tuta besser zu machen.
Zwar unternahm die Eintracht diesbezügliche Anstrengen, Transfers wie jener von Man United-Mann Victor Lindelöf zerschlugen sich aber kurzfristig. Das mochte unglücklich ausgegangen sein, auf der anderen Seite hatte die Eintracht aufgrund der WM mehrere Monate Zeit für einen Neuzugang verstreichen lassen. Mit dieser Vakanz sah der Trainer schlechte Aussichten auf einen Champions-League-Platz, Vorstand Markus Krösche formulierte aber genau diesen Anspruch. Der Streit schwelte und brach im März bei Union Berlin wieder öffentlich aus.
Bekenntnis macht Hoffnung
Nach einem verlorenen Duell vor dem 0:2 von Tuta zürnte Trainer Glasner an den Mikros über die fehlende Qualität in der Abwehr. Dabei ging es nicht einmal per se gegen den Brasilianer, auch die Kollegen um Evan N'Dicka, Hrvoje Smolcic oder Kristijan Jakic patzten häufiger. Ein Grund dafür: Durch die ständigen Wechsel konnte sich keine Kette richtig einspielen. Tuta erklärte am Mittwoch: "Wir waren gezwungen zu tauschen und durchzuwechseln. Makoto ist ein bisschen älter, ich war auch häufiger verletzt. Von daher war es schwierig, eine feste Formation zu finden."
Im Saisonendspurt spielen nun wieder Tuta, N'Dicka und Almamy Touré zusammen. Es spricht viel dafür, dass dieses Trio auch im Pokalfinale in Berlin auflaufen wird - aber nicht in der neuen Saison. Touré wird die Eintracht am Saisonende verlassen, bei N'Dicka besteht wieder Hoffnung auf einen Verbleib und Tuta machte nun klar, dass er bei den Frankfurtern bleibt. Bei aller berechtigten Kritik an der Defensive macht den Frankfurtern dieser Stand Hoffnung für die Zukunft. Mit N'Dicka und Tuta würden zwei noch immer hochtalentierte Verteidiger bereitstehen, die nur einen arrivierten Chef in ihrer Mitte bräuchten. Denn was fast schon vergessen wird: Tuta ist erst 23, in seiner zweiten ganzen Saison als Stammspieler kann er seinen zweiten Titel holen.