Kritikpunkte am Eintracht-Trainer Weshalb Dino Toppmöller überhaupt wackelt
Über die Zukunft von Eintracht-Trainer Dino Toppmöller wird seit dem fehlenden Treue-Bekenntnis seines Chefs Markus Krösche viel spekuliert. Doch was wird dem Coach überhaupt angelastet? Ein Überblick.
Je weiter weg Beobachter von Eintracht Frankfurt sind, desto überraschter fallen in den meisten Fällen deren Reaktionen ob der aktuell laufenden Trainer-Debatte aus: Warum über die Freistellung eines Fußballlehrers nachdenken, der in seiner ersten Saison auf dem Chefposten doch das Saisonziel Europa erreicht hat? Warum Dino Toppmöller infrage stellen, obwohl er in dieser Runde weitestgehend ohne echten Neuner auskommen musste? Warum einen feinen Typen wie ihn - nett, ehrlich, bodenständig - vor die Tür setzen? Und doch steht des Trainers Zukunft bei der Eintracht auf wackligen Beinen. Was also wird Toppmöller überhaupt zur Last gelegt? Ein Überblick.
1. Ermüdender Fußball
Toppmöller war im vergangenen Sommer von Sportvorstand Markus Krösche verpflichtet worden, um den Spielstil der Eintracht aufzubrechen, jenen des frühen Attackierens, des hohen Pressings, des Draufgänger-Fußballs. Mehr feine Klinge, mehr Ballbesitz, mehr Kontrolle sollten es sein. Die Eintracht wollte sich den Spitzenteams nähern. Es wurde daraus: ein größerer Abstand. 43 Punkte weniger als Meister Leverkusen, 16 als der Fünfte aus Dortmund. Die Frankfurter verfingen sich zu oft in ihren Pass-Stafetten. Und als Manager Krösche im Februar eine erneute Anpassung des Stils forderte ("Weniger Klassik, mehr Heavy Metal"), mündete das kurzzeitig im Steh-Blues.
Nun spielte die Eintracht nicht immer schwach, sie war manchen Gegnern ja auch überlegen. Aber sie kickte eben oft ermüdend. Die Fans riss es selten von den Sitzen. Toppmöllers taktische Fähigkeiten sind unbestritten, werden auch von Krösche geschätzt, irgendwann aber setzte sich intern die Meinung fest, der Trainer überziehe an einigen Stellen. Er überfordere seine Mannschaft, überlade sie mit komplexen Ideen - was automatisch zum zweiten Punkt führt.
2. Rückschritte in der Rückrunde
Schon die erste Saisonhälfte verlief alles andere als fluffig. Viel Ballgeschiebe, wenig Tore. Dazu der Tiefpunkt im Regen von Saarbrücken, das Pokal-Aus. Doch immerhin: Die Abwehr stand, zählte zu den besten der Liga. Mühsam ernährte sich der Adler. Zumal es auch Höhepunkte gab, die Bayern-Abreibung etwa, oder der Gladbach-Last-Second-Sieg. Die Eintracht-Welt durfte als halbwegs in Ordnung bezeichnet werden.
Das neue Jahr kam, die Zweifel wuchsen. Das 2:2 in Darmstadt kann im Rückblick als Blaupause für die restliche Runde herhalten. Gut angefangen, ehe ein unerklärlicher Einbruch folgte gegen eine - man muss es so deutlich sagen - ansonsten nicht konkurrenzfähige Mannschaft. Seitdem wackelte die Eintracht mal mehr, mal weniger. Sie hatte Ausreißer nach oben, die Tendenz aber zeigte nach unten. Vier Siege nur holten die Hessen im zweiten Saisonteil. Die Rückrundentabelle führt die Frankfurter auf Platz elf. Zahlen, die alarmieren - auch Sportchef Krösche.
3. Abbauende Abwehr
Die Offensive also hatte weiterhin ihre liebe Mühe, und die Defensive baute ab. Mal griff Torwart Kevin Trapp daneben, häufiger patzten dessen Vorderleute. Allen voran Tuta, Aurelio Buta oder Niels Nkounkou, auch Philipp Max und Makoto Hasebe. Unerwartet reihten sich selbst Willian Pacho und Robin Koch mit Unzulänglichkeiten in diese Kette ein. 20 Gegentreffer in der Hin- stehen 30 in der Rückrunde gegenüber.
4. Spieler entwickeln sich nicht weiter
Verdiente sich Trainer Toppmöller in der ersten Saisonhälfte zu Recht Lob dafür, individuell etliche Profis vorangebracht zu haben, etwa Hugo Larsson, Pacho und allen voran Omar Marmoush, war das nach dem Jahreswechsel kaum der Fall. Die Genannten jedenfalls hielten ihre Hochformen nicht.
Das ist in jedem Einzelfall erklärbar, bei Larsson und Pacho mit deren jungem Alter, bei Marmoush mit vielen Einsätzen und dem Afrika-Cup, ebenso wie bei Farès Chaibi. Andere aber stießen nicht herein in diese Formlücken. Leute wie Buta, Tuta oder Elyess Skhiri schleppten sich durch die Rückrunde. In erster Linie sind dafür die Spieler selbst verantwortlich, in zweiter wohl auch Toppmöller - zumindest aus Sicht von Kritikern.
Eine Ausnahme freilich gab es: Hugo Ekitiké. Der Stürmer kam im Endspurt auf. Überspitzt formuliert schoss er die Eintracht im Alleingang mit seinen vier Toren an den letzten fünf Spieltagen in die Europa League (oder Champions League). Ihn, den Franzosen, hat Toppmöller hinbekommen. Überhaupt: Die Mannschaft soll er dem Vernehmen nach nicht verloren haben.
5. Viel Training, wenig Ertrag
Das enttäuschende Conference-League-Aus gegen Saint-Gilloise, so hieß es jedenfalls im direkten Anschluss, könne womöglich auch etwas Positives haben: mehr Zeit auf dem Übungsplatz. Tatsächlich wurde mehr trainiert, Toppmöller gilt da als sehr akribisch. Sichtbare Fortschritte aber stellten sich dadurch nicht ein - was im Übrigen auch bei Vorgänger Oliver Glasner ähnlich war. Auch bei Standards wurde es nicht besser. Klar, gegen Leverkusen gelang den Frankfurtern ein Tor infolge einer Ecke, es war jedoch das erste und einzige in der Bundesliga in dieser Rückrunde. Da hatten sich die Beteiligten natürlich mehr erhofft.
6. Die weichen Faktoren
Und schließlich wären da noch die weichen Faktoren, die in den Abwägungen von Sportchef Krösche derzeit eine Rolle spielen. Wie passt Toppmöller als Typ nach Frankfurt? Auf den ersten Blick: gut. Immerhin war der Ex-Stürmer einst selbst für die Eintracht am Ball, von der glorreichen Vergangenheit seines Vaters ganz zu schweigen.
Aber strahlt Toppmöller genug aus? Oder ist er zu nett, was offenbar in dieser knallharten Branche etwas Negatives sein kann? Ist er - im Gegensatz zu seinen Vorgängern in der jüngeren Vereinshistorie (Veh, Kovac, Hütter, Glasner) - einer mit zu wenigen Ecken und Kanten? Manch Kommunikation jedenfalls, gerade auf den Pressekonferenzen, geriet den Club-Verantwortlichen zu defensiv, zu duckmäuserisch. Nicht jeder Tabellen-17. muss als harte Nuss hingestellt werden, heißt es. Selbst dann nicht, wenn Dino Toppmöller damit teilweise Recht behielt.
Sendung: hr-fernsehen, heimspiel!, 20.05.2024, 23.20 Uhr
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