"Wir Trottel": So macht sich Eintracht das Leben selbst schwer

Eintracht Frankfurt verspielt gegen Stuttgart den Sieg und begibt sich im Anschluss auf Sinnsuche. Es fehlt: Lockerheit, Kreativität, Selbstvertrauen. Keine kleinen Dinge. Die Analyse in fünf Punkten.

Kolo Muani Frust Eintracht Frankfurt
Es ist zum Verzweifeln: Bei Eintracht Frankfurt ist der Wurm drin. Bild © Imago Images
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Eintracht Frankfurt hat gegen den VfB Stuttgart nur Remis gespielt. Beim 1:1 (0:0) am Samstag brachte erst Kapitän Sebastian Rode (55. Minute) die Hessen in Führung, in der Schlussphase glich Silas noch für die Schwaben aus (75.).

1. Ein Halbzeitpfiff als Erlösung

Dass ein Fußballspiel über 90 Minuten geht, war am Samstag im Waldstadion deutlich mehr Qual denn Freude. Der simple Grund: Die ersten 45 Minuten zwischen der Eintracht und dem VfB waren Fußball zum Wegsehen. Keine Chancen, erst recht keine Tore, viele Fehlpässe, kaum Spielkultur, großes Gähnen auf den Rängen. So kurz, knapp und hart kann man die erste Halbzeit dieser Begegnung am Samstag beschreiben.

Während der VfB mit diesem ersten Abschnitt als Kellerkind aber durchaus gut leben konnte, sah das aus hessischer Sicht schon ganz anders aus. Die Frankfurter mühten sich, liefen, taten, arbeiteten, nur heraus kam wenig bis nichts. "Wir hatten wenig Möglichkeiten, speziell in der ersten Halbzeit war es schwierig", fasste Sportvorstand Markus Krösche richtig zusammen. "Die erste Halbzeit war kein gutes Spiel von beiden Mannschaften", fügte Trainer Oliver Glasner hinzu. Wie wahr.

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2. Rodes kleiner Geniestreich

Und dennoch waren die Frankfurter ab der 55. Minute der Partie auf der Siegerstraße. Eine kurze hessische Drangphase nach dem Wiederanpfiff wurde direkt mit dem 1:0 durch Sebastian Rode belohnt. Der Eintracht-Kapitän hob den Ball an, schlenzte ihn Richtung VfB-Tor und traf – auch dank kleiner Mithilfe von Borna Sosa – genau das lange Eck. Ein kleiner Geniestriech – wenn er denn so gewollt war.

Und ein Tor, das den Hessen erstmals in der Partie Sicherheit gab. "Wir sind gut aus der Halbzeit gekommen, waren dominant und haben die Führung erzielt", beschrieb es Glasner. Die Eintracht hatte das Heft in der Hand, alles sprach nun dafür, dass es den erhofften und auch erwarteten Heimsieg geben würde. Nur leider ist bei den Frankfurtern gerade nicht viel erwartbar. Das Spiel nahm noch eine Wendung, die in die aktuelle Stimmungslage bei den Hessen passte.

3. Die Eintracht bringt es nicht über die Ziellinie

Denn die Eintracht schaffte es gegen sowieso schon verunsicherte Schwaben nicht, eine knappe Führung nach Hause zu bringen. In der 75. Minute ließ sich die Glasner-Elf fast schon stümperhaft auskontern, kassierte den zu diesem Zeitpunkt überraschenden Ausgleich und hatte fortan nicht mehr die Kontrolle über die Partie. Die Eintracht machte sich wie so oft in den vergangenen Wochen das Leben selbst schwer.

"Wenn du 1:0 führst, darfst du dich nicht auskontern lassen", kritisierte Krösche hinterher berechtigterweise. "Damit haben wir sie zurück ins Spiel gebracht. In den letzten zwanzig Minuten waren sie besser, weil wir zu passiv waren." Lag vorher eher das 2:0 denn der Ausgleich in der Luft, waren die Stuttgarter nun dem Siegtreffer näher als die Hessen. "Wir haben es nicht über die Ziellinie gebracht", fasste es Glasner hinterher zusammen. Das war in Frankfurt schon einmal anders.

4. Das Selbstverständnis ist futsch

Und genau das sorgt bei der Eintracht aktuell für viele Fragezeichen. Wo ist die Leichtigkeit aus dem November? Wo die Spielfreude? Wo das Selbstverständnis? "Es ist gerade harte Arbeit", erklärte Eintracht-Coach Oliver Glasner nach dem Spiel mit der angebrachten Portion Ernüchterung. "Wir müssen uns eingestehen, dass und das flüssige Spiel nicht so leicht von der Hand geht. Dafür braucht man Selbstvertrauen. Das haben wir aktuell nicht. Es gibt so Phasen im Leben, in denen alles nicht läuft." Bei der Eintracht ist der Wurm drin.

Das heißt: suchen nach einer Lösung ist angesagt. "Ich habe versucht, den Schalter zu finden in der Kabine. Ich habe ihn aber noch nicht gefunden", sagte Glasner. Wobei der Österreicher mit einer weiteren Aussage auch nicht unrecht hat: "Wir haben die beste Bundesliga-Hinrunde der Vereinsgeschichte gespielt, stehen erstmals im Achtelfinale der Champions League, sind im Viertelfinale des DFB-Pokals dabei - und haben kein Selbstvertrauen. Wir sind Trottel“ Es ist einfach vertrackt gerade in Frankfurt. Ein Erfolg muss her, aber dalli.

5. Trotzdem das möglich machen, was nicht möglich ist

Die Möglichkeit, das dringend gebrauchte Erfolgserlebnis einzufahren, gäbe es bereits am Mittwoch. Da steht das Achtelfinal-Rückspiel in der Champions League bei Neapel an. Na gut, sportlich gesehen dürfte das sehr kompliziert sein, aber bereits vorher weiße Fahnen hissen, gilt nicht. Vielleicht platzt der verdammte Knoten ja ausgerechnet in Italien. "Ab morgen ist Stuttgart abgehakt und dann bereiten wir uns auf Neapel vor. Diese Mannschaft hat schon oft bewiesen, zu was sie in der Lage ist", betonte Glasner trotzig.

Mit dabei könnte dann auch der hessische Anhang sein. Die einstweilige Verfügung war erfolgreich, ein Verwaltungsgericht hat den Fan-Ausschluss aufgehoben. Ob der Eintracht-Anhang nun tatsächlich ins Stadion kommt, bleibt zwar abzuwarten, dennoch war diese Entscheidung die kleine gute Nachricht an einem sonst tristen Nachmittag. "Wir wollen das, was uns keiner zutraut, möglich machen", erklärte Glasner. Mit einem Auftritt wie gegen Stuttgart wird das freilich nicht zu schaffen sein.

Quelle: hessenschau.de