Vorbild Fußball-EM Hessische Schiedsrichter begrüßen "Mecker-Regel" für alle Spielklassen
Die sogenannte Kapitäns- oder "Mecker-Regel" hat bei der Fußball-EM Rudelbildungen und Dauer-Proteste auf dem Platz verhindert. Nun hat der DFB die Regelung für alle Ligen in Deutschland übernommen. Die hessischen Schiedsrichter sind begeistert.
In einer Hinsicht war Fußball-EM ein Segen. Schiedsrichter und Spieler schonten ihre Nerven, Rudelbildungen und Mecker-Orgien, wie man sie aus der Vergangenheit kannte, unterblieben auf dem Platz. Auch XXL-Nachspielzeiten gab es so nicht mehr. Möglich machte das die sogenannte "Kapitäns-Regel" während der EM. Nur noch der jeweilige Kapitän einer Mannschaft durfte mit dem Schiedsrichter über Entscheidungen diskutieren.
Da die Kapitäns-Regel - auch "Mecker-Regel" genannt - ein so großer Erfolg war, wird sie nun auch in allen Fußball-Ligen in Deutschland übernommen, beschloss der DFB. Die Schiedsrichter in Hessen haben diese Entscheidung jetzt geradezu euphorisch aufgenommen. "Ich freue mich jetzt auf meinen ersten Schiedsrichter-Einsatz mit der neuen Regel am Wochenende", sagte Philipp Metzger, im Hessischen Fußball-Verband für die Öffentlichkeitsarbeit der Schiedsrichter zuständig, im Interview mit dem hr-sport.
Schiedsrichter von Kapitäns-Regel begeistert
Die neue Regel habe bei der EM vieles zum Positiven verändert: "Die Regel wirkte wirklich sofort. Die Schiedsrichter könnte sich einfach auf ihre Arbeit konzentrieren und konnte dem jeweiligen Kapitän im Vier-Augen-Gespräch Entscheidungen gezielt erklären", beobachtete Metzger. Das sei bei einer Rudelbildung nie möglich gewesen.
Schon während der EM hätten ihn viele Schiedsrichter angesprochen, hätte nachgefragt, ob die neue Regel nicht auch in in Deutschland möglich wäre. Metzger: "Ich bin wirklich positiv überrascht, dass das Ganze vom DFB jetzt so schnell auch in unseren Ligen eingeführt wurde."
Das Spiel wird besser auch für die Fans
Metzger, der selbst seit 17 Jahren als Schiedsrichter aktiv ist und bis hoch zur Hessenliga pfeift, hat bei der neuen Kapitäns-Regel auch die Zuschauer und Zuschauerinnen im Blick: "Die Regel hat dem Spielfluss der Partien gutgetan, diese langen Diskussionen gab es nun nicht mehr." Da habe sich der Fußball jetzt anderen Sportarten wie dem Handball angenähert, wo es durch das Regelwerk schon lange keine Diskussionen um Schiedsrichter-Entscheidungen mehr gebe.
Wichtig sei nun, dass über die neue Regel gut informiert werde. In den hohen Ligen werde sie schnell angekommen, nun gelte es, dass die Spieler und Funktionäre in alle Spielklassen schnell darüber informiert würden. "Egal ob man in der Bundesliga oder der Kreisliga spielt, das Regelwerk ist ja das Gleiche. Ich glaube, dass es auch in den unteren Spielklassen sehr gut angenommen wird", ist Metzger optimistisch.
Schiedsrichter: Kapitäns-Regel guter Schritt auch gegen Gewaltbereitschaft
Der Schiedsrichter-Sprecher glaubt, dass die neue "Mecker-Regel" auch in Sachen Gewalt beim Fußball helfen könne. Metzger: "Es gibt leider immer wieder Gewaltbereitschaft im Fußball, von Spielern oder Zuschauern. Die Rolle des Schiedsrichters wird durch die neue Regel noch einmal deutlich hervorgehoben, auch was den Respekt gegenüber dem Schiedsrichter betrifft." In dem Zusammenhang lobte Metzger eine weitere Maßnahme des DFB, die im Sommer eingeführt wurde: das sogenannte "Stopp-Konzept".
Bei diesem Konzept ist es Schiedsrichterinnen und Schiedsrichtern künftig möglich, auf eine potentielle Eskalation des Spiels durch Einflüsse von innen und außen zu reagieren und bis zu zwei Beruhigungspausen einzulegen. "Das Stopp-Konzept wird einen positiven Einfluss auf die Spieler und die Zuschauer haben."
Nun geht es am Wochenende aber los mit der Kapitäns-Regel. Für Metzger wird es am Anfang ein Abwägen sein: "Zum einen dürfen wir jetzt nicht jedes Wort und jeden Satz eines Spielers auf die Goldwaage legen und mit einer gelben Karten ahnden, zum anderen dürfe es aber auch keine Schonfrist gebe, weil sonst fallen wir zurück in den Modus, den wir früher hatten." Und das will bei den hessischen Schiedsrichtern keiner.