Marburger will zu den Paralympics Für Ali Pektas ist Blindenfußball Freiheit
Ali Can Pektas gehört zu den besten Blindenfußballern Deutschlands. Der Marburger steht kurz vor dem Gewinn der nächsten Meisterschaft. Sein Ziel danach: die Paralympischen Spiele in Paris.
Wenn der von Geburt an blinde Ali Can Pektas an seinen Gegnern vorbei dribbelt und den Ball danach am sehenden Torwart vorbei ins Tor schießt, dann fühlt er sich vor allem eins: frei. "Kein Hindernis umwinden müssen, keine Hürden haben. Das hat was von Freiheit", sagt der 30-Jährige, der mit den Sportfreunden Blau Gelb Blista Marburg schon fünf deutsche Meistertitel gewonnen hat. Auf dem Platz kann Pektas als Blinder rennen, ohne Angst haben zu müssen.
Sein Torwart, sein Trainer an der Seitenlinie und ein Guide hinter dem gegnerischen Tor sorgen dafür. Sie können alle sehen und rufen Pektas zu, wo er sich gerade auf dem Spielfeld befindet und wo das Tor steht. Wo der Ball rollt, das hören die Spieler, weil darin Rasseln sind. Wer sich dem ballführenden Spieler nähert, muss außerdem laut "voy" rufen – spanisch für "ich komme" –, damit es keine ungebremsten Zusammenstöße gibt. Beim Blindenfußball ist alles auf die nicht sehenden Spieler abgestimmt. Im Alltag ist das nicht immer so.
Mit Vollgas zu den Paralympischen Spielen
Pektas vergleicht das mit einem Auto, das auf der Autobahn schnell fahren will, es aber nicht kann, weil Stau ist. "Aber wenn du auf einer Rennbahn fährst, am Nürburgring bist, dann kannst du Gas geben."
Fußballerisch drückt Pektas das Gaspedal momentan durch. In der Bundesliga sind die Sportfreunde Blau Gelb Blista Marburg Tabellenführer – einen Spieltag vor Saisonende. Zusammen mit drei weiteren Marburgern fährt Pektas Mitte August zur Weltmeisterschaft nach England. Dort könnte sich die deutsche Nationalmannschaft für die Paralympics 2024 in Paris qualifizieren. "Für die hat sich Deutschland im Blindenfußball noch nicht qualifizieren können", sagt Pektas. "Das wäre natürlich der absolute Traum, wenn uns das gelänge."
Bei der WM in der Hammergruppe
Leicht ist die Aufgabe freilich nicht. Deutschland muss sich bei der WM in Gruppe B gegen den Weltranglistenersten Argentinien, die starken Chinesen und Gastgeber England durchsetzen. Um sich für die Paralympics zu qualifizieren, müssten die deutschen Blindenfußballer mindestens WM-Dritter. In Hammergruppe B braucht es aber schon eine absolute Topleistung, um das Aus in der Vorrunde zu verhindern.
Für Ali Can Pektas und seine Teamkollegen gilt es, die wahrscheinlich wenigen sich bietenden Torchancen eiskalt zu nutzen. Auf seine zweite WM freut sich Pektas aber auf jeden Fall: "Wenn du dich sportlich auf höchstem Niveau messen kannst, dann brauchst du eigentlich nicht viele Dinge, um dich zu motivieren."
Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 31.07.2023, 19.30 Uhr
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