Absturz in Hessenliga Drohender U21-Abstieg torpediert Eintracht-Nachwuchspläne

Der immer wahrscheinlicher werdende Abstieg der U21 von Eintracht Frankfurt ist ein herber Rückschlag für die Nachwuchs-Förderung. Die Hessen müssen sich neu aufstellen, der Sprung zu den Profis wird wieder schwieriger.

Frust bei Dennis Schmitt von Eintracht Frankfurt
Frust bei Eintracht-Trainer Dennis Schmitt. Bild © Imago Images

Vor ziemlich genau einem Jahr durften sich die Verantwortlichen bei Eintracht Frankfurt noch selbst auf die Schulter klopfen. Die Wiederbelebung der U21 erzielte den gewünschten Effekt, auf den Aufstieg im Premierenjahr folgte eine souveräne Runde in der Regionalliga Südwest. Der vermeintliche Beginn einer Erfolgsstory.

Viel wichtiger noch: Die erhoffte Durchlässigkeit vom Junioren- in den Seniorenbereich schien endlich gegeben. Nach jahrelanger Ebbe wirkten die Profi-Debüts von Elias Baum, Noel Futkeu, Nacho Ferri und Nnamdi Collins fast schon wie ein hessischer Talente-Tsunami. Die Saat geht auf, titelte die Frankfurter Rundschau damals passend.

Der erste große Dämpfer

Wie so oft im Fußball und im Leben geht es aber manchmal schnell: Eben wähnte sich die Eintracht dank ihrer U21 noch auf dem Nachwuchs-Olymp, schon steht der Unterbau kurz vor dem Absturz. Sollte kein Wunder mehr geschehen, wird die zweite Mannschaft am Ende dieser Saison absteigen und zurück in die Hessenliga rutschen. Alles auf Anfang also.

Aktuell ist das Team von Trainer Dennis Schmitt Vorletzter, schon mit einer Niederlage am Samstag (14 Uhr) gegen Tabellenführer Hoffenheim II und unglücklichen Ergebnissen in den Parallelspielen könnte aus der Theorie Gewissheit werden.

Da aus der 3. Liga dieses Jahr aber ohnehin vermutlich mindestens zwei Mannschaften aus dem Einzugsgebiet der Regionalliga Südwest absteigen werden, müsste die Eintracht so oder so noch acht Punkte Rückstand in vier Spielen aufholen. Der Klassenerhalt ist selbst im Erfolgsfall gegen die Kraichgauer also wohl nicht mehr als ein frommer Wunsch. Drei Jahre nach dem Neustart erlebt das System den ersten Absturz. Doch was bedeutet das?

Eintracht setzt auf die Jugend

Zunächst einmal lässt sich festhalten, dass auf der Prioritätenliste der U21 die Entwicklung vor den Ergebnissen steht. Sportvorstand Markus Krösche und NLZ-Leiter Alexander Richter betonten und betonen immer wieder, dass junge Spieler Spielpraxis auf Erwachsenen-Niveau sammeln und sich vor allem körperlich anpassen sollen. Erst danach geht der Blick in Richtung Anzeigetafel. "Die U21 ist unsere höchste Ausbildungsmannschaft. Das bedeutet, dass praktisch eine Jugend-Mannschaft in einer Senioren-Liga spielt", sagte Krösche im Dezember des vergangenen Jahres.

Im Verständnis der durchaus logischen Frankfurter Philosophie ist die U21 die höchste Jugendmannschaft und wird auch als solche behandelt. Dass mit Trainer Schmitt vor der Saison ein Nachwuchs-Experte vom SC Paderborn verpflichtet wurde, passt ebenso ins Bild wie das Durchschnittsalter des Teams. Mit gerade einmal 20,4 Jahren stellt die Eintracht die jüngste Mannschaft der Liga. Die Frankfurter Küken haben alle Veranlagungen für einen Höhenflug. Die jetzt wohl nicht mehr zu vermeidende Bruchlandung durchkreuzt aber die Pläne.

Dass der designierte Meister aus Hoffenheim mit 20,8 Jahren das zweitjüngste Team stellt, zeigt zudem, dass Jugend nicht für alles eine Ausrede ist. Die Eintracht hat auch Fehler gemacht.

Der Abstieg tut weh

Offiziell wird der Abstieg zwar als Kollateralschaden deklariert. Stichwort: Zu einer Entwicklung gehören auch Rückschläge. Ob die Hessenliga aber tatsächlich der richtige Nährboden für hochveranlagte Talente ist, darf stark bezweifelt werden. Schlechtere Gegner und schlechtere Praxis-Erfahrungen werden sicher nicht zu einem Ausbildungs-Boost führen. Der Weg von der fünften in die erste Liga ist noch einmal deutlich länger und strapaziöser.

"Für unsere Ausbildungsqualität ist die Regionalliga ein echter Game-Changer", sagte Krösche selbst vor ziemlich genau zwölf Monaten in der FR. Dieser Qualitäts-Bringer bricht jetzt weg, für die die Nachwuchsarbeit ist das keine gute Nachricht.

Was machen die Toptalente aus der U19?

Denn: Neben der sportlichen Talfahrt in der laufenden Saison war und ist auffällig, dass nach Baum, Futkeu und Ferri, die in dieser Spielzeit allesamt bei anderen Clubs im Einsatz sind, sowie Collins nicht mehr viel kam aus der U21. Klar: Torhüter Kaua Santos erlebte in dieser Saison auch dank seiner Erfahrungen in der U21 einen kometenhaften Aufstieg. Weitere Durchstarter gibt es aber nicht.

Der Ungar Noah Fenyö trainiert zwar regelmäßig bei den Profis mit und war fester Bestandteil der Europa-League-Reisegruppen, zum Einsatz kam er bei Dino Toppmöller aber noch nicht. Der türkisch-amerikanische Stürmer Kaan Inanoglu überzeugte in der Regionalliga, mehr war bislang aber auch für ihn nicht drin.

Die beiden 19-Jährigen haben Potenzial, beide Youngster brauchen aber Anreize und einen guten Wettbewerb. Noch drastischer ist das bei den jüngeren Spielern der Fall. Toptalent Eba Bekir Is, der schon einmal in der Europa League zum Einsatz kam, läuft derzeit noch für die U19 auf. Gleiches gilt für Alexander Staff. Der Stürmer ist mit 16 Jahren und 4 Monaten zwar bereits der jüngste Regionalliga-Torschütze der Geschichte. Ob er den nächsten Entwicklungsschritt in der Hessenliga machen kann, ist aber fraglich.

Der Abstieg in die Hessenliga der Frankfurter U21 ist auf den ersten Blick erklär- und verschmerzbar, das Projekt an sich sollte nicht in Frage gestellt werden. Die Auswirkungen auf den Profibereich könnten aber schon bald folgen.