OFC-Spieler Marc Wachs im Interview "Ihre Dankbarkeit zu spüren – das war unbeschreiblich"
Bei Kickers Offenbach läuft es so gut wie lange nicht. Auch dank Marc Wachs. Im Interview mit dem hr-sport spricht er über die Pokalsensation gegen Magdeburg und seinen Wechsel vom großen Rivalen Eintracht Frankfurt zum OFC. Nur das Wort "Aufstieg" will er nicht in den Mund nehmen.
Das letzte Spiel vor der Winterpause passte so gar nicht ins Bild der bisherigen Kickers-Offenbach-Saison: Eine triste 0:2-Niederlage gegen Freiberg auf dem Bieberer Berg, die erste Heimniederlage der laufenden Regionalligaspielzeit. Das verdeutlicht aber schon: Marc Wachs und Co spielen bislang eine beeindruckende Saison und stehen verdient auf dem zweiten Tabellenplatz.
hessenschau.de: Marc Wachs, Kickers Offenbach inklusive Umfeld wird momentan eine untypische Ruhe attestiert. Der letzte verbale Knall ist aber gar nicht so lang her: Die vergangene Regionalligasaison war die schlechteste seit dem Abstieg 2013. Nach dem letzten Saisonspiel hat Ihr Trainer Christian Neidhart die Mannschaft angezählt, von einer "beschämenden" Leistung gesprochen. Was ist seitdem passiert?
Marc Wachs: Wir sind mit dem Hessenpokalsieg doch noch positiv aus der alten Saison hinausgegangen. Und seitdem haben wir sehr viel als Mannschaft gemacht. So sind wir ein echtes Team geworden und gut in die neue Saison gestartet. Das ein oder andere schlechte Spiel ist immer dabei, aber wir haben eine gewisse Konstanz an den Tag gelegt und gehen deswegen als Zweiter in die Winterpause. Wir haben uns diese Ruhe durch unsere gute Halbserie also verdient.
hessenschau.de: Wie haben Sie es geschafft, ein echtes Team zu werden?
Wachs: Erstmal braucht man Charaktere, die zusammenpassen. Das Kerngeschäft ist natürlich der Fußball. Aber es ist wichtig, sich auch neben dem Platz kennenzulernen. Wir haben dafür im Sommer viele Fußballspiele zusammen geguckt, zusammen gegessen, einfach viel Zeit miteinander verbracht. Dabei hat jeder gespürt, dass wir eine gute Truppe sind. Und das sieht man jetzt auch auf dem Spielfeld.
hessenschau.de: Sie sind letzten Winter nach Offenbach gekommen, vor ziemlich genau einem Jahr. Welche Momente sind Ihnen bis jetzt besonders in Erinnerung geblieben?
Wachs: Die ersten Wochen hier in Offenbach waren auf jeden Fall sehr spannend. Ich kam von einer Zweitvertretung (Eintracht Frankfurt, Anm. d. Red.) nach Offenbach. Hier war alles erstmal viel größer, aber auch viel schöner. Gemeinsam mit den Fans für eine Sache zu kämpfen, etwas erreichen zu wollen.
hessenschau.de: Vor allem im DFB-Pokal ist in Offenbach so richtig zu spüren, welches Potenzial in dem Verein schlummert. Wie fühlt es sich an, wenn man den Fans solche Erfolge wie den Erstrunden-Sieg gegen Magdeburg schenkt?
Wachs: Magdeburg war schon eine Hausnummer. Zweieihalb Stunden vor Anpfiff war am Stadion schon die Hölle los. Den Menschen hat dieses Spiel sehr viel bedeutet. Das haben wir über die gesamten 95 Minuten gespürt und gehört. Nach dem Spiel in ihre Gesichter zu schauen, zu sehen, wie viele Tränen geflossen sind, ihre Dankbarkeit zu spüren – das war unbeschreiblich. Die Fans machen den Fußball so besonders.
hessenschau.de: Und der Moment, als das Stadion beim Siegtor explodiert ist?
Wachs: Ein Wahnsinnsgefühl! Da haben die Ohren einmal geploppt, so laut war es im Stadion. Man kriegt kurz gar nichts mehr mit, ist wie in Trance. Das ist heftig. Wir haben die Stimmung als Mannschaft in dem Moment sehr genossen, aber natürlich auch auf den Schlusspfiff hin gefiebert. Der kam dann auch irgendwann, gefühlt nach viel zu langer Zeit (lacht). Danach gab es keinen, der nicht gefeiert hat. Alle waren außer Rand und Band. Solche Spiele sind ein Geschenk.
hessenschau.de: Sie sind schnell in Offenbach angekommen, haben vertretungsweise schon die Kapitänsbinde getragen. Und blickt man auf Ihre Statistiken, waren Sie nirgends so erfolgreich wie hier – Kickers Offenbach und Marc Wachs, warum passt das so gut?
Wachs: Das ist eine gute Frage. Unser Spielstil passt sehr gut zu mir. Ich kann im Mittelfeld das Spiel an mich reißen, meine Mitspieler suchen mich oft. Erst neulich wurde ich darauf angesprochen, dass ich fast so viele Scorerpunkte wie Spiele habe. Und das als Sechser. Das ist ein schönes Kompliment für mich. Vielleicht muss man das einfach so annehmen: Marc Wachs und Kickers Offenbach passt richtig gut, finde ich super!
hessenschau.de: Ganz abzusehen war das aber nicht. Sie sind schließlich von der zweiten Mannschaft der Eintracht gekommen – Ligakonkurrent und großer Rivale. Gab es deshalb Anfeindungen?
Wachs: Klar. Es gibt immer ein paar Ausreißer, von beiden Seiten. Es war aber gar nicht so extrem. Die Eintracht-Fans waren sowieso schnell abgehakt, sind ja nicht so viele bei der zweiten Mannschaft. Von der Offenbacher Seite war es eigentlich zu 95 Prozent positiv. Ich wurde wirklich gut aufgenommen. Das ist nicht selbstverständlich. Deshalb ein großes Dankeschön an die Offenbacher Fanszene für die faire Chance. Ich denke, wir haben das zusammen ganz gut hinbekommen.
hessenschau.de: Trotzdem war der Wechsel pikant, kurz zuvor haben Sie im direkten Duell noch im Eintracht-Trikot einen Ball auf der Linie geklärt und so ein Offenbacher Tor verhindert. Da liegt die Vermutung nahe, dass der Start bei den neuen Teamkollegen nicht ganz leicht war. Wie viele dumme Sprüche gab’s in der Kabine?
Wachs: Da kamen schon ein paar: "Wenn uns am Ende diese Punkte gefehlt hätten, was hättest du dann eigentlich gemacht? Du hast uns ja zwei geklaut" (lacht). Am Ende kam es ja nicht so, trotzdem war es bitter, dass die Rettungstat ausgerechnet gegen Offenbach war. Aber ich stand damals eben bei Frankfurt unter Vertrag. Deswegen habe ich alles für sie gegeben, genauso wie jetzt für Offenbach.
hessenschau.de: Blicken wir zum Abschluss nach vorne: In der Liga stehen Sie gut da, haben aber auf den Tabellenersten TSG Hoffenheim II schon sechs Punkte Rückstand. Was haben Sie sich für den Rest der Saison vorgenommen?
Wachs: In der Winterpause erstmal alles sacken zu lassen. Es war ein langes Jahr mit zwei völlig unterschiedlichen Saisons. Wir müssen alle Kraft tanken, danach mit Top-Laune zurückkommen und hart arbeiten. Unser erstes Spiel im neuen Jahr ist gegen Hoffenheim – das wird sehr wichtig!
hessenschau.de: Wie sehr wünschen Sie sich als Mannschaft, dass diese Ruhe beim OFC dieses Jahr erst von der Aufstiegsfeier durchbrochen wird?
Wachs: Natürlich gibt es für jeden Sportler diesen Wunsch, das Beste zu erreichen. Aber wir sollten unseren Erfolg nicht nur daran bemessen. Wir wollten vor allem besser sein als letzte Saison. Uns Schritt für Schritt entwickeln. Und unsere Fans haben dafür auch ein gutes Gespür. Sie sehen, wie engagiert wir spielen, was wir Tag für Tag leisten. Von uns allen ist Geduld gefragt. Die haben wir. Und deswegen machen wir genau so weiter wie bisher.
Das Gespräch führte Bastian Gerling.