Die Hinrunde des SV Wehen Wiesbaden Viel Leidenschaft, wenig Konstanz
Aufsteiger SV Wehen Wiesbaden hat in der Zweitliga-Hinrunde einige Ausrufezeichen gesetzt. Das Team von Trainer Markus Kauczinski ist jedoch gewarnt - und mit sich selbst noch nicht zufrieden.
Was haben Hertha BSC, der Hamburger SV, Fortuna Düsseldorf und der FC St. Pauli gemeinsam? Richtig, sie gehören alle zu den Spitzenteams der 2. Liga. Und sie haben in der Hinrunde allesamt nicht gegen den SV Wehen Wiesbaden gewinnen können. Der Aufsteiger schlägt sich mehr als achtbar und überwintert mit 22 Punkten auf Rang 11.
"Wir sind über dem Strich, das ist für mich erst mal positiv zu bewerten. Aber natürlich sehe ich auch das Potenzial, das wir noch haben", bilanzierte Trainer Markus Kauczinski im Gespräch mit dem hr-sport. "Es ist eine Momentaufnahme, wir müssen noch hart arbeiten und zulegen, um wirklich auch unsere Ziele zu erreichen."
"Wir haben direkt in eine Leidenschaft gefunden"
Das wichtigste Ziel ist klar: Der Klassenerhalt in der 2. Liga, im besten Fall ohne großes Zittern zum Saisonende. Der Grundstein ist durch die gute Hinrunde gelegt, in der der SVWW seine Stärken oft ausspielte: "Wir haben direkt in eine Leidenschaft gefunden, Gegner zu bekämpfen und wirklich jeden Meter zu gehen", so Kauczinski. Tatsächlich haben nur Osnabrück, Hertha und Nürnberg mehr Zweikämpfe gewonnen als die Wiesbadener, die zudem aus wenig Ballbesitz (45 Prozent) viel machen.
Entscheidend war der gute Start - der Punkt in Unterzahl gegen Magdeburg, der sensationelle wie glückliche Auswärtssieg in Berlin sowie das 1:0 gegen den KSC. "Wiesbaden auf die 1", jubelte Kapitän Sascha Mockenhaupt in den sozialen Medien überschwänglich, als man sogar an der Tabellenspitze übernachtete.
Bei den Neuzugängen hatte man zumindest in einigen Fällen ein glückliches Händchen: Marcus Mathisen wurde umgehend zum neuen Abwehrchef, der von den Bayern ausgeliehene Hyun-ju Lee zum besten Mann im Mittelfeld. Auch Martin Angha und Aleksandar Vukotic wurden mit etwas Verzögerung zu Stammspielern. Dagegen konnten beispielsweise Nick Bätzner, Keanan Bennetts, Franko Kovacevic oder Antonio Jonjic die Erwartungen noch nicht erfüllen - auch, weil sie teils durch Verletzungen zurückgeworfen wurden.
Die Konstanz fehlt
Auffällig waren zu Beginn die wenigen Tore, die bei SVWW-Beteiligung fielen. Einerseits eine Auszeichnung für die Abwehr und den starken Torwart Florian Stritzel, andererseits durchaus eine Sturmflaute. Ausgerechnet ein Bonusspiel änderte das: Beim mitreißenden 2:3 gegen RB Leipzig im DFB-Pokal zeigte das Team zudem einmal mehr seine kämpferischen Fähigkeiten. Und auch in der Liga biss man sich beispielsweise gegen Schalke und bei St. Pauli zurück und sicherte sich so jeweils noch einen Last-Minute-Punkt.
Highlights wie den vier Siegen in Folge, unter anderem mit einer berauschenden ersten Halbzeit bei Fortuna Düsseldorf, stehen allerdings auch enttäuschende Auftritte gegenüber. Sinnbildlich dafür war das 1:3 gegen Kellerkind Braunschweig kurz vor Ende der Hinrunde, als dem SVWW auch ergebnistechnisch die Luft ausging. "Wir müssen jetzt feststellen, dass wir nicht konstant sind. Dass wir im Spiel immer mal wieder Phasen haben, die uns aus der Hand gleiten", so Kauczinski. Man könne nicht jeden Gegner beherrschen. "Aber wir können jeden Gegner bekämpfen und für jeden Gegner gefährlich sein. Und wir können am Ende auch gegen jeden Gegner gewinnen." Aber eben auch gegen jeden Gegner verlieren.
Nur fünf Punkte Vorsprung auf Platz 16
Und so sind 22 Punkte zur Winterpause zwar ordentlich, aber auch trügerisch. Denn der Abstiegs-Relegationsplatz, der in der 2. Liga am Ende häufig tatsächlich den Abstieg bedeutet, ist nur fünf Punkte entfernt. Beim SVWW tut man deshalb gut daran, mit dem bislang Erreichten noch nicht zufrieden zu sein. "Man kann immer Dinge besser machen", sagte Kauczinski in der Pressekonferenz nach dem letzten Spiel des Jahres. "Aber für den Moment hat die Mannschaft das echt stark gemacht." Eine ähnliche Leistung wird allerdings in der Rückrunde nötig sein, um den Verbleib in der zweiten Liga sichern zu können.