SVWW-Trainer im Interview Markus Kauczinski: "Es darf keine Ausreden geben"
Markus Kauczinski, Trainer des SV Wehen Wiesbaden, bereitet sein Team auf einen knackigen Aufstiegskampf vor. Im Interview verrät er, wer für ihn die größten Konkurrenten sind, wie die Mannschaft das Verletzungspech weggesteckt hat und wie der neue Torwart Mohamed Amsif eingeplant ist.
Der SV Wehen Wiesbaden bereitet sich seit einigen Tagen auf die Restrunde der 3. Liga vor. Am Montag bat Trainer Markus Kauczinski sein Team zum Trainingsauftakt einer ungewöhnlich langen Wintervorbereitung bis hin zum Spiel gegen Elversberg am 14. Januar. Am Samstag wurde des Vertrag des 52-Jährigen vorzeitig verlängert. Im Interview mit dem hr-sport blickt der Coach auf die bisherige Saison zurück und erklärt, wo nun die Schwerpunkte liegen.
hessenschau.de: Herr Kauczinski, Sie haben gerade Ihren Vertrag bis 2025 verlängert. Wie lange mussten Sie denn verhandeln, bis der Vertrag unterschriftsreif war?
Markus Kauczinski: Es waren insgesamt sehr vertrauensvolle Gespräche. Wir sind da auch relativ schnell zum Ziel gekommen, weil eine gegenseitige Überzeugung da war, dass der eingeschlagene Weg sehr positiv ist und man den gemeinsam weitergehen will.
hessenschau.de: Sie haben im Sommer gesagt, in dieser Spielzeit "ein Wörtchen mitreden" zu wollen und stehen nun zur Winterpause auf Platz 3. Läuft die Saison besser, als Sie erwartet hatten?
Kauczinski: Ich habe meine Erwartung nicht an irgendeinen Platz geknüpft. Damit war gemeint, dass man diese Saison erfolgreich gestaltet und dass man bis zum Ende oben dabei bleibt. Dass man es vielleicht schafft, ein richtiges Aufstiegsendspiel am Schluss zu haben. Man hat zwischendurch gesehen, wie eng es ist. Deswegen denke ich nicht so in Positionen, sondern eher, dass wir guten Fußball spielen und unsere Leistung irgendwie konservieren können.
hessenschau: Und langfristig? Nach der Vertragsverlängerung hieß es vom Verein, dass man mit Ihnen gerne die sich "gesteckten Ziele" erreichen möchte...
Kauczinski: Langfristig wollen wir erfolgreich sein, so erfolgreich wie möglich. Mittel- bis langfristig ist es natürlich auch ein Ziel aufzusteigen und sich in der zweiten Liga zu etablieren – aber da setzen wir uns keinen Zeitrahmen.
hessenschau.de: Ihr Team hatte in dieser Saison eine lange Serie ohne Zu-Null-Spiel, war dabei aber meistens erfolgreich. Sieht man als Trainer dann auch mal über Gegentore hinweg?
Kauczinski: Natürlich analysiert man, das tut man immer. Aber wir hatten eine Phase, in der wir viele Tore geschossen haben. Wir gehen halt auch offensiv ran. Wir haben im Pressing eine sehr hohe Kette und gehen ein gewisses Risiko ein. Dafür spielen wir sehr offensiv und haben auch die zweitmeisten Tore geschossen. Ich glaube, dass das so ein bisschen zusammengehört. Natürlich wünscht man sich das ein bisschen anders und redet drüber, aber am Ende ist es am wichtigsten, dass wir das Spiel gewinnen.
hessenschau.de: Sie hatten zwischenzeitlich großes Verletzungspech. Wie hat das Team die ständigen erzwungenen Umstellungen so gut wegstecken können?
Kauczinski: Wir haben einfach eine gute Qualität. Wir haben uns vor der Saison ganz bewusst für einen kleinen Kader entschieden. Das Gefühl ist wichtig, dass jeder gebraucht wird. Dann sitzen Jungs auf der Bank, die genauso auch in der ersten Elf sein könnten. Das hat man oft genug gemerkt. Es darf auch keine Ausreden geben. Jeder Spieler, den wir haben, muss auch in der Lage sein, gut zu spielen. Und der kleine Kader bedeutet auch, dass jeder weiß, dass er schnell dran ist und fit und bereit sein muss. Jeder spielt seine Rolle in diesem Erfolg und in dieser Mannschaft.
hessenschau.de: Es bleibt also bei dieser Kadergröße?
Kauczinski: Das haben wir vor. Wir haben natürlich im Blick, wenn sich jemand noch mal langfristig verletzt. Da hat man natürlich immer ein Auge auf den Markt. Aber wir haben keine Position, auf der wir unbedingt was tun möchten. Bei Florian Stritzel haben wir reagiert mit der Verpflichtung von Mo Amsif, weil es bei Flo nicht ganz absehbar ist, wann er wirklich fit ist. Das kann Ende Januar werden, aber auch Ende Februar. Bei einem Torwart ist so eine Schulterverletzung noch mal anders, weil er natürlich ständig drauffällt. Ansonsten sind wir sehr zufrieden mit dieser Konstellation und haben gemerkt, dass wir so erfolgreich sein können.
hessenschau.de: Arthur Lyska hat Florian Stritzel nach seiner Verletzung vertreten, bekommt mit Mohamed Amsif jetzt aber Konkurrenz. Wird der erfahrene Amsif auf jeden Fall den Platz im Tor einnehmen oder ist das Rennen offen?
Kauczinski: Das ist offen. Ich finde, dass Arthur Lyska es sehr gut gemacht hat. Er hat ja auch in Spielen davor immer mal einen Einsatz bekommen. Da hat er eigentlich immer gezeigt, dass man sich auf ihn verlassen kann. Er hat sich noch mal gesteigert, auch im Training. Wir wissen Arthur sehr zu schätzen, aber wenn er mal einen Schnupfen hat, oder mal wirklich ausfällt, dann wäre uns das Risiko zu groß. Es geht keiner als Nummer eins ins Rennen, sondern wir schauen, wie die Vorbereitung verläuft.
hessenschau.de: Nach dem Abgang von Gustaf Nilsson zu Saisonbeginn kam mit Ivan Prtajin direkt der nächste erfolgreiche Torjäger. Was ist er für ein Typ und was bringt er in die Mannschaft ein?
Kauczinski: Erstmal finde ich, dass es nicht nur Ivan ist. Es haben auch andere einen Sprung gemacht: Hollerbach mit seinen sechs Toren. Froese, egal ob von Anfang an oder eingewechselt, hat immer Gefahr gebracht. Auch Iredale hat seine Tore gemacht. Ich glaube, dass wir insgesamt sehr torgefährlich sind. Und Ivan ist noch mal ein anderer Typ von seinem Spielverhalten. Er hat eine unheimliche Qualität im Abschluss, gerade im Kopfball. Er ist ein richtiger Mittelstürmer und Goalgetter. Hinzu kommt, dass er unheimlich erfahren ist. Er kommt in eine neue Mannschaft und in ein neues Land und hat von Anfang an gesagt: Das wird, ich mache mir da keinen Kopf. Er ist unheimlich locker damit umgegangen und hat das richtig gut gemacht.
hessenschau.de: Aufsteiger Elversberg führt überraschend die Drittliga-Tabelle an und ist auch Ihr erster Gegner nach der Winterpause. Was macht das Team so stark?
Kauczinski: Sie haben sehr viele Tore geschossen und spielen sich sehr viele Chancen heraus. Sie sind sehr gut eingespielt und haben eine gute individuelle Qualität. Es ist die Mannschaft der Hinrunde und in der 3. Liga gerade das Maß aller Dinge. So einen großen Vorsprung hatte nicht mal Magdeburg vor einem Jahr, das ist schon ein richtig starkes Zeichen. Für mich sind sie im Moment Aufstiegsanwärter Nummer eins. Ich freue mich jetzt schon auf das Spiel und darauf, sich zu messen. Das ist eh mein Antrieb, in jeden Kampf zu gehen und zu wissen, dass man jeden schlagen kann. Deshalb sind wir alle schon in Vorfreude, auch wenn es natürlich noch ein bisschen dauert.
hessenschau.de: Wer sind denn ansonsten Ihre größten Konkurrenten um die vorderen Plätze?
Kauczinski: Wenn ich die ersten Sechs anschaue, bis dahin ist alles relativ eng. Dann hat man noch so Mannschaften wie Dresden, denen ich auch noch zutraue, da mit einer Serie rauszukommen. In dieser langen Wintervorbereitung hat man jetzt vielleicht noch mal die Chance, was zu verändern. Ich kann mir vorstellen, dass es vielleicht noch mal eine Überraschung gibt, dass irgendjemand eine Serie startet oder auch genauso jemand abfällt. Aber ich habe die ersten Sechs plus Dresden im Blick. Das wird ein enges Rennen.
hessenschau.de: Durch die lange Winterpause haben Sie ungewöhnlich viel Vorbereitungszeit. Worauf liegt der Fokus?
Kauczinski: Wir haben fast sechs Wochen Vorbereitung, das ist fast wie im Sommer. Wir haben uns von der Idee her an den Sommer angelehnt. Wir machen Weihnachten sowie den Silvesterabend und Neujahr frei, trainieren dazwischen aber. Im neuen Jahr fahren wir dann ins Trainingslager. Wir sind jetzt als Schwerpunkt gerade im läuferischen Bereich. Richtung Trainingslager geht es dann um taktische Sachen.
hessenschau.de: Der Winter am Trainingsgelände auf dem Halberg ist berüchtigt. Wie sind aktuell die Bedingungen?
Kauczinski: Wir hatten den Trainingsauftakt auf dem Kunstrasen, weil es leicht angeschneit hatte und der Boden matschig war. Wir hoffen natürlich, dass wir es irgendwie über die Bühne kriegen. Wir haben die Wettervorhersage immer im Blick, um eventuell auch ins Stadion nach Wiesbaden zu gehen. Wir müssen flexibel sein, weil es einen im wahrsten Sinne des Wortes auch mal kalt erwischen kann.
Das Gespräch führte Sonja Riegel.