Seit Ende 2021 im Amt Ruhig, hitzig, flapsig: So tickt SVWW-Trainer Kauczinski
Als Markus Kauczinski den SV Wehen Wiesbaden von Rekordtrainer Rüdiger Rehm übernahm, misslang sein Start. Inzwischen hat der 53-Jährige sein Team mitten ins Aufstiegsrennen geführt - Ausgang offen.
Wenn man auf dem Halberg im Taunussteiner Stadtteil Wehen steht, ist der große Fußball-Glamour weit weg. Während es in der Stadt langsam Frühling wird, pfeift einem hier noch immer ein sehr kalter Wind um die Ohren. Mittendrin: Markus Kauczinski, der seine Mannschaft auf dem Trainingsgelände des SV Wehen Wiesbaden auf die Mission Aufstieg vorbereitet.
"Manchmal störts. Aber wir haben es angenommen", sagt er über die Bedingungen. Nicht selten muss das Team im Winter ins Stadion in Wiesbaden ausweichen, weil die Trainingsplätze schneebedeckt sind. Fußball-Arbeiter Kauczinski sieht aber auch die positiven Seiten - ist er doch genau für dieses Umfeld im November 2021 zum SVWW gekommen. "Es ging mir darum, in Ruhe arbeiten zu können, in Ruhe eine Mannschaft aufbauen zu können, mit der man am Ende auch was erreichen kann."
"Keinen Bock mehr" nach verpatztem Auftakt
Diese Ruhe bekam er auch, als die ersten Spiele unter ihm alles andere als ideal liefen. Der SVWW blamierte sich im Hessenpokal in Friedberg, auch in der Liga blieb der erhoffte Effekt nach der Trennung von Rekordtrainer Rüdiger Rehm zunächst aus. Als sich die Wiesbadener von einigen Schiedsrichter-Entscheidungen benachteiligt sahen, konstatierte Kauczinski wenige Wochen nach Amtsantritt: "Ich habe langsam keinen Bock mehr." Schon da wurde klar: Der gebürtige Gelsenkirchener trägt sein Herz auch in Gesprächen mit den Medien auf der Zunge.
"Ich habe mit meinen Mannschaften immer mal wieder einen in die Fresse gekriegt, aber am Ende musst du wieder aufstehen", sagt er rückblickend auf seine bisherigen Stationen. Die prägendste war dabei die beim Karlsruher SC: Der Club, bei dem er zunächst in der Jugend tätig war, beförderte ihn 2012 endgültig zum Cheftrainer und Kauczinski gelang 2015 beinahe der Aufstieg in die erste Liga - eine dramatische Niederlage in der Relegation gegen den HSV verhinderte das.
2016 durfte sich Kauczinski dann beim FC Ingolstadt in der Bundesliga versuchen, blieb in zehn Spielen allerdings ohne Sieg. Eine weitere herbe Enttäuschung gab es 2021 in Dresden: Kauczinski hatte den Absteiger zur Herbstmeisterschaft in der 3. Liga geführt, als kurz vor Saisonende eine Durststrecke kam. Kauczinski wurde entlassen, Alexander Schmidt durfte den Aufstieg ins Ziel bringen und mit Dynamo in die zweite Liga zurückkehren.
"Natürlich muss man irgendwann die Hosen runterlassen"
Beim SVWW soll ihm das nicht noch mal passieren. Nachdem der Verein im Sommer an Kauczinski festgehalten hatte, war die Handschrift des Trainers immer besser zu sehen, das Team setzte sich in dieser Saison in der Spitzengruppe der Liga fest. Und Kauczinski brach in seiner direkten Art aus dem Understatement des Vereins aus, als er im Winter-Trainingslager am hr-Mikrofon sagte: "Wir wollen nicht Dritter werden, wir wollen mehr." Für SVWW-Verhältnisse eine sehr klare Ansage. "Natürlich muss man irgendwann auch die Hosen runterlassen", sagte er einige Wochen später dazu.
Verbal kriegt auch seine Mannschaft mal einen mit. "Das geht mir auf den Sack", grollte der 53-Jährige, nachdem man in Bayreuth einen Drei-Tore-Vorsprung fast verspielt hatte. Andererseits wirft sich Kauczinski auch schützend vor sein Team: Als Uwe Koschinat in der Hinrunde in Diensten von Saarbrücken auf Max Reinthaler schimpfte, rannte Kauczinski in dessen Coaching-Zone und lieferte sich mit ihm ein Wortgefecht: "Das ist meine Truppe, die macht man nicht an."
Kauczinski wirft Erfahrung in die Waagschale
Wenn sich Kauczinski als Trainertyp beschreibt, sieht er zwei Seiten. "Ich bin hitzig, wenn ich muss. Ich kann locker sein, wenn ich darf", sagt er. Mit jener Lockerheit irritiert er auch mal innerhalb des Vereins. Als er in den üblichen Presserunden nach Spielen in der Hinrunde allzu freimütig über die Verletzungen von Spielern plauderte und sich über Fanproteste mit Trillerpfeifen mokierte ("Ich habe Kopfschmerzen. Ehrlich gesagt war das nervig."), schränkte die Medienabteilung diesen Austausch kurzerhand ein.
Und so hat der Verein, der sich ansonsten gerne über fehlende Medienpräsenz beklagt, noch mehr Ruhe, um sich auf den Endspurt in der 3. Liga vorzubereiten. Auch die zuletzt schwächeren Ergebnisse sollen den SVWW nicht aus der Bahn werfen - dafür will der Trainer mit seiner Erfahrung sorgen. "Ich habe viele Beispiele in meiner Karriere, die mich dazu gemacht haben, dass ich der Mannschaft immer sagen kann: Es geht weiter. Du kannst auch zwei Mal verlieren, das macht nichts, wenn du die nächsten drei gewinnst."
Nach den Niederlagen gegen Saarbrücken und in Freiburg ist der SVWW im Aufstiegskampf in die Verfolgerrolle zurückgefallen, am Samstag (14 Uhr) gegen Waldhof Mannheim soll es wieder mit drei Punkten klappen. Das Spiel gibt es live im hr-fernsehen sowie im hessenschau.de-Livestream zu sehen.
Sendung: hr-fernsehen, heimspiel! live, 18.03.2023, 13.55 Uhr
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