Fußballer Maximilian Kissel Wie ein Wiesbadener zum Sporthelden in den USA wurde
Der 22-jährige Wiesbadener Maximilian Kissel studiert am College in den USA, spielt Fußball - und schießt die University of Vermont zur ersten Meisterschaft ihrer Geschichte. Sogar der Traum von Duellen gegen Messi, Reus und Co. lebt.
Der größte Moment seines noch jungen Fußballerlebens dauerte eine ganze Weile. Weit vor dem gegnerischen Strafraum kam Maximilian Kissel, 22 Jahre alt, an den Ball, lediglich eine Menge Rasen und den Torhüter vor sich. Kissel also, Student an der University of Vermont, dribbelte los, kurvte von rechts in die Mitte, tick-tack, die Zeit schien fast stillzustehen, das Tor kam näher, die Gedanken drehten Kringel. Angekommen im Strafraum, tick-tack, tick-tack. Was nun tun? Schießen? Lupfen? Mit links, rechts? Tick-Tack. Oder einfach vorbei am Keeper und rein ins Glück!
Kissel traf, zum 2:1 in der Verlängerung, das seinem Team zur Meisterschaft verhalf. Die Vermont Catamounts, so der Name der Studenten-Mannschaft aus dem Nordosten der USA, sicherten sich erstmals in ihrer Geschichte den wichtigsten Titel im College-Fußball – dank des Wiesbadeners Maximilian Kissel. "Ich hatte kurz ein Herzinfarkt", beschreibt er im Gespräch mit dem hr-sport, "und war dann einfach nur erleichtert, dass der Ball im Tor gelandet ist und wir gewonnen haben."
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College-Sport, das pure Erlebnis
Das Finale einer langen Saison mit Spielen im Drei-Tages-Rhythmus wurde durch Kissels Golden Goal entschieden, der Jubel kannte anschließend kaum eine Grenze. Noch auf dem Platz sprinteten dem Hessen die Mitspieler in die Arme, vergruben ihn unter sich, die Tausenden Fans auf den Tribünen grölten, manch ein Staff-Mitglied verdrückte Tränen.
Man muss wissen: College-Sport ist wichtig in den USA, sehr wichtig, für viele sogar emotional deutlich bedeutender als das Profi-Business, weil nahbarer, purer, nicht derart hochgejazzed. Die Sportler, in diesem Fall die Fußballer, werden wie (kleine) Stars behandelt, im Grunde wie Profis hierzulande.
Studenten leben wie Profis
"Wir haben alles, was wir brauchen“, erzählt Kissel, der in Deutschland unter anderem für den SV Gonsenheim in der Jugend und bei den Erwachsenen in der Hessenliga für den VfB Ginsheim spielte. Kickschuhe und Trainingsausrüstung werden für Kissel in den USA gestellt, das Essen sowieso, medizinische Behandlungen gehören zum Alltag, ebenso Charterflüge zu Auswärtsspielen.
Nach seinem Siegtor, kurz vor Weihnachten erzielt, musste Kissel bei der Heimkehr an den Campus vermehrt Autogrammwünsche erfüllen. Irgendwie surreal, oder auch einfach "sehr beeindruckend", wie er auf Heimatbesuch in Hessen dem hr-sport sagt.
Agentur knüpft den Kontakt
Als der Angreifer noch in Ginsheim gegen den Ball trat, wurde sein Vater über einen Zeitungsbericht aufmerksam auf Ramy Katit, ebenfalls einst in Gonsenheim und Ginsheim aktiv, zu dieser Zeit aber längst auch damit beschäftigt, talentierten Jung-Kickern den Weg an die Colleges in den USA zu ebnen.
"Du kannst dort hochklassigen Fußball mit einem Studium kombinieren, das ist einzigartig", sagt Katit, der die Agentur Rotana Sports führt. Kissels Vater sah das ähnlich, "und Maxi hat zum Glück auch gesagt: 'Lass uns das machen'", so Katit. Der Austausch zwischen den beiden ist noch heute regelmäßig wie freundschaftlich.
Bald gegen Messi und Reus?
Am Draft für die Major League Soccer, dem Auswahlverfahren für die höchste Profi-Fußballliga in den USA, in der auch alternde Topstars wie Lionel Messi oder Marco Reus spielen, nahm Kissel zuletzt teil, wurde aber nicht genommen. Nächste Saison wird der 22-Jährige aller Voraussicht nach aber noch eine weitere Chance erhalten. Und bis dahin? "Ich will einfach viele Tore schießen – das ist gut für mein Team und mich selbst." Und falls es am Ende trotzdem nichts wird mit der großen, gutbezahlten Karriere, dann "war das alles eine coole Erfahrung".