HSG Wetzlar klagt gegen Rückzahlung von Corona-Hilfen

Sportklubs sollen Corona-Hilfen zurückzahlen. Der hessische Handball-Bundesligist HSG Wetzlar klagt dagegen und spricht von einer "Mogelpackung" bei der Unterstützung. Der Fall könnte deutschlandweit Sportvereine beschäftigen.

Fans der HSG Wetzlar im April 2023.
Fans der HSG Wetzlar im April 2023. Bild © Imago Images
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Während der Corona-Pandemie hat die Bundesregierung den Sport-Vereinen unter die Arme gegriffen. Durch "Corona-Überbrückungshilfen für den Profisport" sollten die Verluste gerade durch die ausgebliebenen Ticket-Einnahmen aufgefangen werden. Nun sollen die Klubs die Gelder teilweise zurückzahlen.

Handball-Bundesligist HSG Wetzlar hat gegen eine Forderung Klage erhoben, so berichtete es die Bild-Zeitung in dieser Woche. Das ist generell richtig, allerdings wurde die Klage schon vor einigen Monaten eingereicht. Geschäftsführer Björn Seipp wurde bereits Ende Oktober in der "Gießener Allgemeinen" mit den Worten zitiert: "Wir befinden uns notwendigerweise bereits auf dem Klageweg, haben entsprechende bilanzielle Rückstellungen gebildet." Der hr-sport beanwortet die wichtigsten Fragen zum Thema.

Worum geht es?

Um 300.000 Euro aus dem Jahr 2020 an "Ticketersatzleistungen", die das Bundesverwaltungsamt vom Klub zurückverlangt. Das Innenministerium hatte mögliche Rückforderungen bereits vor der Auszahlung an alle Vereine erwähnt. Die Hilfen sollten vor allem Insolvenzen und Entlassungen abwenden. Fußballvereine der ersten und zweiten Liga durften den Antrag nicht stellen.

In einer Schlussabrechnung sollten die Vereine später nachweisen, trotz der Hilfe Verlust gemacht zu haben. "Andernfalls wird der Gewinn bis zur Verlustgrenze (...) im Wege der Rückforderung abgeschöpft", schrieb das BMI. Die Wetzlarer zeigten dafür Verständnis. "Das ist auch vollends ok, schließlich sind es ja Steuergelder", so Geschäftsführer Seipp. So soll die HSG die Forderung in Höhe von 400.000 Euro aus dem Jahr 2021 bereits beglichen haben. Die unterschiedlichen Summen (erst 300.000, dann 400.000) begründen sich durch den Beginn der Pandemie; schließlich konnten die Vereine von Januar bis März 2020 eben noch Zuschauer in den Sportstätten begrüßen.

Doch warum der Streit um das Jahr 2020 und nicht um das Jahr 2021?

Hierbei geht es um unterschiedliche Interpretationen bei den Bedingungen für die Rückzahlungen. So müssten wie beschrieben Gelder nur bei einem positiven wirtschaftlichen Ergebnis zurückgezahlt werden. Dieses erreichte der Klub laut seiner Prüfung 2021, aber eben 2020 nicht.

Bundesverwaltungsamt und Klub werten in dieser Hinsicht offensichtlich die Bilanzen jenes Jahres unterschiedlich. Seipp ließ sich mit den Worten zitieren: "Hier haben unsere Steuerberater und Rechtsanwälte, die schon bei der Beantragung für uns tätig waren, inhaltlich vollkommen konträre Auffassungen als das zuständige Bundesverwaltungsamt." 

Schafft die HSG einen Präzedenzfall?

Wie zu hören ist, beschäftigen viele Vereine (nicht nur aus dem Handball) die Nachzahlungen. Die Wetzlarer allerdings gehören zu den Ersten, die den Klageweg beschritten haben. Auch die Wölfe Würzburg aus der Zweiten Liga und die Footballer der Dresden Monarchs wehrten sich bereits auf juristischem Weg gegen die Rückzahlungen.

Laut Bild sollen weitere Handball-Klubs wie Hannover, Leipzig, Eisenach oder Nordhorn von Rückzahlungsforderungen betroffen sein und genau auf die Klage der HSG blicken. Die vergleichsweise hohen Summen sind zudem kein spezifisches Problem der HSG Wetzlar: Die Gießener Allgemeine schreibt von 150.000 bis 200.000 Euro an Rückzahlungsforderungen für die Basketballer der Gießen 46ers.

Welche Folgen hätten die Zahlungen?

Die 300.000 Euro könnten Schätzungen von Experten zufolge knapp zehn Prozent des HSG-Etats ausmachen und den Klub vor eine wirtschaftliche Herausforderung stellen, wenn auch nicht existenzieller Natur. Das Amt will zudem bei nicht rechtzeitig zurückgezahlten Forderungen Verzugszinsen erheben ("5%-Punkte über dem Basiszins"). Einen genauen Gerichtstermin gibt es nicht, es sollen noch weitere Klagen (aus anderen gesellschaftlichen Bereichen) anhängig sein.

Geschäftsführer Seipp erklärte dazu bereits vor einigen Monaten: "Wenn man es überspitzt formuliert, können die Ticketersatzleistungen in vielen Fällen bundesweit zur Mogelpackung werden." Man versuche, mit "teils strittigen Argumentationen und Herangehensweisen Gelder zurückzufordern." Klubs in ganz Deutschland könne damit genau das drohen, was während Corona drohte - das Aus.

Quelle: hessenschau.de/Ron Ulrich