Frank Carstens HSG Wetzlar

Die HSG Wetzlar hat fast die halbe Mannschaft ausgetauscht. Mehrere Leistungsträger haben den Verein verlassen, die Zugänge müssen jetzt integriert werden. Das Ziel bleibt aber unverändert: der erneute Klassenerhalt in der Handball-Bundesliga.

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Trainingsauftakt bei der HSG Wetzlar

Frank Carstens HSG Wetzlar
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Es weht ein frischer Wind durch die Sporthalle in Dutenhofen. Und das nicht nur, weil die Türen und Fenster zum Lüften geöffnet sind. Beim Trainingsauftakt der HSG Wetzlar am Montagabend ist direkt zu sehen: Der Bundesligist setzt vermehrt auf junge Spieler - und die steigen mit voller Intensität ein.

Knapp 70 Dauerkarteninhaber schauten bei den ersten Übungen und Spielformen zu. Sie müssen sich jetzt zehn neue Namen merken: Etwa die Hälfte des vormaligen Kaders ist weg. Darunter frühere Leistungsträger wie Magnus Fredriksen oder Emil Mellegard. Es gibt aber auch sieben externe Neuzugänge: Dominik Mappes, Jona Schoch, Philipp Ahouansou, Georg Löwen, Lion Zacharias, Justin Müller und Zsolt Krakovszki. Dazu kommen mit Marius Göbner, Noel Hoepfner und Tizian Weimer drei Talente aus der eigenen Jugend.

Zwei Hessen für den Rückraum

Wobei, einen Namen kennen die Fans bereits: Dominik Mappes. Er ist beim Nachbarverein TV Hüttenberg zum Profi gereift - und kehrt nach einigen Jahren in Gummersbach nach Mittelhessen zurück. "Ich komme aus der Region, die HSG ist hier ein Aushängeschild. Ich denke das passt ganz gut zusammen", sagte er mit einem Lächeln.

Künftig soll der 29-jährige aus dem Rückraum das Spiel lenken. Links neben ihm spielt ein weiterer Hesse: Philipp Ahouansou. Der gebürtige Hanauer ist mit 23 Jahren einer der jüngeren Spieler, hat es aber zuletzt bei den Rhein-Neckar-Löwen zum gestandenen Bundesliga-Spieler und in die Nationalmannschaft geschafft.

Ahouansou soll Topwerfer Rubin ablösen

"Es ist schön, wieder in Hessen zu sein und hier das Vertrauen zu bekommen, auch jetzt schon in der Vorbereitung“, sagte Ahouansou. Die Stimmung sei gut. Die junge, hochmotivierte Mannschaft sei auch deshalb in der Lage, Großes zu erreichen. Die Verjüngung des Kaders ist gewagt, aber auch alternativlos.

Die Leistungsträger, die den Verein verlassen haben, müssen ersetzt werden. Die HSG gehört aber, was das Budget angeht, zum unteren Drittel der Liga, kann sich nicht alles leisten. Der ungeschliffene Ahouansou zum Beispiel folgt auf den in den vergangenen Jahren stets treffsicheren Schweizer Lenny Rubin, der nach Stuttgart gewechselt ist.

Das Spiel der HSG soll schneller werden

Im Gespräch mit dem hr-sport erklärte HSG-Geschäftsführer Björn Seipp deshalb, dass die Neuzugänge zwar Bundesliga-Erfahrung haben, aber nicht Bundesliga-erfahren sind. Genau das biete aber auch Chancen, so Seipp: "Wir wollen, dass sich etwas Neues entwickelt, dass wir vielleicht auch einen anderen Handball, einen besseren und schnelleren Handball spielen."

Dass ein Teil der Neuzugänge aus Hessen kommt, sei ein Bonus, aber nicht der Grund für die Verpflichtung. "Ausschlaggebend ist die sportliche Qualität – und die haben wir." Aber natürlich schaffe es mehr Identifikation mit den Fans, wenn die Spieler aus der Region kommen, so Seipp. Zuletzt traf das nur auf Ole und Till Klimpke zu.

Carstens ruft offenen Konkurrenzkampf aus

Dass eine neu durchmischte Mannschaft Zeit braucht, um sich zu finden, ist allen in Wetzlar klar. Auch Mappes etwa bittet Fans und Sponsoren um Geduld. Trainer Carstens ist aber vor allem hochmotiviert, "das noch weiße taktische Blatt" bis zum Saisonstart im September zu füllen. "Die erste Woche war Routine, aber ab jetzt ist es offene See", sagte er.

Die Konkurrenzsituation ist so offen wie noch nie. Dennoch verfolgt Carstens einen klaren Plan. Er will in den kommenden Wochen eine Stammformation küren. "Es geht darum, erstmal einen kleinen Kreis zu finden und die anderen Spieler langsam dabei ein- und aufzubauen."

Bis auf Olympia-Teilnehmer Novak alle an Bord

So viel auch im Kader neu ist, das große Ziel hat sich nicht verändert. "Das Wichtigste ist, den Bundesliga-Standort Wetzlar zu erhalten", stellte Carstens fest. In der Vorbereitung stehen ihm fast alle Spieler zur Verfügung. Nur Rechtsaußen Domen Novak ist nicht dabei – er steht im Olympia-Kader der slowenischen Nationalmannschaft.

Das Handball-Turnier in Paris wird vom 27. Juli bis 11. August ausgetragen. Auch Wetzlars Neuzugang Zsolt Kravkovski wäre gerne bei Olympia dabei gewesen, hat es aber nicht in den Kader der Ungarn geschafft. "Für Zsolt tut es mir natürlich leid, dass der Traum von Olympia geplatzt ist. Für uns ist es auf der anderen Seite gut, dass er jetzt da ist", sagte Carstens.

Die lange Pause will die HSG zu ihrem Vorteil nutzen. Nach dem ersten Testspiel in der Wetterau, am 20. Juli beim Regionalligisten TV Petterweil (18 Uhr), sind zwei Wochen individuelles Training angesetzt, um die Kräfte besser einzuteilen. "Jetzt steht das Teambuilding weit vorne, erst ab August geht es um den Feinschliff in Sachen Taktik", erklärte Carstens.

HSG schlägt Trainingslager in Tirol auf

Am 5. August reist die Mannschaft dann für eine Woche ins Trainingslager ins österreichische Schwaz. In den Wochen danach will sich die HSG beim Spielo-Cup in Lübbecke (Nordrhein-Westfalen) und beim traditionellen Linden-Cup in Mittelhessen mit Gegnern auf Augenhöhe messen. Carstens hofft darauf, "dass wir am Ende noch ein paar Schritte mehr machen können, als wir es im letzten Jahr gemacht haben". Da ist die HSG auf dem 13. Platz gelandet. Ein souveräner Klassenerhalt, viel mehr aber auch nicht.

Ein internes Ziel will sich die Mannschaft erst kurz vor Saisonstart setzen. Carstens selbst hat schon eine Idee, sagte aber auch: "Ob das am Ende alles so zusammenpasst, wie man sich das in der Theorie vorstellt, werden wir sehen. Aber wir werden auf jeden Fall alle zusammen hart daran arbeiten."