Hitziges Handball-Topspiel in Flensburg Melsungens Chaos-Plan geht nicht auf

Die Handballer der MT Melsungen versuchen beim Bundesliga-Topspiel in Flensburg alles, um Zählbares aus der Fremde mitzunehmen - sogar "unsportlich" wird's kurz vor Schluss.

Die MT probiert es mit allen Mitteln - und nimmt eine Rote Karte in Kauf.
Die MT probiert es mit allen Mitteln - und nimmt eine Rote Karte in Kauf. Bild © Imago Images
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Mehrer Spieler der MT Meslungen im Kampf im den Ball.
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Eine kleine Spitze konnte sich die siegreiche SG Flensburg-Handewitt nicht verkneifen. Kurz nach Spielschluss, kurz nach diesem intensiven Topspiel am Samstagabend zwischen den heimischen Nordlichtern und dem Tabellenführer der Handball-Bundesliga, der MT Melsungen, grinste SG-Profi Emil Jacobsen in die TV-Kamera, hob die Hand, drehte einen imaginären Schlüssel herum - und öffnete damit das Tor. Jenes des Gegners war gemeint, das deren Keeper Nebojsa Simic noch beim Hinspiel mit eben dieser Handbewegung abgeschlossen hatte. Frei nach Komiker Kaya Yanar: Ey, du kommst hier net rein.

Im dritten Aufeinandertreffen dieser Spielzeit verlor die MT das erste Mal gegen Flensburg (33:35), zuvor hatte es in Liga und Pokal beachtliche Triumphe gegeben. Die aktuelle Niederlage, so ordnete es MT-Kapitän Timo Kastening ein, sei aber eine verdiente gewesen. "Das ist zwar sehr schade für uns, aber der Sieg für Flensburg geht aufgrund der Tatsache, dass sie über weite Strecken in Führung waren, auch in Ordnung."

Hektik in der "Hölle Nord"

In der Tat legten die Hausherren famos los, überrannten zu Beginn die MT, deren Erfolgstrainer Roberto Garcia Parrondo bereits nach zwölfeinhalb Minuten bei einem 3:7-Rückstand die erste Auszeit nahm. Erst danach kamen die Gäste besser ins Spiel und schnell heran. Sie gestalteten fortan das Spitzenduell ausgeglichen, hechelten aber doch fast immer einem knappen Rückstand hinterher.

Endgültig entschieden wurde der Handball-Thriller - wie so oft - erst in der Crunchtime, die von enormer Intensität und Hektik geprägt war und in einem Last-Minute-Chaos mündete. Die MT nämlich versuchte alles, doch noch ein Unentschieden aus der "Hölle Nord" mitzunehmen auf den langen Heimweg. Nachdem Melsungens Bester, Aaron Mensing, acht Sekunden vor Schluss mit seinem zehnten Tor des Abends noch mal den 33:34-Anschlusstreffer erzielte, eilte mit Marti Soler plötzlich ein achter MT-Spieler auf die Platte.

"Unsportlich": MT provoziert Rote Karte

Die Folge: Zeit sofort gestoppt, Videobeweis, Siebenmeter für Flensburg, Rote Karte für Soler - und die Chance für die Melsunger, bei einem Fehlwurf der Hausherren noch einmal an den Ball und zum Ausgleich zu kommen. Doch der Plan verpuffte, weil Flensburgs Jakobsen eiskalt verwandelte, die Gemüter aber erhitzte er dennoch. Man habe schlicht das Regelwerk ausgenutzt, ließ Nationalspieler Kastening bei Dyn wissen, gab aber auch ehrlich zu: "Viele werden sagen, dies sei unsportlich gewesen. Ich kann jeden verstehen, der das kacke findet." Letztlich eine Randnotiz.

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Für den lange Zeit so hochfliegenden Tabellenführer war es die zweite Haarscharf-Auswärtsniederlage in Folge. Sowohl in Magdeburg als auch diesmal in Flensburg lagen die Melsunger am Ende nur knapp hinten. Da es zuletzt auch in der European League gegen den serbischen Außenseiter Vojvodina Novi Sad nur zu einem Remis in eigener Halle reichte, ist eines aber doch recht offensichtlich: Die allerletzte Leichtigkeit ist den Nordhessen abhanden gekommen.

Am Dienstag wartet der Kracher in Kiel

Freilich führt die MT das Bundesliga-Tableau weiterhin an, Hannover-Burgdorf kann an diesem Sonntag jedoch gleichziehen. Auch der THW Kiel ist nur noch zwei Punkte hintendran, Flensburg liegt vier Zähler zurück. Es wird immer enger an der Spitze. "Insgesamt hat vielleicht der Glaube gefehlt, das Spiel noch herumzureißen, weil wir nach Toren immer wieder Gegentreffer bekommen haben", sagte Kastening.

Lange Zeit zum Hadern bleibt den Nordhessen nicht. Schon am Dienstag (20.45 Uhr) geht es im Europacup weiter, es steht das nächste Kracherduell an: In Kiel wird der Gruppensieger ausgespielt. Will sich Melsungen als Hauptrunden-Erster direkt für das Viertelfinale qualifizieren, muss beim THW jedoch ein Sieg her. Gelingt dieser nicht, müssen die Nordhessen in die Zwischenrunde.