Ruderer trainiert lieber unabhängig "Beinahe peinlich": Zeidler kritisiert Sport-Förderung
Der Frankfurter Ruderer Oliver Zeidler hätte derzeit allen Grund zur Freude. Aber der frischgebackene Sportler des Jahres ist sauer über die Spitzensport-Förderung in Deutschland – und tut das lautstark kund.
Olympiasieger Oliver Zeidler hat erneut deutliche Kritik an der deutschen Spitzensport-Förderung geübt. Den Athletinnen und Athleten fehle es an finanzieller Unterstützung, dieses Problem gehe "weit über das Rudern hinaus", sagte Deutschlands Sportler des Jahres in einem Interview mit der FAZ.
"Es braucht einen grundlegenden Wandel"
"Es ist eine frustrierende und beinahe peinliche Situation, wenn man bei eigentlich jeder internationalen Regatta gegen ausländische Topathleten antritt, die Vollprofis sind, während man selbst parallel noch einer Berufstätigkeit nachgehen muss, um über die Runden zu kommen", sagte Zeidler, der für die Frankfurter Rudergemeinschaft Germania startet: "Unter diesen Bedingungen ist es eine enorme Herausforderung, vorne mit dabei zu sein. In anderen Ländern können Ruderer allein vom Sport leben und wissen, dass sie auch nach ihrer Karriere abgesichert sind." Zeidler selbst arbeitet als Wirtschafts-Consultant.
Auch innerhalb seiner Sportart sieht Zeidler großen Handlungsbedarf. Es sei ein Problem, wie die deutschen Talente "geführt, gefördert und bei Laune gehalten" würden: "Meiner Meinung nach braucht es einen grundlegenden Wandel. Viele Strukturen und Herangehensweisen im deutschen Rudersport sind überholt, und innovative Ansätze bei Trainingsmethoden oder Trainingsphilosophien werden kaum berücksichtigt."
Zeidler baut nicht auf den Ruderverband
Aus diesen Gründen organisiert Zeidler sein Training unabhängig vom Deutschen Ruderverband (DRV), angeleitet wird er dabei von seinem Vater Heino. "Wir haben in den letzten Jahren immer wieder Erfahrungen mit dem Verband gemacht, die uns letztlich gezeigt haben, dass der Verbandsweg nicht zu unserer positiven Weiterentwicklung beiträgt", sagte Zeidler: "Im Gegenteil, wir hatten oft das Gefühl, ausgebremst zu werden. Deshalb habe ich in München mein eigenes Team aufgebaut und mir damit deutlich bessere Trainingsbedingungen geschaffen, als sie mir an den Stützpunkten des Deutschen Ruderverbandes, finanziert durch staatliche Fördermittel, geboten werden."
Zeidler, der nicht nur Deutschlands, sondern auch Frankfurts Sportler des Jahres ist, hatte bei den vergangenen Sommerspielen in Paris das erste deutsche Einer-Gold seit Thomas Lange 1992 in Barcelona gewonnen. Das nächste große Ziel für ist Olympia 2028 in Los Angeles.