Meister? Ja! Aufstieg? Nein EC Bad Nauheim bastelt am Märchen ohne Happy End

Der EC Bad Nauheim steht nach dem Sensations-Erfolg gegen die Kassel Huskies erstmals im Finale der DEL 2 und spielt um die Meisterschaft. Das altehrwürdige Stadion ist dabei Fluch und Segen zugleich. Aufsteigen dürfen die Roten Teufel nämlich nicht.

Jubel beim EC Bad Nauheim
Der EC Bad Nauheim ist bereit für das DEL2-Finale. Bild © Imago Images
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Wer schon einmal im Colonel-Knight-Stadion war und einem Eishockey-Spiel des EC Bad Nauheim beiwohnte, der dürfte von diesem Abend oft erzählt haben. Die Spielstätte der Roten Teufel, die sich seit dem Jahr 1946 im Nauheimer Kurpark befindet, hat mit den modernen Eishockey-Arenen im Rest der Republik nämlich nicht viel zu tun. Das Stadion ist an drei Seiten offen, es knarzt und knirscht an vielen Stellen, hin und wieder wabert sogar Nebel über das Eis. Glanz und Glamour gibt es woanders, Nauheim steht für ehrlichen Sport.

"Die Stimmung hier ist unfassbar", benannte Nauheims Kapitän Marc El-Sayed im Gespräch mit dem hr-sport die Vorteile des Stadions. Die Fans des Teams aus der Wetterau, die sich auch von den regelmäßig beschlagenen Scheiben nicht bremsen lassen, verwandeln ihre altehrwürdige Eishockey-Heimat Woche für Woche in ein Tollhaus und werden in den alten Gemäuern nun die wohl größten Spiele der Vereinsgeschichte sehen: Der EC Bad Nauheim steht erstmals im Finale der DEL2 und trifft dort in der Best-of-Seven-Serie ab Sonntag auf die Ravensburg Towerstars.

Die Euphorie ist riesig, die Ränge voll

Dass die beiden feststehenden Heimspiele am Dienstag (19.30 Uhr) und kommenden Sonntag (18.30 Uhr) innerhalb weniger Minuten ausverkauft waren, ist Ehrensache und versteht sich fast schon von selbst. Diese Partien will sich niemand entgehen lassen.

"Das ist Freude pur. So etwas erlebt man nicht alle Tage, es ist unbeschreiblich", fasste El-Sayed die Stimmungslage vor der Endspiel-Premiere zusammen. Lange Schlangen vor der Geschäftsstelle, die Server des Online-Shops kurz vor dem Kollaps - kurzum: Die Euphorie in der Kurstadt ist riesengroß. "Wir sind im Finale und wollen das jetzt natürlich auch gewinnen." Es kann also losgehen.

Bad Nauheim trumpft in den Playoffs auf

Dabei ist schon allein die Tatsache, dass der ECN im Endspiel steht, eine kleine Sensation. Nach schwachem Saisonstart wackelte zwischenzeitlich die Playoff-Teilnahme doch sehr, letztlich qualifizierten sich die Mittelhessen als Tabellen-Sechster gerade so für die K.o.-Runde. Dort erst einmal angekommen, legten sie dann aber richtig los.

Im Viertelfinale machte Bad Nauheim kurzen Prozess mit dem Hauptrunden-Dritten Kaufbeuren (4:0), im Halbfinale musste dann die Rekordmannschaft der Kassel Huskies dran glauben. Die Nordhessen, die die Hauptrunde mit unglaublichen 38 Punkten Vorsprung auf Platz eins abgeschlossen hatten, hatten der Nauheimer Wucht letztlich nichts entgegenzusetzen. "Wir haben den Übergegner geschlagen. Das lässt uns an den Titel glauben", so El-Sayed. Klare Botschaft: Wer gegen Kassel gewinnt, muss sich vor Ravensburg nicht verstecken.

Der Aufstieg ist nicht möglich

Doch was spricht tatsächlich für den ersten DEL2-Titelgewinn der Nauheimer Vereinsgeschichte? Anders als im Vorjahr, als der ECN im Halbfinale mit 1:4 an Ravensburg gescheitert war, stimmt dieses Mal "das Gefühl", wie es El-Sayed beschrieb. "Letztes Jahr waren wir gerädert und hatten viele Verletzte, das war nicht optimal. Wie wir dieses Jahr als Mannschaft zusammenstehen, das stimmt mich positiv." Die weichen Faktoren und der Lauf sprechen also für Nauheim. Auf dem Eis soll der feste Glaube an die Erfüllung des großen Traums dann in Taten umgesetzt werden. "Wir wollen uns das erarbeiten und verdienen."

Die erste Nauheimer DEL2-Meisterschaft, die weiter wie ein Märchen klingt, liegt durchaus im Bereich des Möglichen. Klar ist aber auch, dass es das ganz große Happy End nicht geben wird. Anders als die Löwen Frankfurt, die im vergangenen Jahr den Titel holten und dann in die DEL aufstiegen, wird dieser Schritt dem ECN auf jeden Fall verwehrt bleiben. Der Grund: das optisch und atmosphärisch so einmalige, für Erstliga-Eishockey aber nicht ausreichende Colonel-Knights-Stadion.

Es hakt am Stadion

"Die infrastrukturellen Maßnahmen sind nicht gegeben, um den Aufstieg zu realisieren", fasste Geschäftsführer Tim Talhoff das Nauheimer Dilemma zusammen. Zu wenige Parkplätze, eine veraltete Bande, keine Technik für eine dauerhafte TV-Übertragung und zu wenige VIP-Logen führen dazu, dass die Nauheimer erst gar keine DEL-Lizenz beantragt haben und somit erst einmal in der Zweitklassigkeit feststecken. Sollte der ECN Meister werden, wäre das zwar ein riesengroßer Erfolg. In der nächsten Saison ginge es in der DEL2 aber von vorne los. Einzige dauerhafte Lösung: ein neues Stadion.

Die Planungen für einen Neubau laufen im Hintergrund bereits auf Hochtouren. Die zeitliche Umsetzung ist aber noch offen. "Wir brauchen dazu die Unterstützung der Politik, der Stadt und des Landkreises", so Talhoff. Bis zum Ende des Jahres soll Klarheit herrschen, danach könnten die Bagger anrollen. "Wir forcieren den Stadionneubau, um dann wirklich irgendwann vom Aufstieg träumen zu können." Bis dahin spielen die Roten Teufel weiter in ihrem Schmuckkästchen und ab Sonntag um die DEL2-Meisterschaft. Auch das ist ja nicht ganz schlecht.

Quelle: hessenschau.de/Mark Weidenfeller, Simon Schäfer