Sporthilfe reicht nicht für Kletterinnen Deutsche Boulder-Vizemeisterin braucht finanzielle Unterstützung der Eltern

Roxana Wienand ist frischgebackene Vizemeisterin im Bouldern. Nun will die Darmstädterin auch bei den internationalen Wettkämpfen punkten. Finanziell ist der Weltcup für die Studentin aber eine ganz schöne Herausforderung.

Eine Frau in Sportkleidung hängt an einer Wand mit Elementen zum Greifen und Reinsteigen und lacht in die Kamera.
Roxana Wienand ist neue deutsche Vizemeisterin im Bouldern. Bild © Imago Images

Roxana Wienand ist zum ersten Mal aufs Treppchen geklettert. Bei den deutschen Boulder-Meisterschaften in München belegte die Darmstädterin am letzten Märzwochenende den zweiten Platz.

"Mein Ziel war, ins Finale zu kommen", erzählt die 24-Jährige im Gespräch mit dem hr-sport. "Da ich noch nie eine Podiumsplatzierung bei den deutschen Boulder-Meisterschaften hatte, freue ich mich darüber natürlich ganz besonders."

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Sportlich erfolgreich, finanziell schwierig

Wienand ist schon lange ein fester Bestandteil des deutschen Kletter-Kosmos, ist mit Seil (Lead) und ohne Seil (Bouldern) aktiv. Seit 2018 gehört sie zum Nationalkader. Im Lead wurde sie 2020 deutsche Meisterin, im Bouldern fünf Jahre später nun Vizemeisterin. Sportlich läuft es also für die Lehramts-Studentin, finanziell sieht die ganze Sache etwas anders aus.

Der Deutsche Alpenverein (DAV), der sich für die Athletinnen und Athleten verantwortlich zeichnet, erhält seit 2022 keine Bundesmittel mehr für den Leistungssport. Weil die deutschen Sportlerinnen und Sportler 2024 aber überaus erfolgreich waren, dürfen in diesem Jahr besonders viele von ihnen am Weltcup teilnehmen. Bedeutet: Die Reisen zu den internationalen Wettkämpfen, die im April beginnen, können nicht mehr allen deutschen Spitzensportlerinnen finanziert werden.

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Lead-Kletter und Bouldern: Das ist der Unterschied

Beim Lead klettern Athleten und Athletinnen am Seil eine vorgefertigte Route einer bis zu 20 Meter hohen Wand hoch. Das Seil müssen sie dabei mitführen und sich an Zwischensicherungen einhängen.
Beim Bouldern wird ohne Seil geklettert, dafür aber stets in Absprunghöhe, um die Verletzungsgefahr so gering wie möglich zu halten.

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Die Haupteinnahmequelle bricht weg

Beim Boulder-Weltcup werden nur die besten drei (von sechs) Athletinnen gefördert, im Lead sogar nur die besten beiden (von drei). Wienand ist im bundesdeutschen Vergleich Dritte im Lead und Fünfte im Bouldern. Flug- und Hotelkosten bekommt sie deshalb nicht mehr vom DAV-Dachverband erstattet. "Aber ich bekomme Unterstützung von meiner Sektion und vom Landesverband", erzählt Wienand. Den Großteil der Kosten kann sie so stemmen.

Das weitaus größere Problem für die Darmstädterin ist, dass auch die Stiftung Deutsche Sporthilfe nicht mehr alle Athletinnen und Athleten aus dem Perspektivkader fördert. 15.000 Euro gab es bislang, es war die Haupteinnahmequelle der Studentin. "Ich verdiene noch ein bisschen was als Trainerin und ein bisschen was über Instagram, aber das ist vernachlässigbar wenig", sagt Wienand, die nun auf andere Hilfe angewiesen ist. "Ich kann das selbst nicht finanzieren, das machen meine Eltern und dafür bin ich auch sehr dankbar."

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Der Weltcup startet in China

Der Weltcup im Bouldern und im Lead besteht aus je sechs Wettkämpfen an verschiedenen Standorten. Los geht's in beiden Disziplinen im April in China. Der Boulder-Weltcup beginnt am 18. April in Keqiao, im Lead wird es am 25. April in Wujiang ein erstes Mal ernst. Die Klettersaison endet am 21. September mit der Weltmeisterschaft in Seoul (Südkorea).

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Nationalkader bittet um Spenden

Die Finanzierungsprobleme haben zuletzt für einen großen Aufschrei gesorgt in der Kletterszene. Alexander Megos, deutscher Olympiateilnehmer 2024, teilte bei Instagram gemeinsam mit Wienand und vier weiteren Kletterern einen Spendenaufruf im Namen des DAV-Nationalkaders. Titel: "Wir brauchen eure Unterstützung!!!" Dass eine derart rasant wachsende Sportart derart um finanzielle Unterstützung betteln muss? Es ist mindestens ungewöhnlich.

"Es ist einfach unbefriedigend, dass ich den Sport auf dem Niveau seit Jahren mache und immer noch nicht davon leben kann", sagt Wienand. Ans Aufhören denkt sie aber trotzdem nicht. "Ich liebe, dass ich klettern darf und dass das mein Job ist. Mir macht es einfach Spaß und deswegen habe ich nicht vor, damit aufzuhören."

Quelle: hessenschau.de