Interview mit Marburger Extremschwimmerin Nathalie Pohl: "Es ist lebensgefährlich, was wir da machen"
Nathalie Pohl hat als erste Deutsche alle sieben der weltweit gefährlichsten Meerengen durchschwommen. Im Interview erklärt die Marburgerin, was ihr besonders Schwierigkeiten bereitet hat und wie sie überhaupt auf die Idee kam.
Nathalie Pohl aus Marburg ist die erste Deutsche, die alle Stationen der Ocean's Seven absolviert hat. Das sind Langstrecken für Freischwimmer rund um die Welt. Vor einer Woche durchschwamm sie in gut elf Stunden den Nordkanal zwischen Irland und Schottland - nur im Badeanzug, bei etwa 14 Grad.
Das Gespräch führte Matthias Decher
Ende der weiteren Informationenhessenschau.de: Wie geht’s Ihnen jetzt nach dieser Kraftanstrengung?
Nathalie Pohl: Heute geht’s mir viel besser, aber leider hat es mich direkt danach erwischt, ich lag erstmal krank im Bett. Aber das ist irgendwie auch normal, wenn die Anspannung abfällt. Man tut die Wochen und Monate so viel dafür, nicht krank zu werden, ist mit Masken unterwegs, trifft kaum Menschen. Irgendwann braucht der Körper dann einfach eine Pause.
hessenschau.de: Zumal die Umstände ausgesprochen anspruchsvoll waren. Quallen, heftige Strömungen, eiskaltes Wasser – und das alles nur in einem Badeanzug. Warum eigentlich?
Pohl: Wir dürfen nur einen Badeanzug tragen, weil der erste Mensch, der durch den Ärmelkanal geschwommen ist, auch nicht mehr anhatte. Dazu kommen noch eine Badekappe und eine Schwimmbrille.
hessenschau.de: Das klingt frostig …
Pohl: Was mich am meisten herausgefordert hat, war tatsächlich die Kälte. Es waren im Durchschnitt nur 14 Grad. Jeder der daheim mal das Wasser in der Dusche auf ganz kalt dreht, der ahnt, was das für ein Gefühl ist. Ich hatte danach eine Körper-Kerntemperatur von knapp über 30 Grad. Das ist auf jeden Fall lebensgefährlich, was wir da machen.
hessenschau.de: Aber Ihnen scheint das ja Spaß zu machen. Was sind denn die schönen Erlebnisse?
Pohl: Eines der schönsten Erlebnisse war einst in Hawaii. Da bin ich kurz vor Sonnenuntergang gestartet und die Nacht durchgeschwommen. Als dann die Sonne aufgegangen ist - das sind Momente, die ich nie vergesse. Oder in Neuseeland: Da sind zwei Stunden Delfine mit mir geschwommen. Sie haben sogar angehalten, als ich ein Getränk zu mir genommen habe und sind anschließend mit mir weitergeschwommen.
hessenschau.de: Sie haben in Marburg mit dem Schwimmen begonnen. Wie hat sich Ihre Leidenschaft entwickelt?
Pohl: Alles hat im Urlaub angefangen. Ich war gar nicht mehr aus dem Meer zu kriegen. Ich hatte früh eine Leidenschaft für das Wasser und bin schnell besser geworden. Meine komplette Kindheit bin ich im Becken leistungsmäßig geschwommen. Dann kam irgendwann der Punkt, als ich ein bisschen den Spaß verloren habe. Ich wollte nicht mehr jedes Wochenende in einer Schwimmhalle rumhängen.
hessenschau.de: Also sind Sie ins Freiwasser gewechselt?
Pohl: Ich habe zum richtigen Zeitpunkt ein Buch von meinen Eltern geschenkt bekommen, in dem eine Amerikanerin beschreibt, wie sie den Ärmelkanal durchquert. Das hat etwas in mir ausgelöst, so hat die Reise angefangen. Damals war auch der Ärmelkanal das große Ziel für. Und nun, acht Jahre später, habe ich die Ocean‘s Seven geschafft.