Inklusiver Verein aus Laubach gewinnt Sozialpreis Tennis für alle: "Anderssein ist eine ganz normale Sache"
Ein kleiner Tennisclub aus Mittelhessen zeigt: Inklusion ist ein Mehrwert für alle - für Menschen mit und ohne Behinderung. Dafür erhält der TC Laubach den hessischen Sozialpreis 2023.
Gelbe Bälle fliegen über die Netze, das Quietschen von Sportschuhen und Rollstuhl-Reifen schallt durch eine Sporthalle bei Gießen. Es ist Trainingszeit beim Tennisclub Laubach. Fünfzehn Mitglieder verschiedener Altersgruppen spielen gegeneinander, mit dabei: Sven Klippert.
"Integriert ab Tag eins"
Egal ob Tennis oder Basketball, es sei generell schwierig, Sportangebote für Menschen mit Behinderung zu finden, erzählt Klippert. Er habe durch Zufall vom inklusiven Angebot des Tennisclub Laubach erfahren. "Ich wurde von Tag eins integriert, es war total lustig und ich habe Spaß am Tennis gefunden", schwärmt der 37-jährige Rollstuhlfahrer.
Statt Skepsis gegenüber inklusivem Sport sei ihm hier nur Warmherzigkeit begegnet. Das Projekt habe einen richtigen Tennis-Hype in der Region ausgelöst, erzählt er. Selbst werbe er immer wieder für den Verein. Seit drei Jahren spielt Klippert jetzt hier Tennis.
Vereins-Rettung durch Inklusion
Vor ein paar Jahren stand der Tennisclub Laubach noch knapp vor dem Aus. "Der Verein war völlig überaltert", erzählt Dirk Oßwald. Der 53-Jährige ist beim TC für das Projekt "Tennis für alle" zuständig und arbeitet in der Lebenshilfe Gießen. Es habe damals nur noch 60 Mitglieder und wenig Angebote gegeben. "Der Verein ist langsam dahingesiecht", erinnert er sich. Der Verein wollte das ändern - mit einem ganz neuen Ansatz.
Die Idee: Menschen mit Behinderung auf den Tennisplatz einladen. Anfangs habe es Vorbehalte gegeben, denn der kleine, ländliche Verein habe weder Vorerfahrung mit inklusivem Sport, noch speziell ausgebildete Trainer oder gar barrierefreie Anlage gehabt. "Geht das denn überhaupt?", hätten sie sich gefragt, so Oßwald. Doch die Barrieren in den Köpfen und Herzen seien schnell gefallen.
Die Aktion "Tennis für alle" brachte 2019 neue Sportinteressierte in den Verein. Ziel des Initiators Niklas Höfken vom Deutschen Tennisbund war es laut Verein, mit der Aktion ein niedrigschwelliges Angebot zu schaffen - für alle, die Lust auf Tennis hatten und so den Sport im Verein kennenlernen wollten. Mit der Unterstützung von Menschen aus Laubach und einer Förderung der Aktion Mensch organisierten sie Schnuppertage, gestalteten die Anlage barrierearm und bezahlten einen Trainer für Menschen mit Behinderung.
"So sieht dauerhafte Teilhabe aus"
Seit 2019 hätten sich an den Aktions- und Schnuppertagen etwa einhundert Menschen mit Behinderung beteiligt, heißt es vom Verein. Derzeit gebe es fünfzehn Sportlerinnen und Sportlern mit Behinderung, die sich aktiv engagierten. Insgesamt sei der Verein mittlerweile ganze 260 Mitglieder stark. Auch Corona habe dem keinen Abbruch getan. Das Projekt habe zu einer deutlichen Bewusstseinsänderung bei vielen geführt. "Das Miteinander war sofort da, heute haben wir wieder ein ganz tolles Vereinsleben", freut sich Oßwald.
Am Montag ist das inklusives Projekt "Tennis für alle" mit dem hessischen Sozialpreis ausgezeichnet worden. Die Jury ehrte den Verein dieses Jahr für sein Engagement mit dem ersten Platz und einem Preisgeld von 8.000 Euro. Mit ihrem inklusiven Angebot habe der Verein Vorurteile und tatsächliche Barrieren abgebaut. Hier werde Inklusion gelebt und Vorurteile durch Begegnungen abgebaut. "So sieht sinnvolle, dauerhafte Teilhabe aus", lobte die Jury.
Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 13.11.2023, 19.30 Uhr
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