Zum Geburtstag von Marika Kilius Deutschlands erste Eisprinzessin wird 80
Als Marika Kilius heiratete, waren die Straßen in Frankfurt voll. Die Eisprinzessin war der erste weibliche Superstar des jungen Nachkriegsdeutschlands. Am heutigen Freitag feiert Kilius ihren 80. Geburtstag. Eine Würdigung.
Was Prinzessin Kate und Prinz William heute für Großbritannien sind, das waren in den 1960er Jahren die Eiskunstläufer Marika Kilius und Hans-Jürgen Bäumler für Deutschland: das Traumpaar. In den zermürbenden Nachkriegsjahren sehnten sich die Deutschen nach etwas Positivem und Romantischem - und all das verkörperten die beiden.
So wurden sie zu den ersten deutschen Sport-Popstars, landeten auf den Covern der Boulevard-Presse und Kilius erhielt Tausende von Liebesbriefen. Über Jahre hatten sich die beiden eigenständig perfekt vermarktet und das Spiel der Medien als "Liebespaar der Nation" befeuert. Die Wahrheit hinter den romantischen Küren und den liebevoll inszenierten Bildern war aber eine andere. Denn hinter den Kulissen ging jeder freundschaftlich seine eigenen Wege.
Die Nation war daher schockiert, als Marika Kilius am 15. August 1964 nicht Bäumler, sondern den Millionärs-Sohn Werner Zahn heiratete. Dennoch versammelten sich Tausende Frankfurter vor der Kirche oder auf den Straßen ähnlich wie bei der Hochzeit des britischen Prinzenpaares und jubelten ihrer "Eisprinzessin" zu.
Karriereplanung von der Mutter
Marika Kilius wurde am 24. März 1943 in Frankfurt geboren. Ihre Mutter Magdalene hatte von Anfang an Großes mit ihrer Tochter vor und prägte das Bild der ehrgeizigen Eislaufmutter. "Als ich noch gar nicht auf der Welt war, hat sie gesagt, ich mache aus ihr etwas wie Marika Röck. Das war ihr Vorbild und mit 15 Jahren war ich Weltmeisterin", so Kilius heute.
Doch zunächst begann der mühselige Weg auf der Rollschuhbahn am Nizza-Ufer in Frankfurt. Als Trainingsweltmeisterin war Marika Kilius nie bekannt, aber sie hatte enormes Show-Talent, was sich vor allem bei den Schaulaufabenden des Frankfurter Roll- und Eissportclubs vor Frankfurtern und den damals noch stationierten US-Soldaten zeigte.
Der Partner ist zu klein – das ist Bäumlers Chance
Schon mit fünf Jahren lief Kilius gemeinsam mit dem fast Zwölfjährigen Franz Ningel. Die beiden schafften es nach Jahren harter Arbeit auf das Podium der Weltmeisterschaft 1957 und gewannen Silber. Vom Kind wuchs Marika zu einer Jugendlichen, die schon mit 13 einen Kopf größer war als ihr nur 1,60 Meter großer Partner. Daher trennten sich die Wege des Paares nach deren größtem Erfolg.
Aber Mama Kilius hatte schon längst einen neuen jungen Mann für ihre talentierte Tochter im Blick: Hans-Jürgen Bäumler. Den "Deal" machten die Mütter Kilius und Bäumler aus - und der war durchaus ein Risiko. Denn Bäumler war zwar größer als Marika und sie waren auch ein gutaussehendes Paar auf dem Eis, aber der nur ein Jahr ältere Dachauer war nur als Einzelläufer aktiv und hatte keinerlei Paarlauferfahrung. "Da musste ich die Chefrolle übernehmen und ihm alles beibringen. Das war keine leichte Rolle und sicherlich für unsere Beziehung nicht förderlich", so Kilius reflektierend heute.
Ein Sturz wird zum Heldenmoment
Doch die Mütter sollten Recht behalten. Noch im selben Jahr wurden Kilius und Bäumler Deutsche Meister im Paarlaufen. Von da an begann eine atemberaubende Karriere: Nur zwei Jahre später gewannen sie Silber bei den Weltmeisterschaften. Der Weg zum Traumpaar war nicht mehr zu stoppen: Von 1959 an wurden sie sechs Mal Europameister in Folge, zweimal holten sie Olympia-Silber.
Zu Lieblingen der Nation wurden Marika und Hans-Jürgen aber nicht durch einen Sieg, sondern durch einen tragischen Sturz bei der WM 1962 in Prag. Bei einer nebeneinander gedrehten Pirouette knallten ihre Schlittschuhe aneinander, sie stürzten und mussten aufgeben. Die Nation litt fortan bei jedem Auftritt mit. Wenn Kilius/Bäumler im Fernsehen liefen, waren die Straßen leergefegt. "Ich habe damals mit meinem Vater telefoniert und der sagte mir: Kind, kein Mensch ist auf den Straßen, die schauen euch heute alle zu."
"Nur" Silber bei Olympia
Als Titelfavorit gewannen sie bei den Olympischen Spielen in Innsbruck mit einer verhaltenen Kür "nur" Silber. Spätestens hier kamen die ersten Brüche im Team zum Vorschein. Der Trainer versteckte sich hinter dem Verband und die Mutter von Bäumler wollte ein schnelles Karriereende. Marika nahm aber das Heft in die Hand. Als selbsternannte "Chefin" des Teams setzte sie sich durch und änderte vor der anstehenden Weltmeisterschaft den Mittelteil ihrer Kür.
"Man muss sich manchmal einfach etwas trauen, ich war gerade mal 20 Jahre alt und habe mich da gegen meinen Trainer und den ganzen Verband durchgesetzt – und es hat funktioniert." Und so wurde die WM im eigenen Land der krönende Höhepunkt ihrer Karriere. Vor den Augen von 50.000 Zuschauern, darunter auch Bundeskanzler Ludwig Erhard, gewannen Kilius und Bäumler in einer hauchdünnen 5:4-Entscheidung zum zweiten Mal WM-Gold.
Vom Profi-Sport auf die Showbühne
Im Anschluss an den letzten großen sportlichen Erfolg standen die Showproduzenten, Filmemacher und Plattenlabels Schlange. Der Kinofilm "Die Große Kür" mit Heinz Erhardt, Gunter Philipp, Peter Kraus und natürlich Kilius/Bäumler wurde zum Kassenschlager. Mit den Songs "Honeymoon in St. Tropez" und "Cowboys träumen" schaffte es Marika innerhalb weniger Wochen auf die Spitzenplätze der deutschen Schlagerparade.
Viele Jahre waren die beiden danach bei der berühmten Eisshow "Holiday on Ice" unter Vertrag und tourten durch Europa. Marika Kilius ließ sich auch vom Karriereende ihres Partners 1980 nicht vom Weg abbringen. Sie holte sich einen neuen Partner und tourte weiter, bis sie schließlich mit Mitte 40 ihre Karriere als Eiskunstläuferin beendete.
Auch Jahre später zieht das Duo noch immer
Marika Kilius blieb auch nach ihrer Karriere die "Grande Dame" des Eiskunstlaufens. Bis heute ist sie gefragt als Unternehmerin, Ballgast und in Talkshows. Als sie mit ihrem Partner Hans-Jürgen Bäumler als gedachten Marketinggag im März 1999 ihre Rückkehr auf das Eis bekannt gaben, stand die Yellow Press Schlange, um Fotos zu machen, die 2.000 Tickets waren in Minuten vergriffen und die Eishalle in Bad Liebenzell hatte 50.000 Anfragen nach Eintrittskarten.
Reflektierend auf ihr Leben sagte Marika Kilius dem hr-sport: "Ich freue mich eigentlich, dass ich immer noch so gesund bin, das ist doch das Wichtigste im Leben überhaupt. Wenn man älter wird, lernt man das zu schätzen. Wenn der Tod kommt, dann kommt er, dann geht es irgendwo anders für mich weiter."