New York Yankees, Boston Red Sox, Hünstetten Storm Dieser Provinzverein mischt die Baseball-Bundesliga auf
Wer an Baseball denkt, denkt an die USA – an New York oder Los Angeles. Aber auch im Rheingau-Taunus-Kreis wird von einer Base zur nächsten gehechtet. Und das nun schon im zweiten Jahr auf höchstem Niveau.
US-Sport ist ja im Moment wieder das Ding in Deutschland. Die National Football League hat in den vergangenen Jahren gleich drei Spiele auf deutschem Boden (und zwei davon in Frankfurt) ausgetragen. Die deutsche Basketball-Nationalmannschaft ist zum ersten Mal in ihrer Geschichte Weltmeister geworden, die Vereine können sich seither vor neuen jungen Mitgliedern kaum retten. Nur Baseball, US-amerikanische Nationalsportart Nummer drei, hat im Land der Dichter und Denker noch nicht richtig Fuß gefasst. Könnte man zumindest meinen.
Denn: In Hünstetten (Rheingau-Taunus) würde man da sofort widersprechen. Im Ortsteil Limbach (669 Einwohner, Stand 2020) gibt es nämlich nicht nur eine der wenigen Windhund-Rennbahnen Deutschlands, sondern auch das Dickman Field, die Heimspielstätte von Baseball-Bundesligist Hünstetten Storm.
Dickman entfachte die Baseball-Leidenschaft
Das 500.000 Euro teure Baseball-Feld, das inmitten von landwirtschaftlich genutzten Feldern liegt, haben die Hünstettener Namensgeber Bill Dickman zu verdanken. Der US-Amerikaner, der seit 35 Jahren in der Region lebt, hat seinen Heimatsport quasi importiert. Vor 20 Jahren organisierte er einen Kennenlerntag, um auszuloten, ob er die Deutschen nicht für seinen geliebten Sport begeistern könnte. "Und da kamen 200 Leute", erzählt der 60-Jährige dem hr-sport. "Da wussten wir, wir müssen irgendwas machen."
Aus "irgendwas" ist Hünstetten Storm geworden. Ein Baseball-Verein, der inzwischen schon im zweiten Jahr in Folge Bundesliga spielt. Einige der Erstliga-Spieler von heute sind übrigens Kinder, die auch damals, beim Kennenlern-Tag vor 20 Jahren, dabei waren.
Erfolg ist Familien-Sache
"Wir sind ein kleiner Verein, alles ist familiär. Jeder kennt jeden und jeder ist für jeden da", sagt Eigengewächs Phil Meyer, der drei Jahre nach dem Kennenlerntag mit dem Baseball begann. Und auch Importspieler Jake Gentry, der erst seit zwei Wochen in Deutschland ist, schwärmt: "Alle sind super freundlich hier und egal was ist und was ich brauche: alle helfen", so der US-Amerikaner.
Erster Ansprechpartner ist natürlich Dickman, die gute Seele des Clubs. Weil seine Kinder schon lange aus dem Haus sind und er genügend Platz hat, darf Gentry einfach bei ihm wohnen. Zum Dank schlug sein Gast mit seinem ersten Versuch im ersten Saisonspiel gleich mal den Ball aus dem Dickman Field. Ein sogenannter Homerun.
Das "kleine Dorf" hat noch große Ziele
Hünstetten ist auch für einen deutschen Baseball-Verein eher eine kleine Nummer. Die Gegner in der Bundesliga heißen Mainz, Stuttgart oder Heidenheim. In ihrer ersten Saison mussten die Hessen in die Play-downs, um die Klasse zu halten – und schickten Baseball-Urgestein Mannheim sensationell in Liga zwei.
Zwar hat Storm schon viel geleistet in seiner noch jungen Historie, satt sind sie im Rheingau-Taunus-Kreis aber noch lange nicht. "Ich würde mich sehr freuen, wenn wir zeigen können, dass auch ein kleines Dorf deutscher Meister werden kann", sendet der erste Vorsitzende Sebastian Willsch gleich zu Saisonbeginn eine Kampfansage an die Liga. Die Hünstettener Erfolgsgeschichte darf gerne noch um einige Kapitel länger werden.