TV-Experte und Ex-Profi Kittel im Interview "Bei diesem Radrennen spürt man immer eine Tradition"

Wer ist der Top-Favorit auf den Sieg beim Frankfurter Radrennen am 1. Mai? Wie verändert die neue Strecke den Rennverlauf? Und wie stehen die Chancen von John Degenkolb und Co.? Diese und andere Fragen beantwortet Ex-Profi und TV-Experte Marcel Kittel im Interview.

Marcel Kittel
Februar 2019: Marcel Kittel gewinnt die letzte Etappe der damaligen Mallorca Challenge. Bild © Imago Images
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Marcel Kittel
Marcel Kittel Bild © hessenschau.de
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Beim Radrennen Eschborn-Frankfurt am 1. Mai (ab 12 Uhr im hr-fernsehen und im Livestream auf hessenschau.de) kommt Marcel Kittel wieder als TV-Experte zum Einsatz. Der langjährige Profi ist bis heute einer der erfolgreichsten deutschen Radrennfahrer, gewann als Sprintspezialist unter anderem 14 Etappen bei der Tour der France. 2019 beendete der heute 34-Jährige seine Karriere.

hessenschau.de: Beim Frankfurter Radrennen geht es in diesem Jahr gleich zwei Mal über den Feldberg und am Mammolshainer Stich drei Mal über eine weitere, knackige Rampe im Taunus. Was hätte der Sprinter Marcel Kittel zu aktiven Zeiten beim Blick auf dieses Höhenprofil gedacht?

Marcel Kittel: Ich hätte erst einmal den Sportlichen Leiter des Rennens, Fabian Wegmann, verflucht (lacht). Aus Sprinter-Sicht ist das ein richtig harter Brocken, 3.000 Höhenmeter wären für mich als puren Sprinter damals zu viel gewesen. Das sind auch keine kurzen Berge, da wird richtig Radrennen gefahren. Ich glaube aber auch, dass Eschborn-Frankfurt nie ein Rennen für die absolut reinen Sprinter war. Es hatte immer schon seine Herausforderungen, und in diesem Sinne sehe ich auch diese Kursveränderungen: Das Profil als Rennen für Klassikertypen wurde geschärft.

hessenschau.de: Das heißt: Tendenziell erleben wir am 1. Mai einen anderen Rennverlauf als üblich – vielleicht sogar ohne einen Sprint am Ende.

Kittel: Das würde ich nicht sagen. Ich glaube, dass wir am Ende immer noch einen Sprint aus einer größeren Gruppe haben werden. Ganz ähnlich wie in den vergangenen Jahren, es ist ja nie ein riesengroßes Hauptfeld angekommen. Die Frage ist: Wie kaputt sind alle Fahrer nach den zusätzlichen Höhenmetern am Feldberg? Was passiert beim zweiten Mal Feldberg? Schafft es jemand nach dem letzten Mal Mammolshainer Berg solo bis ins Ziel? Das wird sehr spannend.

Das Streckenprofil von Eschborn-Frankfurt 2023
Das Streckenprofil von Eschborn-Frankfurt 2023 Bild © Eschborn-Frankfurt

hessenschau.de: Nach der dritten und letzten Mammolshainer-Passage sind noch etwa 35 Kilometer zu fahren. Kann dort in diesem Jahr schon die Entscheidung fallen?

Kittel: Auf jeden Fall. Das ist die letzte, gute Möglichkeit, um noch einmal richtig anzugreifen. Der Mammolshainer ist definitiv ein guter Ort, um das Rennen im Finale noch einmal richtig schwer zu machen.

hessenschau.de: Fabian Wegmann ist sich sicher, dass die Anpassungen an der Strecke den deutschen Fahrern entgegenkommen. Wie schätzen Sie die Chancen von John Degenkolb und Co. ein?

Kittel: Meine Meinung ist: Für die deutschen Rennfahrer standen die Chancen lange, lange nicht mehr so gut wie in diesem Jahr. Während der Klassiker-Saison haben viele Jungs gezeigt, dass sie richtig gut in Form sind. Neben "Dege" denke ich da zum Beispiel auch an Max Walscheid, Jonas Rutsch oder Georg Steinhauser, der eine gute Tour of the Alps gefahren ist.

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John Degenkolb
John Degenkolb Bild © Imago Images
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hessenschau.de: Das deutsche World-Tour-Team Bora-hansgrohe kommt mit Vorjahressieger Sam Bennett zur Startlinie in Eschborn, schickt aber auch Emanuel Buchmann ins Rennen. Wie ist der Tour-Vierte von 2019 bei diesem Klassiker einzuschätzen?

Kittel: Ich glaube nicht, dass Eschborn-Frankfurt das perfekte Rennen für ihn ist – aus dem einfachen Grund, weil es am Ende flach ist und nicht berghoch geht. Wenn Bora in der Taktik auf Buchmann setzt, muss das Rennen von Anfang an richtig schwer sein.

hessenschau.de: Wer ist Ihr Favorit auf den Sieg am 1. Mai?

Kittel: Der Belgier Jasper Philipsen vom Team Alpecin-Deceuninck – weil er eine wahnsinnige Klassiker-Saison gefahren ist. Bei den wichtigen Klassikern ist er immer in die Top 4 gefahren. Er ist wahnsinnig sprintstark, ihm liegt so ein Rennen mit ein paar Höhenmetern. Zusammen mit seiner Mannschaft ist er für mich einer der Top-Favoriten auf den Sieg.

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hessenschau.de: Sie selbst sind während Ihrer Karriere zwei Mal beim Frankfurter Radrennen an den Start gegangen. Wie sehen Ihre Erinnerungen aus?

Kittel: Ich erinnere mich an ein besonderes Rennen, weil man dort immer eine Tradition spürt. Die Fans, die Zuschauer, alle gehen komplett mit und feiern diesen Tag entlang der Strecke. Das habe ich immer sehr genossen.

Das Interview führte Patrick Stricker.

Quelle: hessenschau.de