Odenwälder Tischtennis-Star beendet internationale Karriere Timo Bolls emotionaler Abschied: "Ein ganz Großer tritt ab"
Tischtennis-Star Timo Boll verlässt die internationale Bühne. Der Odenwälder verabschiedet sich mit Tränen in den Augen - und ohne konkreten Plan für die Zukunft. Kumpel Dirk Nowitzki aber macht ihm die Sport-Rente schmackhaft.
Noch viele Minuten nach dem letzten verlorenen Match seiner Karriere klatschte die ganze Pariser Arena für Timo Boll, die "Timo, Timo"-Sprechchöre wollten nicht enden. Und während der Hallensprecher Bolls wirklich lange Erfolgsliste vortrug, lauschte Deutschlands bester Tischtennisspieler der Geschichte der Laudatio andächtig und mit nassen Augen.
Es war ein würdiger Abschluss einer großen internationalen Karriere. "Ich kann ganz zufrieden sein, wie die vergangenen 25 Jahre gelaufen sind. Und ich werde wirklich sehr viel vermissen", sagte Rekordeuropameister Boll nach der 0:3-Niederlage mit dem deutschen Team gegen Schweden im olympischen Viertelfinale von Paris: "Es hat sich aber alles bis heute richtig angefühlt."
Was kommt jetzt? "Ich weiß es nicht genau"
Der Abschiedsschmerz war nach dem Aus mit der DTTB-Auswahl um seinen langjährigen Kollegen Dimitrij Ovtcharov bei Boll greifbar. "Ich kenne die Jungs schon so lange, mit Dima spiele ich seit 18 Jahren, das ist wirklich eine kleine Familie", sagte Boll: "Ich bin gerade schon sehr emotional." Wie es jetzt mit ihm weitergeht? "Ich weiß es noch nicht genau", sagte Boll.
Ob der Bundestrainer-Posten etwas für ihn wäre, den derzeit Jörg Roßkopf, die Ikone der Vor-Boll-Zeit bekleidet? "Der Rossi macht das schon sehr gut", sagte Boll: "Nee, ich brauche ein, zwei Jahre, um den Kopf freizubekommen, in ein paar Sachen reinzuschnuppern, und dann zu entscheiden, was etwas für mich ist. Ich wollte mich nicht zu früh festlegen, dazu war ich noch viel zu sehr Sportler. Ich lasse meine Karriere jetzt gemütlich in der Bundesliga ausklingen. Und dann schaue ich mal."
Den ursprünglichen Nach-Karriere-Plan hat er ad acta gelegt: "Ich habe gedacht, ich spiele bis Ende 20 und dann mache ich wahrscheinlich eine Ausbildung als Bankkaufmann. Keine Ahnung, ob es dafür jetzt zu spät ist."
Ehrenrunde für Boll
Dirk Nowitzki, ein guter Freund Bolls, machte ihm die sportliche Rente schmackhaft. "Es liegen viele schöne Zeiten vor ihm", sagte die Basketball-Legende: "Wir Athleten haben immer ein bisschen Angst davor, aufzuhören. Wenn man eine Sache 20, 25, 30 Jahre lang gemacht hat – da gehört eine gewisse Leere dazu erstmal. Das Leben danach ist aber nicht so schlimm, wie es sich anhört."
Nowitzki verfolgte die letzten Olympia-Partien Bolls von der Tribüne, applaudierte und filmte, wie das Publikum den früheren Weltranglistenersten auf dessen Ehrenrunde huldigte. "Ein ganz Großer tritt ab. Es hat mich gefreut, dass es geklappt hat, dass ich dabei sein konnte", sagte der frühere NBA-Champion. "Ich habe Timo 2008 kennengelernt bei den Olympischen Spielen in Peking, wir sind seitdem sehr, sehr gut befreundet. Wir sehen uns oft im Jahr, schreiben uns oft. Er ist ein herzensguter Mensch."
Nowitzki adelt das "Odenwälder Kampfschwein"
Wie Nowitzki geht auch Boll als einer der größten deutschen Sportler in die Geschichte ein. Vier Team-Medaillen bei Olympia, zweimal Einzel-Edelmetall bei der WM und acht EM-Titel stehen in der Statistik des Hessen. "Er hat alles seinem Sport gegeben", sagte Nowitzki und verriet seinen Spitznamen für Boll: "Ich habe immer Kampfschwein zu ihm gesagt, er ist ein Odenwälder Kampfschwein."