Pilotprojekt im Odenwald Leerfahrten dank Künstlicher Intelligenz vermeiden
Weniger Leerfahrten dank Künstlicher Intelligenz: Das verspricht eine Logistikplattform im Odenwald. Das KI-gestützte Tool erkennt freie Ladeflächen bei den Fahrzeugen registrierter Unternehmen. Andere Firmen können diese dann buchen. Das spart nicht nur CO2-Emissionen, sondern auch Zeit und Geld.
Christine Walther arbeitet für die Rats-Apotheke in Michelstadt. Dazu gehört auch, Medikamente zu den Kunden zu fahren. Mehrmals in der Woche ist die 58-Jährige mit dem Elektroauto unterwegs, das Fahrzeug war bislang nie voll ausgelastet. Es gibt also genug Platz für andere Güter.
Die Ladeflächen regionaler Unternehmen wie der Rats-Apotheke sollen nun effizienter genutzt werden. Das ist das Ziel der neuen KI-gestützten Logistikplattform "Garantiert geliefert" im Odenwaldkreis. Seit knapp einer Woche wird sie getestet. Christine Walther von der Rats-Apotheke transportiert jetzt neben den Medikamenten auch mal Nudeln eines regionalen Anbieters.
56 Prozent Leerfahrten
Projektreferent René Karg hat das Projekt für die Odenwald-Regional-Gesellschaft mbH aufgesetzt. Der Auftrag kam vom Kreisausschuss des Odenwaldkreises. "Der Vorteil ist, dass hier Unternehmen im Kreis für andere Unternehmen was mitnehmen. Das heißt, ein Unternehmen spart Fahrten und wir tun auch der Umwelt etwas Gutes." Das Einsparpotenzial gerade im ländlichen Raum sei groß.
56 Prozent der regionalen gewerblichen Fahrten seien Leerfahrten, sagt Karg. Aufgrund kleiner Gütermengen und weiter Wege seien klassische Liefersysteme im ländlichen Raum oft weder rentabel noch effizient. Hier setze die KI-gestützte Logistikplattform an.
Klimafreundlicher und schneller als Paketdienste
Das Angebot von "Garantiert geliefert" ist nicht nur klimafreundlicher als der Paketdienst, sondern auch günstiger und schneller. Der lokale Nudelhersteller zahle für den Transport nur die Hälfte der Kosten, die bei einem herkömmlichen Paketdienst anfielen, so Projektreferent Karg. Und: Die Ware wird laut Karg innerhalb eines Tages abgeholt und zugestellt.
"Wir müssen keine Pakete in Paketzentren nach außerhalb fahren und dann wieder zurückfahren", sagt Karg. "Die Unternehmen vor Ort kennen sich und stärken sich gegenseitig. Das ist nicht nur gut für den Klimaschutz, sondern auch für die Wirtschaft hier in der Region."
Energiefresser Rechenzentrum
Doch was hier auf den Straßen im Odenwald an CO2-Emissionen eingespart wird, wird auf der anderen Seite teilweise wieder rausgeblasen. Denn die digitale Infrastruktur und insbesondere die generative KI, die immer mehr Unternehmen nutzen, verbraucht sehr viel Energie. Unter generativer KI versteht man Künstliche Intelligenzen, die neue Inhalte generieren, etwa Bilder, Videos und Texte. Chat GPT benötigt pro Anfrage zum Beispiel rund zehnmal mehr Strom als eine Google-Suche.
Dass die Nachfrage nach Rechenleistung steigt, sieht man am steigenden Strombedarf von Rechenzentren - vor allem in Hessen. Denn hier im Rhein-Main-Gebiet gibt es bundesweit die meisten Rechenzentren und Cloud-Dienste.
Während der Verbrauch 2010 noch bei 2,7 Milliarden Kilowattstunden lag, ist er bis 2021 auf 4,9 Milliarden gestiegen. Bis 2030 könnte er sogar auf 8,3 Milliarden Kilowattstunden ansteigen. Denn es gibt immer mehr Cloud-Dienste, eine wachsende IT-Infrastruktur und mehr fortschrittliche, generative KI.
Das Energieeffizienzgesetz, das seit November 2023 in Kraft ist, sieht für alle Rechenzentren ab einer IT-Anschlussleistung von 300 Kilowatt vor, dass diese ab 2027 zumindest auf dem Papier klimaneutral sein müssen. Aktuell trifft dies auf 66 Prozent aller Rechenzentren in Deutschland zu.
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Einsparpotenzial "gigantisch"
Doch trotz des hohen Energieverbrauchs von KI: Gerade in ländlichen Regionen wie im Odenwald kann durch weniger Autofahrten viel CO2 eingespart werden, wie Raven Musialik erklärt. Als Projektmanager Logistik und Verkehr bei der LaLoG LandLogistik GmbH aus Frankfurt an der Oder hat er das Pilotprojekt im Odenwald unterstützt. LaLoG hat sich auf innovative Logistiklösungen spezialisiert, insbesondere für den ländlichen Raum.
"Je nach Antriebstechnologie und Distanzen fallen die Einsparungen unterschiedlich aus. Aber je mehr Betriebe in der Region an dem System teilnehmen, desto effizienter werden wir", sagt Musialik. Grundsätzlich sei das Einsparpotenzial gigantisch.
Das Kraftfahrtbundesamt rechnet mit fast 40 Prozent Leerfahrten im Lieferverkehr in Deutschland. Die nicht gänzlich leeren, aber unausgelasteten Fahrten kommen noch hinzu.
Förderung durchs Digitalministerium
Der größte Teil der CO2-Emissionen entsteht auch in Hessen noch immer im Straßenverkehr. 2022 wurden insgesamt 32,6 Millionen Tonnen CO2 ausgestoßen, davon entfielen 12,3 Millionen Tonnen CO2 auf den Verkehrssektor: 12,0 Millionen Tonnen davon im Straßenverkehr, die übrigen 0,3 Millionen Tonnen stieß der nationale Luftverkehr aus.
Die Rats-Apotheke in Michelstadt nutzt ein Elektroauto. Eine Apotheken-Tour von Christine Walther spart auch durch das Elektroauto rund drei Kilogramm CO2. Aktuell ist das KI-Pilotprojekt im Odenwald allerdings noch in der Testphase.
Das Projekt wird mit 1,2 Millionen Euro durch das Hessische Digitalministerium gefördert. Bislang beteiligen sich rund 20 regionale Unternehmen, bis Ende März, wenn die Testphase ausläuft, sollen es 54 sein. Dann wird die KI-gestützte Logistikplattform von der LaLoG LandLogistik GmbH übernommen.