230 Jobs weg Belegschaft von Langener Brillenglashersteller Optovision geschockt
Der Langener Brillenglashersteller Optovision streicht zwei Drittel seiner Stellen. Die Produktion soll ins Ausland verlagert werden. Viele Mitarbeiter - darunter Ehepaare und ganze Familien - wissen nun nicht, wie es mit ihnen weitergehen soll.
"Absoluter Schock. Völlig am Boden zerstört. Wie soll es weitergehen?" – Das sind Reaktionen, die Kerstin Sburlea in den letzten Tagen immer wieder zu hören bekommt. Sie ist die Betriebsrätin des Traditionsunternehmens Optovision, das seit 45 Jahren in Langen (Offenbach) Brillengläser produziert.
Verlegung der Produktion ins Ausland
Doch damit soll bald Schluss sein. Optovision verlegt die Produktion ins tschechische Klattau und nach Thailand, wie die Geschäftsführung der Belegschaft und dem Betriebsrat in der vergangenen Woche mitgeteilt hat. Rund 230 der 360 hessischen Arbeitsplätze sollen wegfallen.
"Wir haben sehr viele Ehepaare, auch Geschwister, ganze Familien, die hier arbeiten", skizziert Sburlea die möglichen Auswirkungen des Wegzugs aus Langen auf persönliche Schicksale. Manche hätten sich hier eine Immobilie gekauft, andere stünden kurz vor der Rente und wüssten nicht, ob sie noch einmal eine Arbeit finden.
Der Flurfunk habe schon seit einem Jahr gemutmaßt, dass etwas im Busch sei. In den letzten Wochen seien die Gerüchte lauter geworden, so Sburlea. Dennoch sei die Mitteilung der Geschäftsführung und damit die Gewissheit für die Belegschaft ein schwerer Schlag gewesen.
Keine finanzielle Schieflage
In finanzieller Schieflage befindet sich das Unternehmen nicht, wie auch Firmensprecher Alexander de Vries bestätigt. Doch eine weltweit sinkende Nachfrage und das Wegbrechen eines Großkunden hätten für überschüssige Produktionskapazitäten innerhalb der Rodenstock-Gruppe gesorgt, zu der Optovision seit 1998 gehört. Zudem sei Deutschland im Vergleich zu anderen Standorten teuer.
Noch vor zehn Jahren war das kein Grund für eine Abwanderung. Nicht ohne Stolz hatte Optovision 2015 weitere Millionen-Investitionen in den Standort Langen verkündet und dies als "wichtigen Meilenstein" gefeiert.
"Made in Germany" war mal Firmenphilosophie
"Made in Germany" sei Kernbestandteil der Unternehmensphilosophie und der Langfriststrategie, hieß es vom damaligen Geschäftsführer Axel Kellersmann. "Dafür investieren wir seit Jahren in den Weg der kontinuierlichen Modernisierung und verzichten darauf, die Produktion ins kostengünstigere Ausland zu verlagern."
Doch die Rahmenbedingungen hätten sich geändert, so de Vries. Von einer Neuausrichtung ist die Rede. Man wolle sich für einen zunehmenden Wettbewerb rechtzeitig aufstellen, um weiterhin gute Qualität zu guten Preisen anbieten zu können. Die Produktionsverlagerung sei somit auch eine präventive Maßnahme.
Betriebsrätin: Geht um Profit
Betriebsrätin Sburlea vermutet allerdings, dass der Einschnitt vielmehr etwas damit zu tun haben könnte, dass Rodenstock 2021 vom Private-Equity-Investor Apax übernommen wurde. Dem gehe es um Profitmaximierung, glaubt die Betriebsrätin und scheut sich nicht, in diesem Zusammenhang das Bild von der "Heuschrecke" zu bemühen.
Wie Standortschließungen ganze Familien treffen können, hatte sich zuletzt auch in Reinheim (Darmstadt-Dieburg) gezeigt. Hier hatte das Pharmaunternehmen Merz im Sommer 2024 angekündigt, mit der Produktion wegzuziehen. Auch dort hatte der Betriebsrat darauf hingewiesen, dass es unter den Mitarbeitern Ehepaare gebe, die nun doppelt getroffen seien.
Verwaltung bleibt in Hessen
Immerhin: ein gutes Drittel der Langener Belegschaft darf bleiben, nämlich jene rund 130 Beschäftigten, die das Glück haben, nicht in der Produktion, sondern in Verwaltung und Vertrieb zu arbeiten - zur Sicherung der vorhandenen Kunden- und Markenexpertise, wie das Unternehmen mitteilte.
Einen Umzug müssen sie allerdings in Kauf nehmen. Der Firmensitz gegenüber der Deutschen Flugsicherung (DFS) soll verkauft werden. Die Restbelegschaft werde in einem kleineren Gebäude arbeiten, das noch gefunden werden muss, sagt de Vries. Es solle aber in Langen oder der näheren Umgebung sein.
Umfangreiches Maßnahmenpaket
Noch sind die Details über die Massenentlassungen nicht geklärt. "Wir befinden uns noch in der Informationsphase", sagt Sburlea. Der Betriebsrat suche externe Unterstützung bei einer Anwältin und einer Beratungsgesellschaft, um Gegenkonzepte zur Schließung zu erarbeiten.
Von Unternehmensseite heißt es, man plane ein "umfangreiches Maßnahmenpaket" um betroffene Mitarbeiter zu unterstützen". Die Verhandlungen mit dem Betriebsrat über einen Sozialplan oder Interessensausgleich stünden noch an. Man wolle noch in diesem Jahr zu einem Ergebnis kommen.