430 Millionen Euro Investition in Marburg Produktionsanlage für lebenswichtige Medikamente eröffnet
Viele Medikamente werden aus Blutplasma gewonnen. Für den aufwendigen Produktionsprozess hat CSL Behring in Marburg nun eine neue Anlage gebaut. Es geht um viel Geld – und um Stoffe, die lebenswichtig sein können.
Von außen wirkt der sechsstöckige Industriebau recht unspektakulär. Drinnen befinden sich 10.000 Quadratmeter Produktionsfläche voller Glas und Edelstahl: Geräte und Behälter, die durch Rohre und Schläuche miteinander verbunden sind. Überall ist Blut - zumindest ein Teil davon: das Plasma.
Unter manchen Medizinern und Forschern wird es auch "flüssiges Gold" genannt. Denn es ist nicht blutrot. Blutplasma ist goldgelb. Und extrem wertvoll.
"Wundkleber" bei Operationen
Ob Gerinnungsstörungen, Immundefekte oder Wundverschluss - viele Medikamente, die in solchen Fällen gebraucht werden, haben eins gemeinsam: Die Grundstoffe werden aus gespendetem menschlichem Plasma gewonnen. In der Intensivmedizin kommen solche Arzneimittel beispielsweise als eine Art "Wundkleber" bei Operationen zum Einsatz.
Die neue Produktionsanlage, die CSL Behring am Standort Behringwerke in Marburg am Donnerstag eröffnete, hat über 430 Millionen Euro gekostet. Es ist eins der finanziell aufwendigsten Bauprojekte Mittelhessens der letzten Jahre und eine der größten Anlagen dieser Art in Deutschland.
"Phoenix" liefert Grundstoff für 20 Medikamente
Zugegebenermaßen, die offizielle Bezeichnung ist etwas sperrig: Basisfraktionierungsanlage. Vielleicht hat das Projekt auch deshalb den umso klangvolleren Beinamen "Phoenix" bekommen. Die neue Anlage gilt laut CSL Behring als "Herzstück" sämtlicher Produktionsprozesse für Medikamente, die das Unternehmen aus Blutplasma herstellt - rund 20 sind das.
Projektleiter Markus Ries von CSL Behring erklärt: Das gespendete Plasma werde tiefgefroren angeliefert und dann zunächst aufgetaut. "Dann reinigen wir es weiter mit Zentrifugen und nehmen irgendwann Ethanol dazu, um eine sogenannte Fällung durchzuführen." Das bedeutet: Einzelne Proteine werden aus dem Plasma isoliert und dann abgetrennt.
Diese sogenannte Fraktionierung erfolgt in der neuen Anlage laut CSL Behring nun wesentlich effektiver als bisher: Man könne nun das Vierfache an Grundstoffen gewinnen. Wie viel genau das ist, das will man bei CSL Behring allerdings nicht sagen – aus Wettbewerbsgründen, heißt es.
Wettbewerber: Biotest in Dreieich
Ein weiteres - wenn auch nicht ganz so großes - Unternehmen wie CSL Behring im Bereich der Plasmafraktionierung ist in Hessen Biotest in Dreieich (Offenbach). Auch Biotest hat in den vergangenen Jahren große Summen investiert, um die Produktionskapazitäten zu erhöhen.
Für rund 300 Millionen Euro wurde auch hier eine neue Basisfraktionierungsanlage gebaut und letztes Jahr in Betrieb genommen. Sie kann laut Biotest rund drei Millionen Liter Plasma verarbeiten. Biotest entwickelt derzeit beispielsweise ein Plasmaproteinpräparat, um Covid-19-Patienten zu behandeln.
Gewerbesteuern für die Stadt
Um viel Geld geht es auch für Marburg. Der Pharmastandort ist mit etwa 7.000 Mitarbeitenden für die Stadt von großer Bedeutung: Er sichert Arbeitsplätze und Steuereinnahmen.
Am Standort vertreten sind neben CSL Behring auch noch andere internationale Unternehmen, wie GSK, Siemens Healthcare und seit 2020 auch das Mainzer Unternehmen Biontech. Seit Produktionsbeginn des Covid-Impfstoffs in Marburg sind die Gewerbesteuer-Einnahmen der Stadt sprunghaft angestiegen.
Oberbürgermeister Thomas Spies (SPD) sagte bei der Eröffnung der neuen Anlage: CSL Behring sei aufgrund seiner Größe und Kontinuität in Marburg ein zentraler Faktor wirtschaftlicher Stabilität in der Region. "Und ich will nicht verhehlen: Gewerbesteuern machen Oberbürgermeistern auch das Leben leichter."
Sendung: hr4, 23.3.23, 15.30 Uhr
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