Klagen gegen eigene Mieter Ärger um Rauchmelder in Vonovia-Wohnungen eskaliert
Die Wohnungsgesellschaft will in Hessen sogenannte smarte Rauchmelder in ihren Wohnungen einbauen - und deswegen die Miete erhöhen. Viele Mieterinnen und Mieter sind damit nicht einverstanden, fühlen sich sogar überwacht. Vonovia droht mit Klagen, ein erstes Verfahren steht bereits an.
"Ich hätte immer das Gefühl, er beobachtet mich", sagt Silvia Hinze – und meint damit einen Rauchmelder. Der soll demnächst in ihrer Darmstädter Wohnung eingebaut werden, wie Hinzes Vermieterin, Deutschlands größte Wohngesellschaft Vonovia, per Brief angekündigt hat.
Eine ungewöhnliche Sorge bei einem Rauchmelder, in diesem Fall aber nicht ganz unbegründet. Denn bei den Geräten, die eingebaut werden, handelt es sich nicht um gewöhnliche Rauchmelder, wie sie in vielen Wohnungen und Häusern hängen. Vonovia will bei Hinze und allen anderen Mieterinnen und Mietern ein Modell installieren, das den Zusatz "Multisensor Plus" trägt.
Rauchmelder sammelt Daten aus den Wohnungen
Dieser Rauchmelder löst nicht nur Alarm bei Rauch und Hitze aus, sondern warnt auch vor zu hoher Kohlenmonoxidbelastung und misst das Raumklima, wie etwa Temperatur oder Luftfeuchtigkeit. Sprich: Er sammelt Daten aus der Wohnung, die an Vonovia übertragen werden.
Das bereitet Hinze Unbehagen: "Ich würde mich in meiner eigenen Wohnung nicht mehr wohlfühlen", sagt sie. Hinze glaubt, dass sich aus den Daten, die das Gerät sammelt, leicht ein Bewegungsprofil erstellen ließe. Man könnte etwa feststellen, wann der Mieter oder die Mieterin zu Hause ist, wie oft gelüftet oder geheizt wird. "Das kommt für mich einer Überwachung gleich", sagt Hinze.
Unter den Mietern macht sich Ärger breit
Sie ist mit ihrer Sorge nicht allein. Beim Mieterbund Darmstadt hätten sich bereits zahlreiche Menschen gemeldet und ihre Bedenken geäußert. Auch in anderen Vonovia-Siedlungen, wie etwa in Frankfurt oder Kassel, regt sich Widerstand. So berichtet etwa der Mietverein Hoechster Wohnen von zahlreichen Mieterinnen und Mietern, die sich beobachtet fühlen, wie die Frankfurter Rundschau schreibt.
Der Mieterbund Nordhessen lehnt den Einbau der Geräte nach eigenen Angaben "aus politischen, sozialen, ökologischen und aus Gründen des Datenschutzes ab".
Totalüberwachung oder harmlose Daten?
Rechtsanwältin Regina Kamm vom Darmstädter Mieterbund kann die Sorgen nachvollziehen: "Die Geräte sammeln Daten, die eine Totalüberwachung ermöglichen, und so etwas möchte man in seiner Wohnung nicht haben." Die Juristin rät deshalb, einem Einbau nicht zuzustimmen und im Zweifelsfall einfach die Tür nicht zu öffnen.
Vonovia wollte zu diesem Thema nicht ausführlich Stellung nehmen, ließ dem hr aber über einen Pressesprecher mitteilen, dass die Daten vor dem Zugriff Dritter sicher seien. Zudem böten die neuen Geräte eine höhere Sicherheit.
Auch bei der Hersteller-Firma Techem aus Eschborn (Main-Taunus) kann man die Aufregung nicht verstehen. "Wir speichern nur stündliche Mittelwerte, und das auch nur für 48 Stunden", erklärt Produktmanager Peter Arzbach. Mit diesen Daten sei es "schlicht unmöglich, ein Bewegungsprofil zu erstellen".
Mieterhöhung sorgt für noch mehr Ärger
Doch der Datenhunger der Rauchmelder ist nicht der einzige Stein des Anstoßes. Mit gut 130 Euro sind die neuen Geräte verhältnismäßig teuer. Eine Investition, die Vonovia auf die Mieter und Mieterinnen umlegen will. Um rund sechs Euro soll die monatliche Miete nach Einbau steigen.
Vonovia spricht von einer Modernisierungsmaßnahme, Rechtsanwältin Kamm aus Darmstadt dagegen von einer Gelddruckmaschine für das Immobilienunternehmen mit rund 32.000 Wohnungen in Hessen. "Das klingt erst einmal nicht viel, ist aber für viele Menschen, die sich schon jetzt die Miete kaum leisten können, sehr schmerzhaft", so Kamm.
Vonovia ist sich der Sache aber sicher. Der Austausch von Rauchmeldern nach zehn Jahren - und so lange gibt es die Rauchmelderpflicht in Hessen bereits – ist vorgeschrieben. Die neuen Rauchmelder erhöhten den Gebrauchswert der Wohnungen und rechtfertigten somit auch die Mieterhöhung.
Vonovia mit erster Duldungsklage
Wer sich dem Einbau und der geplanten Mieterhöhung widersetze, müsse nach Angaben von Vonovia in allerletzter Konsequenz mit einer Duldungsklage rechnen. Damit kann die Wohnungsgesellschaft vor Gericht erwirken, dass Mieter eine Modernisierung dulden müssen.
Mit Unterstützung der Mietervereine wollen es Silvia Hinze und andere Mieter darauf ankommen lassen. In Kassel hat Vonovia die Drohung bereits wahr gemacht, dort steht ein erstes Gerichtsverfahren an, wie die involvierte Anwaltskanzlei dem hr bestätigt.