"Air Defender 23" Flughafen Frankfurt: Erste Verspätungen durch Militär-Manöver
Zwei Dutzend Nato-Staaten und Japan üben über Deutschland die Verlegung großer Luftstreitkräfte. Das Großmanöver könnte den zivilen Flugverkehr stören. An Deutschlands größtem Flughafen kommt es nun zu ersten Verspätungen.
Was Fluggästen in ganz Deutschland in den kommenden Tagen bevorstehen könnte, lässt sich aus der Sicht von Matthias Maas mit einem flächendeckenden, schweren Gewitter vergleichen. Auf bis zu 50.000 Minuten am Tag könnten sich die Flugverspätungen infolge des Militär-Manövers "Air Defender 23" summieren, schätzt die Flugsicherungsorganisation Eurocontrol. "Man sagt: 50.000 Minuten ist ein schwerer Gewittertag über Deutschland", erläutert Maas, der der Fluglotsen-Gewerkschaft GdF vorsitzt. Nur dass dieses Gewitter insgesamt zwölf Tage lang dauern soll.
Die Übung hat an diesem Montag begonnen und soll bis 23. Juni dauern. Beobachter sprechen von nicht weniger als einem "Manöver der Superlative". Unter der Führung der deutschen Luftwaffe üben 25 Staaten - von denen 24 der Nato angehören, dazu Japan - die Verlegung großer Luftstreitkräfte.
Das Manöver gilt als die größte Übung dieser Art seit Bestehen des westlichen Militärbündnisses. 2.000 Flüge sind geplant, rund 10.000 Soldatinnen und Soldaten beteiligt. 250 Flugzeuge wurden dafür zuletzt nach Deutschland verlegt, darunter 100 allein aus den USA.
Bundeswehr erwartet nur einzelne Verspätungen
Wie genau sich das Groß-Manöver auf den zivilen Luftverkehr auswirken wird, ist noch unklar. "Wir müssen mit Beeinträchtigungen rechnen, haben aber alles so gut vorbereitet, damit sich die Beeinträchtigungen des zivilen Luftraums so gering wie möglich halten", versichert Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP).
Die Bundeswehr geht bislang davon aus, dass es nur zu einzelnen Flugverspätungen kommen wird. Auch die Deutsche Flugsicherung erwartet in einer ersten Einschätzung "minimale Auswirkungen" von "Air Defender" auf den zivilen Luftverkehr hierzulande. Das klare Wetter sei "sehr hilfreich" bei der Koordinierung, sagte eine Sprecherin am Montagmittag.
Zweistellige Anzahl von Flügen betroffen
Bislang hat die Luftwaffenübung am Frankfurter Flughafen jedenfalls nur zu einzelnen Beeinträchtigungen geführt. Der Flugbetrieb laufe am Dienstag bisher "insgesamt stabil", sagte eine Sprecherin der Betreibergesellschaft Fraport. Es gebe einzelne Verspätungen. "Mit Blick auf den Tag wird sich die Übung voraussichtlich nur moderat auswirken."
Am Dienstag sind laut Fraport rund 1280 Flugbewegungen in Frankfurt geplant. Betroffen von Verspätungen oder Annullierungen sei eine zweistellige Zahl von Flügen.
Deutschlands größtes Luftverkehrskreuz liegt nicht direkt in einer Sperrzone, der sogenannte Übungsraum Süd grenzt jedoch unmittelbar südlich an den Airport und riegelt den Luftraum in diese Richtung quasi ab.
Starts nach Süden können sich daher zeitlich mit Übungsflügen im Rahmen des Manövers überschneiden. Am Vormittag finden die Flugübungen im Osten Deutschlands statt. Im Übungsraum Süd soll zwischen 13 und 17 Uhr geflogen werden. Im Norden Deutschlands wird bei "Air Defender" zwischen 16 und 20 Uhr geflogen.
Nur in Hamburg deutliche Verspätungen
Auch die anderen großen Flughäfen in Deutschland - mit Ausnahme von Hamburg, wo es laut dem Betreiber am Montag "zu zahlreichen Verspätungen" kam - meldeten einen weitgehend normalen Flugverkehr.
Ein Sprecher der Gewerkschaft der Flugsicherung GdF warnte am Montagnachmittag, es sei noch zu früh für eine Bilanz. Es bleibe abzuwarten, wie viele Verspätungen und Ausfälle es in den kommenden Tagen geben werde und wie viele Maschinen es nicht rechtzeitig vor Nachtflugverboten an die Flughäfen schaffen würden. Es gebe schon deshalb "massive Einschränkungen" für die zivile Luftfahrt, weil es in den drei Übungszonen über Deutschland zu stundenlangen Sperrungen für den Flugverkehr komme.
Nachtflugverbot wird aufgeweicht
Nicht nur Fluggäste dürften durch "Air Defender 23" beeinträchtigt werden. Denn bei manöverbedingten Verspätungen kann am Frankfurter Flughafen das bestehende Nachtflugverbot aufgeweicht werden. Starts und Landungen können somit bis 23. Juni auch zwischen 23 und 24 Uhr abgewickelt werden, falls notwendig.
Man habe sich diesbezüglich bereits mit den Landesluftfahrtsbehörden abgestimmt, bestätigte Alexander Klay, Pressesprecher des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) dem hr. Ziel der Maßnahme sei es, "den Luftverkehr" stabil zu halten.
Sendung: hr3, 12.06.2023, 17.40 Uhr
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