Spatenstich für 27 Kilometer Baubeginn für Lärmschutzwände im Mittelrheintal – Kritik an Maßnahmen

"Spürbar leiser" solle das Leben für die Menschen im Mittelrheintal werden, die als Anwohner vom Bahnlärm geplagt sind. Deswegen baut die Bahn nun 27 Kilometer Schutzwände. Für die Bürger ist das keine zufriedenstellende Lösung.

Eine Regionalbahn mit einer Info-Tafel zu Lärmeindämmungs-Maßnahmen.
Auch in Rüdesheim (Rheingau-Taunus) werden Lärmschutzwände gebaut. Bild © hr
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Lärmschutzwände im Mittelrheintal

hessenschau vom 30.01.2023
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In Weißenthurm bei Koblenz (Rheinland-Pfalz) sind am Montagvormittag symbolisch erste Spatenstiche erfolgt – ihnen folgen sollen konkrete Maßnahmen, die den teils extremen Bahnlärm im Mittelrheintal mildern. 27 Kilometer neue Schallschutzwände sollen entstehen und das Leben von rund 22.000 Anwohnerinnen und Anwohnern längerfristig "spürbar leiser" machen.

So hat es die Deutsche Bahn am Montag angekündigt. Den Angaben zufolge wollen Bahn und Bund sowie die Länder Rheinland-Pfalz und Hessen gemeinsam mehr als 130 Millionen Euro investieren. In 20 Kommunen von Leutesdorf (Rheinland-Pfalz) im Norden bis Eltville (Rheingau-Taunus) im Süden sollen bis zum Jahr 2028 Lärmschutzwände entstehen.

Schallschutz für den Rheingau

Ebenfalls linksrheinisch in Brey sowie rechtsrheinisch in Rüdesheim, Oestrich-Winkel, Hattenheim und Erbach ist bereits in diesem Jahr laut der Deutschen Bahn der Baustart für jeweils 1,8 Kilometer lange Schallschutzwände vorgesehen.

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) betonte in einer Mitteilung: "Lärm ist unsichtbar, hat aber unmittelbaren Einfluss auf die Lebensqualität der hier lebenden Menschen: Er schreckt auf, er beeinträchtigt die Gesundheit, er raubt einem den Schlaf." Daher werde massiv in Lärmschutz investiert, zumal für die Klimaschutzziele mehr Verkehr auf die Schiene verlagert und das Gleisnetz erweitert werden müsse.

"Mit den Lärmschutzwänden ist das Problem nicht gelöst"

Manfred von Stosch überzeugen weder Wissings Aussagen noch das Bauvorhaben. "Mit den Lärmschutzwänden ist das Problem nicht gelöst", sagt das Vorstandsmitglied der Bürgerinitiative "Bahnlärm Mittelrheintal" im hr-Gespräch. Denn der Lärm sei auch mit Schutzwänden immer noch enorm. Hinzu komme, dass Güterzüge wegen der erwähnten Klimaschutzziele immer länger und schwerer werden. "Dadurch entstehen für die Anwohner aber auch mehr Erschütterungen."

Von Stosch sagt, dass täglich, aber vor allem nächtlich, 250 Züge durch das Mittelrheintal führen. Er wünscht sich statt der Lärmschutzwände eine Umgehungsstrecke, die den Güterverkehr aus dem Tal holt und so auch Platz macht, um den Personenverkehr auszubauen. Auch, um mehr Menschen von der Straße auf die Schiene zu bringen.

Al-Wazir fordert weitere Maßnahmen

Berthold Huber, Vorstand Infrastruktur der Deutschen Bahn, erklärte, nur mit weniger Lärm könne für mehr klimafreundlichen Bahnverkehr die nötige Akzeptanz gewonnen werden. Auch die rheinland-pfälzische Mobilitätsministerin Katrin Eder (Grüne) begrüßte die Pläne. Doch im Kampf gegen Bahnlärm seien weitere Schritte nötig: "Hierfür benötigen wir eine rechtliche Grundlage wie die Einführung verbindlicher Grenzwerte."

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Der hessische Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) ergänzte: "Ziel sollte weiter sein, spätestens im Rahmen der geplanten Generalsanierung der rechten Rheinstrecke noch Mitte der zwanziger Jahre Lärmschutzmaßnahmen für weitere Kommunen umzusetzen."

Kritik von Pro Rheintal

Das Bürgernetzwerk Pro Rheintal kritisierte die aktuellen Pläne als unzureichend für Lärmschutz und Sicherheit. Der Verein forderte erneut ein Zug-Tempolimit von 50 Kilometern pro Stunde in den Dörfern und Städten an dem Flussabschnitt. Dieses sei "sofort umsetzbar".

Die rechtsrheinischen Gleise zwischen Wiesbaden und Koblenz sind laut Bahn Teil von Europas meistbefahrener Güterzugstrecke zwischen Genua und Rotterdam. Von Rüdesheim bis Koblenz erstreckt sich zwischen Berghängen das schalltrichterartige Welterbe Oberes Mittelrheintal mit engen Ortsdurchfahrten für Züge.

Alternativstraße für Güterzüge in weiter Ferne

Vergangenen August war eine Machbarkeitsstudie für eine Alternativtrasse für Güterzüge im Mittelrheintal vorgestellt worden. Die Kosten dafür lägen bei 6,8 Milliarden Euro und damit unter vorherigen Schätzungen des Bundes, sagte Bundesverkehrsminister Wissing. Die Studie sei an die Länder Hessen und Rheinland-Pfalz verschickt worden. Diese müssten diskutieren, ob die Kosten im richtigen Verhältnis zum Nutzen stünden.

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Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 30.01.2023, 16.45 Uhr

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Quelle: hessenschau.de, dpa/lhe