Bettina Orlopp im Porträt Die "treue Seele" der Commerzbank übernimmt das Ruder
Bettina Orlopp wird die erste Frau an der Spitze einer deutschen Privatbank - die Commerzbank. Die langjährige Finanzchefin des Frankfurter Instituts übernimmt die Führung in einer entscheidenden Phase des Unternehmens.
Als die Commerzbank in den sozialen Medien den Führungswechsel bekannt machte, gab es tausende Likes und Kommentare. Ein Herzenswunsch gehe in Erfüllung, schrieb etwa Sascha Übel, bei der Commerzbank stellvertretender Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats.
Andere Mitarbeiter äußerten sich ebenfalls euphorisch. Das sei eine großartige Entscheidung, Bettina Orlopp habe sich den Chefposten verdient. Am Dienstagabend hatte der Aufsichtsrat der Commerzbank die Entscheidung getroffen. Zur Begründung hieß es, Bettina Orlopp sei die ideale Besetzung für die Spitze der Bank, sie solle dort zeitnah den bisherigen Bankenchef Manfred Knof ablösen. Er will die Bank schon Ende des Monats verlassen, wurde am Mittwoch bekannt.
Eines ihrer Lieblingsworte ist "Kostenmanagement"
Aufrücken wird dann eine Bankenchefin, die bei der Belegschaft offensichtlich ankommt und das Finanzinstitut in- und auswendig kennt. Seit zehn Jahren ist die 54-Jährige bereits bei der Commerzbank, davon sieben Jahre im Vorstand. Dass sie dort mittlerweile für die Finanzen zuständig ist und deshalb den jahrelangen Sparkurs der Bank mitzuverantworten hat, scheint ihr dabei nicht geschadet zu haben.
Bei Pressekonferenzen zur Bekanntgabe der Geschäftszahlen saß die Finanzchefin in den vergangenen Jahren mit am Rednerpult. Sie wirkte stets akribisch vorbereitet und kompetent, gab allerdings teilweise recht technische Antworten, um Details zu Stellenstreichungen und anderen Sparmaßnahmen zu erklären.
Begriffe wie "Kostenmanagement" gehören offenbar zu ihren Lieblingswörtern. Tatsächlich konnte die Bank ihre Kosten senken und profitabler werden. Und so konnte Bettina Orlopp Anfang des Jahres mit sichtlichem Stolz verkünden: "Wir hatten ein erfolgreiches Jahr, die Ergebnisse des letzten Gesamtjahres sprechen für sich." Da hatte die Bank 2,2 Milliarden Euro verdient, so viel wie seit 15 Jahren nicht.
Die "treue Seele" der Commerzbank
Am 3. Juni 1970 in Solingen geboren, hat Bettina Orlopp zunächst an der Universität Regensburg Betriebswirtschaftslehre studiert und im Bereich Finanzierung promoviert. Auch dadurch bringt die 54-Jährige die nötige fachliche Expertise mit. Gleichzeitig wirkt sie in Gesprächen mit Journalisten zugewandt. Häufige Jobwechsel sind der Frankfurter Managerin fremd. Sie ist verheiratet und hat zwei Kinder.
Vor der Commerzbank hatte sie mit der Beratungsfirma McKinsey nur einen weiteren Arbeitgeber und bezeichnet sich selbst als "treue Seele". Frauen an der Spitze einer Bank sind bisher noch immer eine Seltenheit. Eine Ausnahme: Eva Wunsch-Weber leitet die Frankfurter Volksbank, eine genossenschaftliche Bank. Bundesweit werden auch einige Sparkassen von Frauen geführt.
Als neue Commerzbank-Chefin ist Bettina Orlopp nun die erste Frau, die eine deutsche Privatbank führt. Nach Angaben des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung betrug der Anteil der Frauen in den Vorständen großer deutscher Banken im letzten Jahr generell nur 17 Prozent.
Bescheiden und sehr geduldig
Immerhin unternehmen etliche Banken etwas dafür, um mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen - so auch die Commerzbank. Bereits 2010 startete ein entsprechendes Programm. Vergangenes Jahr seien von den leitenden Stellen hier 36 Prozent mit Frauen besetzt worden, heißt es auf der Webseite der Bank. Auch das könnte womöglich ein Grund gewesen sein, mit Bettina Orlopp nun eine Bankchefin zu wählen.
Bisher hat sich die neue Chefin immer sehr bescheiden und geduldig gezeigt. Sie hatte sich schon einmal um den Chefposten beworben und war in einer ersten Runde leer ausgegangen. Jetzt aber erhofft man sich von ihr offenbar mehr Schlagkraft im Ringen um die Zukunft der Commerzbank. Eine Übernahme durch die italienische Großbank Unicredit soll die neue Chefin nach einem Bericht der "Financial Times" jedenfalls nicht unterstützen.