Konzern in russischem Angriffskrieg verwickelt? Blutroter Protest vor Zentrale von Wintershall Dea in Kassel

Beschmiert mit Kunstblut haben Klima- und Friedensaktivisten in Kassel gegen Wintershall Dea demonstriert. Sie werfen dem Unternehmen vor, die russische Kriegsmaschinerie zu unterstützen. Inzwischen spricht auch die Bundesregierung mit dem Konzern über sein Russland-Engagement.

Protestaktion vor der Wintershall Dea-Konzernzentrale in Kassel
Kunstblut, Transparente, Aktivisten: Die Protestaktion vor der Wintershall-Dea-Konzernzentrale in Kassel. Bild © hr/Stefanie Küster
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Klima- und Friedensaktivisten haben am Donnerstagmittag vor der Konzernzentrale von Wintershall Dea in Kassel demonstriert. Unter der Überschrift "Kein Treibstoff und keine Finanzmittel für Putins Krieg" hatten zwei Gruppierungen zu einem "Die-In" aufgerufen: eine Form des gewaltlosen Widerstands, bei dem die Protestierenden wie tot zu Boden sinken. Einige der rund 20 Aktivisten beschmierten sich mit Kunstblut und legten sich auf die Zufahrt des mehrstöckigen Gebäudes im Stadtteil Vorderer Westen.

Auch eine ukrainische Geflüchtete war unter den Demonstranten. Nataliia Dubanevich aus Kiev war mit ihren beiden Töchtern gekommen, um "die Deutschen und die Ukrainer beim Protest zu unterstützen". Sprecher der Demonstranten forderten eine stärkere Kontrolle des Unternehmens.

Im Fokus: Das Geschäft von Wintershalls Dea in Russland

Die Aktivisten bezogen sich auf Berichte von ZDF frontal und Der Spiegel. In einer Recherche hatten Journalisten aufgezeigt, dass Wintershall Dea in einem Joint Venture an ihr russisches Partnerunternehmen Gazprom große Mengen Gaskondensat verkauft, eine erdölähnliche Flüssigkeit, die zur Herstellung von Flugzeugtreibstoff verwendet werden kann. Dadurch - so der Vorwurf - beteilige sich Wintershall Dea an dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine.

Den Berichten zufolge beliefert Gazprom damit eine Reihe russischer Luftwaffenstützpunkte an der ukrainischen Grenze mit Kerosin - darunter Morozovsk und Woronesch, wo SU-34-Kampfflugzeuge stationiert sind. Diese sind laut Menschenrechtsgruppen in Kriegsverbrechen verwickelt, darunter ein Angriff auf Zivilistinnen und Zivilisten in Tschernihiw am 3. März, bei dem 47 Menschen getötet wurden.

Konzern weist Vorwürfe zurück

Der Konzern wies die Vorwürfe als "suggerierte Verbindung zwischen dem in Russland von den Joint Ventures geförderten Gaskondensat und dem leidvollen Tod von Menschen in der Ukraine" als konstruiert und unredlich zurück.

Auf Nachfrage bestätigte ein Konzernsprecher, man prüfe derzeit, wie die Geschäfte der Wintershall Dea rechtlich vom Russlandgeschäft getrennt werden können. Es sei nicht ohne weiteres möglich, Russland zu verlassen. Eine Abgabe oder Veräußerung von Unternehmensanteilen brauche die Genehmigung der russischen Regierung.

Bundesregierung mit Wintershall im Gespräch

Mittlerweile hat sich die Bundesregierung eingeschaltet. Man sei mit Wintershall im Gespräch, hatte eine Sprecherin bei der Regierungspressekonferenz am vergangenen Montag bestätigt. Weitere Einzelheiten wollte sie nicht nennen.

Timon Gremmels, energiepolitischer Koordinator der Bundes-SPD und Kasseler SPD-Direktkandidat, sieht die Verantwortung bei Wintershall Dea. Der Konzern müsse Verluste in Kauf nehmen und einen klaren Cut ziehen. Man könne mit Putins Regime auf Dauer keine Geschäfte machen.

Torsten Felstehausen, Parlamentarischer Geschäftsführer der Linken im hessischen Landtag, sieht auch die hessische Landesregierung in der Pflicht. Die Landesregierung müsse handeln und Druck auf die Bundesregierung ausüben.

Die Protestaktion am Donnerstag war bereits die zweite innerhalb kürzester Zeit, die sich gegen den Öl- und Gaskonzern richtet. Erst Ende Oktober hatten Umweltverbände die Russland-Geschäfte von Wintershall Dea kritisiert und die guten Quartalszahlen als "blutige Profite" bezeichnet. Damals hatte es Proteste vor der Berliner Wintershall Dea-Zentrale gegeben.

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Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 10.11.2022, 19.30 Uhr

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Quelle: hessenschau.de/Stefanie Küster, Fabian Schmidt, Reuters