Datenabgleich geplant Stadt Frankfurt will illegale Fahrdienstleister von Bolt und Uber aus dem Verkehr ziehen

Illegale Fahrten über Fahrdienstvermittler wie Uber und Bolt sollen in Frankfurt künftig erschwert werden. Das Ordnungsamt will noch in diesem Jahr die dafür notwendigen Voraussetzungen schaffen. Das wäre auch für Fahrgäste eine gute Nachricht.

Stadtpolizei kontrolliert Uber-Fahrer: Ein Polizist steht auf der Straße neben einem Uber-Auto, im Vordergrund eine Hand mit einem Handy, auf dessem Display "Uber" steht.
Frankfurter Stadtpolizei bei der Kontrolle eines Uber-Fahrers. Bild © IMAGO / brennweiteffm
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Falsche Konzessionen bei Fahrdienstleistern in Frankfurt

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Die Stadt Frankfurt will künftig gegen illegale Fahrten von Fahrdienstleistern wie bei Uber und Bolt vorgehen. Dafür sollen die von ihr vergebenen Mietwagenkonzessionen mit den bei den Fahrdienstvermittlern Uber und Bolt gelisteten Fahrzeugen abgeglichen werden, wie ein Sprecher des Ordnungsamtes auf Anfrage des hr mitteilte.

Derzeit würden die dafür notwendigen personellen und organisatorischen Voraussetzungen in der Kfz-Behörde geschaffen, so der Sprecher. "Wir gehen davon aus, dass uns dies im Laufe des Jahres 2025 gelingt."

Millionenschaden durch illegale Fahrdienste aufgedeckt

Dass es dringenden Handlungsbedarf gibt, zeigte sich Mitte Januar bei einer Razzia rund um illegale Fahrdienste mit dem Schwerpunkt im Rhein-Main-Gebiet. Diese hatte die Staatsanwaltschaft Frankfurt nach monatelangen Ermittlungen veranlasst.

Die beiden Hauptverdächtigen der bei der Razzia hochgenommenen Zelle sind 34 und 35 Jahre alt und sollen in Neu-Isenburg und Dreieich (Landkreis Offenbach) leben. Sie sollen über die Plattformen von Uber und Bolt illegal Fahrten angeboten haben und sich für rund 100 Autos gefälschte Konzessionen besorgt haben.

Die Ermittler gehen zudem davon aus, dass weder Lohn- noch Umsatzsteuer gezahlt wurde und die rund 200 Fahrer nicht sozialversichert waren. Insgesamt soll ein Schaden von rund 2,5 Millionen Euro entstanden sein.

Jeder Sozialbetrug wird verfolgt

Auch die Fahrer selbst sind im Visier der Staatsanwaltschaft. "Wir werden konsequent gegen die Fahrer vorgehen, die neben ihren illegalen Einkünften auch staatliche Transferleistungen bezogen haben", sagte Oberstaatsanwalt Jesco Kümmel dem hr. Derzeit werde eine Personenabfrage bei Uber und Bolt durchgeführt. Die Daten würden dann mit den Jobcentern abgeglichen.

Wer zu Unrecht Sozialleistungen bezogen habe, müsse mit entsprechenden Ermittlungsverfahren rechnen. In jedem Fall werde das zu viel erhaltene Geld zurückgefordert, so Kümmel, der die Ermittlungen leitet.

Geschätzt jedes vierte Mietauto illegal unterwegs

Dass es die Stadt den Kriminellen so leicht gemacht hat, ist den Ermittlern schon lange ein Dorn im Auge. In der Stadt Berlin hatte das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten schon im Mai vergangenen Jahres die Daten abgeglichen. Dabei wurde jedes vierte Auto, das über die Fahrdienstleister-Plattformen buchbar war, als illegal entlarvt - rund 1.600 Autos.

Branchenkenner und Ermittler gehen davon aus, dass in Frankfurt ebenfalls rund jedes vierte Fahrzeugen illegal unterwegs sein dürfte - also geschätzt etwa 500 bis 600 Fahrzeuge.

Uber und Bolt für Datenabgleich

Das Unternehmen Bolt legt Wert darauf, dass es die Ordnungsbehörde in Frankfurt bereits vor über einem Jahr darum gebeten habe, einen Datenabgleich mit dem Unternehmen zu ermöglichen. "Leider wurde dieser Vorschlag aus für uns nicht nachvollziehbaren Datenschutzgründen abgelehnt", so ein Sprecher. In anderen europäischen Ländern existierten bereits digitale, öffentlich-einsehbare Registerlösungen, die solche Prozesse erleichtern.

Auch Mitbewerber Uber erklärt auf hr-Anfrage, dass man zu einem Datenabgleich mit Frankfurt bereit sei.

Die Frankfurter Ordnungsdezernentin Annette Rinn (FDP) hatte bislang Bedenken gegen ein Vorgehen wie in Berlin angeführt. Noch im vergangenen Sommer war das Ordnungsamt nach ihren Angaben damit beschäftigt zu prüfen, "welche Daten abgeglichen werden können, ohne gegen die Datenschutz-Grundverordnung zu verstoßen". Diese Bedenken scheinen nun ausgeräumt zu sein.

Korruptionsfall verschärft Personalprobleme

Zusätzlich erschwert Personalnot im Ordnungsamt die Umsetzung des Datenabgleichs. Mit dazu beigetragen haben Unregelmäßigkeiten bei der Vergabe von Konzessionen von Uber und Bolt.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt seit rund zwei Jahren gegen zwei ehemalige Mitarbeiter der Behörde, die Konzessionen für Mietwagen gegen Schmiergeld vergeben haben sollen. Seitdem befindet sich die Kfz-Behörde im Umbau und soll mit neuem Personal versorgt werden.

Razzia offenbart unzureichenden Versicherungsschutz

Die Razzia im Rhein-Main-Gebiet hat noch ein weiteres Problem offenbart: Die Fahrer mit den gefälschten Konzessionen seien oft nicht ausreichend versichert gewesen, sagt Stephan Schüler von der Frankfurter Polizei, der dort die Ermittlungen leitet.

Die Autos seien nicht als Mietfahrzeuge versichert gewesen, sondern als normale Pkw. "Denn so eine Mietwagenversicherung ist in der Regel drei bis vier Mal so teuer, weil das Fahrzeug ständig in Betrieb ist", erklärt Schüler. Die Ermittler gehen davon aus, dass die Verdächtigen auf diesem Weg rund 250.000 Euro an Versicherungskosten gespart haben.

Risiko für Fahrgäste

Das kann für die Fahrgäste im Falle eines Unfalls unangenehme Folgen haben. Fahrer, die beruflich regelmäßig Fahrgäste befördern, brauchen eine gewerbliche Haftpflichtversicherung, wie Martin Tibbe, Frankfurter Fachanwalt für Verkehrs- und Versicherungsrecht, erläutert.

Haben sie dagegen nur eine private Haftpflichtversicherung abgeschlossen, würden sie gegen ihren Versicherungsvertrag verstoßen. Fahrgäste, die mit solchen Fahrzeugen befördert werden, seien zwar grundsätzlich trotzdem versichert, betont Tibbe. Nach einem Unfall könne sich aber "die Abwicklung des Schadens über Monate hinziehen“.

Uber: Jede Fahrt ist versichert

Marktführer Uber beteuert auf hr-Anfrage, dass grundsätzlich jede über die eigene App vermittelte Fahrt versichert sei. Letzten Endes liegt die Verantwortung für die gewählte Versicherung jedoch beim Fahrzeughalter.

Private Policen bieten im Schadensfall im Vergleich niedrigere Deckungssummen als gewerbliche, das könne für die Passagiere zum Problem werden, sagt Fachanwalt Tibbe. Denn bei einer privaten Versicherung liege die gesetzliche Mindestdeckungssumme für Personenschäden bei 7,5 Millionen Euro. Bei schweren Unfällen könne das unter Umständen nicht ausreichen.

Fachanwalt sieht Überprüfungspflicht bei Behörden

Wenn etwa mehrere junge Menschen nach einem Unfall für den Rest ihres Lebens nicht mehr arbeiten könnten, eine behindertengerechte Wohnung bräuchten und immense Heilungs- und Rentenkosten entstünden, "dann sind 7,5 Millionen Euro irgendwann weg".

Der Fachanwalt sieht deshalb die Behörden in der Pflicht. Sie müssten regelmäßig kontrollieren, ob Fahrer ausreichend versichert sind, wenn sie im Auftrag von Dienstleistern wie Uber und Bolt unterwegs sind.

Redaktion: Anikke Fischer

Sendung: hr-fernsehen, hessenschau,

Quelle: hessenschau.de