"Cash Stuffing" Bargeld zu Hause horten - aber mit System
Junge Hessinnen und Hessen bezahlen ihre Einkäufe überwiegend bargeldlos. Das birgt die Gefahr, den Überblick über die eigenen Finanzen zu verlieren. Hier setzt das Sparmodell "Cash Stuffing" an. Doch auch das hat seine Tücken.
Die Spartipps von Regina Feist aus Homberg (Efze) sind gefragt. Als "Budget_Gina" erklärt sie etwa auf Instagram und TikTok ihren tausenden Followern wöchentlich, wie sie mit ihrem Geld haushalten können.
Dafür lässt sich die 30-Jährige jeden Monat einen Teil ihres Gehalts bar auszahlen und verteilt 10-, 20- und 50-Euro-Scheine in Umschläge aus Klarsichtfolie. Da gibt es zum Beispiel die Kategorien "Wohnung", "Freizeit", "Geschenke" und "Kind". Den Großteil ihres Geldes hat sie dabei immer noch auf ihrem Konto und zahlt damit etwa die Gas- und Stromrechnung.
Bei Einkäufen bedient sich die Nordhessin aus den passenden Umschlägen, steckt das Geld in ihren Geldbeutel und zahlt getrennt nach Kategorien. Das Wechselgeld wandert zurück in die Umschläge, die in einem liebevoll gestalteten Budget-Planer stecken. Es ist eine Art Haushaltbuch, in das Feist ihre Einnahmen und Ausgaben einträgt, regelmäßig Kassensturz macht und das Budget für einzelne Umschläge immer wieder anpasst. Bleibt Geld übrig, kommt es in den Umschlag "Urlaub". Und die 30-Jährige spart auch ganz gezielt, etwa für die Taufe ihres Sohns im Sommer.
Den Überblick behalten
Vor einem halben Jahr hat die junge Mutter mit diesem differenzierten Ausgabesystem angefangen und seitdem etwa 5.000 Euro beiseitegelegt. Selbst wenn die Methode umständlich erscheint, hilft sie Feist, den Überblick zu behalten, wie sie sagt: "Ich habe immer gespart. Aber als ich in Elternzeit gekommen bin, habe ich gemerkt: Das Geld wird knapper, dazu wird alles teurer."
Mittlerweile arbeitet sie wieder in Vollzeit im öffentlichen Dienst. Auch an ihren Spartipps in den Sozialen Medien verdient sie und bietet das für ihr System nötige Zubehör zum Kauf an.
"Cash Stuffing" nennt sich dieses Sparmodell, das in den Sozialen Medien viele Anhänger hat. Wörtlich übersetzt bedeutet es, Bargeld zu stopfen - zum Beispiel in die erwähnten Umschläge. Ziel ist es, Geld bewusster auszugeben und zu sparen, ohne dabei auf etwas zu verzichten.
App hilft womöglich besser
Dass junge Menschen das Bargeld neu für sich entdecken und ihre Finanzen wortwörtlich im Griff haben wollen, findet Katharina Lawrence von der Verbraucherzentrale Hessen grundsätzlich gut. "Sie haben dann mehr Hemmungen, Geld auszugeben - das erzeugt einen regelrechten Schmerz", hat Lawrence beobachtet.
Allerdings hat die neue Sparmethode nach Ansicht der Verbraucherschützerin auch Nachteile. Das viele Bargeld zu Hause könne Diebe anlocken, und Verbraucher bekämen keine Zinsen darauf. "Dafür muss ich das Ersparte erst wieder zur Bank tragen", sagt Lawrence.
Beim Sparen helfen könnten genauso gut Apps zur Finanzplanung, doch teilweise gebe es dabei Probleme beim Datenschutz. Diesbezüglich unbedenklich und dazu noch kostenfrei sei die App, die die Verbraucherzentrale selbst herausgegeben habe. Damit könnten insbesondere Kinder und Jugendliche ihr Taschengeld verwalten, empfiehlt Lawrence.
Jeder dritte Einkauf per Karte
Mit "Cash Stuffing" könnte das Bargeld ein Comeback erleben, nachdem es in den vergangenen Jahren an Bedeutung verloren hat. Nach Angaben der Europäischen Zentralbank wurde 2022 an der Ladenkasse bei jedem dritten Mal die Karte gezückt. 2019 sei erst jede vierte Zahlung eine Kartenzahlung gewesen. Auch der Online-Handel wird laut EZB immer wichtiger. Dort werde ohnehin bargeldlos bezahlt.
Gerade bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Deutschland ist das beliebt. Das zeigt eine Umfrage unter mehr als 1.000 Teilnehmern im Alter von bis zu 25 Jahren, deren Ergebnisse die Wiesbadener Wirtschaftsauskunftei Schufa 2022 veröffentlicht hat. Demnach zahlt die große Mehrheit der Befragten lieber bargeldlos: mit Karte oder dem Smartphone. Nur rund ein Drittel zahlt lieber bar.
Junge Leute sparen
Das Bargeld spielt also bei vielen im Alltag eine immer kleinere Rolle - sparen wollen sie trotzdem, wie Ole Schröder, Mitglied im Schufa-Vorstand, berichtet: "Fast alle Befragten geben an, dass ihnen ein finanzielles Polster wichtig ist, um auf Notfälle vorbereitet zu sein." Die meisten hätten dazu nach eigenen Aussagen einen guten Überblick über ihre Einnahmen und Ausgaben.
Allerdings räumten 40 Prozent der Befragten der Schufa-Studie auch ein, dass sie schon einmal den Überblick über ihre Finanzen verloren hätten. So hätten sie im Rahmen von Online-Einkäufen mindestens einmal zu zahlen vergessen und teilweise deswegen sogar eine Mahnung erhalten. Wer im Alltag dagegen überwiegend bar spart und zahlt, dem kann zumindest so etwas nicht passieren.
Sendung: hr-iNFO, 01.03.2023, 11.10 Uhr
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