Trotz Rekordgewinn Commerzbank will 3.900 Stellen abbauen - vor allem in Frankfurt
Die Commerzbank hat im vergangenen Jahr Rekordgewinne gemacht. Trotzdem will der Konzern in den kommenden Jahren tausende Stellen abbauen. Das soll vor allem Mitarbeitende in Frankfurt treffen.
Die Commerzbank will bis 2028 insgesamt 3.900 Vollzeitstellen abbauen, davon 3.300 in Deutschland. Das teilte der Frankfurter Dax-Konzern am Donnerstagmorgen mit.
Von dem Abbau in Deutschland sind nach Angaben der Bank vor allem die Zentrale sowie weitere Standorte in Frankfurt betroffen, dort insbesondere Stabsfunktionen und Backoffice. Derzeit zählt Deutschlands zweitgrößte Privatkundenbank in ihrem Heimatmarkt etwa 20.000 Vollzeitkräfte.
Bank will auf "natürliche Fluktuation" setzen
"Um diesen Transformationsprozess sozialverträglich zu gestalten, setzt die Commerzbank vor allem auf den demografischen Wandel und die natürliche Fluktuation", hieß es. Mit den Arbeitnehmervertretungen seien bereits Eckpunkte für ein Altersteilzeit-Programm vereinbart, das noch im laufenden Jahr greifen soll.
Insgesamt soll der Personalbestand weltweit konstant bei rund 36.700 Vollzeitkräften bleiben, da die Bank an Standorten im Ausland neue Stellen schaffen will.
Rekordgewinne - aber Druck aus Italien
Die Commerzbank kündigte den Stellenabbau am Donnerstag als Teil einer neuen Strategie für die kommenden Jahre an. Zeitgleich legte sie auch ihre Jahresbilanz für 2024 vor: Demnach steigerte die Bank ihr Nettoergebnis um rund 20 Prozent auf rund 2,7 Milliarden Euro.
Der Konzern steht allerdings zunehmend unter Druck der italienischen Bank Unicredit, die eine Übernahme anpeilt. Im Herbst hatte die Unicredit den Teilausstieg des Bundes genutzt, um im großen Stil bei der Commerzbank einzusteigen. Inzwischen kontrolliert die Mailänder Großbank gut 28 Prozent der Anteile des Dax-Konzerns, davon rund 9,5 Prozent direkt über Aktien und rund 18,6 Prozent über Finanzinstrumente.
Widerstand gegen "feindliches" Vorgehen
Management und Betriebsrat der Commerzbank wehren sich gegen das aus ihrer Sicht "feindliche" Vorgehen der Italiener. Widerstand kommt auch aus der deutschen Politik. Der Bund, der die Bank in der Finanzkrise 2008/2009 mit Steuermilliarden gerettet hatte, hält noch gut zwölf Prozent der Anteile.
Noch hat die italienische Bank kein Übernahme-Angebot gemacht. Erst ab einem Anteil von 30 Prozent wäre die Unicredit gesetzlich dazu verpflichtet.
Der Plan: Gewinne erhöhen, um Eigenständigkeit zu sichern
Die Stellenstreichungen als Teil der Strategie der Commerzbank-Chefin Bettina Orlopp können als Versuch verstanden werden, sich gegen die mögliche Unicredit-Übernahme zu wehren: Noch höhere Gewinne und ehrgeizigere Ziele sollen die Eigenständigkeit der Bank sichern.
So will die Commerzbank laut dem neuen Strategieplan den jährlichen Überschuss bis 2028 weiter auf 4,2 Milliarden Euro steigern und den Anteilseignern zeitgleich höhere Gewinnausschüttungen in Aussicht stellen.
Für das Jahr 2025 rechnet die Commerzbank dennoch zunächst mit sinkenden Gewinnen auf 2,4 Milliarden Euro, da sie für den Stellenabbau rund 700 Millionen Euro "Restrukturierungskosten" im laufenden Jahr einplant.
Verdi trägt Stellenabbau mit
Die Gewerkschaft Verdi hält den Abbau Tausender Jobs bei der Commerzbank für den richtigen Weg im Abwehrkampf gegen die italienische Großbank Unicredit. "Wir unterstützen die konsequente Ausrichtung der Commerzbank mit dem Ziel der Eigenständigkeit ausdrücklich", erklärte Gewerkschaftssekretär Kevin Voß.
Zugleich betonte Voß, der auch Mitglied des Commerzbank-Aufsichtsrates ist: "Die neue Strategie darf nicht einseitig zulasten Tausender Beschäftigten gehen." Notwendig sei die Flankierung durch ein umfassendes Schutzpaket - vereinbart zwischen Arbeitnehmern und Vorstand. "Für uns ist dabei der wichtigste Grundsatz: Niemand wird gegen den eigenen Willen den Arbeitsplatz in der Bank verlieren", sagte Voß.
Reaktionen aus der Landespolitik
Bereits am Mittwoch, als die Gerüchte um den Stellenabbau kursierten, äußerte sich auch der hessische Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) im hr zur Situation der Commerzbank. "Wichtige CEOs in diesem Land haben große Sorge, wenn es zu einer Übernahme kommt", so Rhein. Schließlich könne dies bedeuten, dass Entscheidungen nicht mehr am Finanzplatz Frankfurt, sondern im Ausland getroffen würden.
![hs 12.02.2025](https://www.hessenschau.de/tv-sendung/250212_commerzbank-100~_t-1739375131092_v-16to9__small.jpg 320w, https://www.hessenschau.de/tv-sendung/250212_commerzbank-100~_t-1739375131092_v-16to9__medium.jpg 480w, https://www.hessenschau.de/tv-sendung/250212_commerzbank-100~_t-1739375131092_v-16to9__medium__extended.jpg 640w, https://www.hessenschau.de/tv-sendung/250212_commerzbank-100~_t-1739375131092_v-16to9.jpg 960w, https://www.hessenschau.de/tv-sendung/250212_commerzbank-100~_t-1739375131092_v-16to9__retina.jpg 1920w)
Die parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen im Landtag, Miriam Dahlke, forderte am Donnerstag nach Bekanntwerden des Stellenabbaus, Rhein müsse mehr tun, "als nur reden". Sie bezog sich damit auf die Sitzung des sogenannten Finanzplatzkabinetts, das am Mittwoch in Frankfurt mit Beteilligung Rheins getagt hatte. "Der Ministerpräsident höchstpersönlich hat dieses Kabinett mit der Zukunft der Commerzbank und der Stärkung des Finanzplatzes Frankfurt verknüpft", sagte Dahlke. Nun bleibe von dieser Rhetorik "nichts an Substanz".
Zudem äußerte Dahlke Bedauern zum geplanten Stellenabbau. "Wir appellieren an die Verantwortlichen, im Sinne der Beschäftigten zu handeln", so die Grünen-Politikerin.
Auch der wirtschaftspolitische Sprecher der AfD-Fraktion im Landtag, Andreas Lichert, äußerte sich. Eine Streichung von Arbeitsplätzen gehöre in einer Marktwirtschaft dazu, teilte Lichert mit. Dass die Commerzbank eigenständig bliebe, sei "keine Aufgabe für die Politik, sondern das Management".