Büros abseits der Metropolen Frankfurter Unternehmen steigt zum Coworking-Marktführer auf

Die Corona-Krise stoppte einst den Coworking-Hype, doch der Markt wächst wieder. Die Frankfurter Firma SleevesUp investiert abseits der großen Städte – und wird dank einer Fusion zum größten Coworking-Netzwerk Deutschlands.

Zwei Männer sitzen mit vor ihren Laptops an Tischen.
Nach der Corona-Pandemie wird Coworking wieder beliebter. Bild © SleevesUp! Spaces GmbH
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Woran denken Sie, wenn Sie das Wort "Coworking-Space" hören? Vielleicht an MacBook-schwenkende Digitale Nomaden, die in ihrer Mittagspause mit ihrem Fairtrade-Kaffee Yoga machen oder eine Tischtennisplatte belagern? Oder denken Sie an Loungemöbel vor unverputzten Ziegelsteinmauern?

Wahrscheinlich aber haben Sie eine urbane Umgebung im Kopf, Sie denken an Metropolen – eher an Frankfurt als an Dreieich, Lich oder Oberursel. Doch genau hier, in den "B-Lagen in Wohnortnähe", bietet das Frankfurter Unternehmen SleevesUp Arbeitsräume an.

Trend aus Frankreich und Großbritannien

Der Vorteil: Die Kundinnen und Kunden pendelten kürzer vom Wohnort zum Arbeitsort, sparten Geld und Zeit, zählt Unternehmensgründer Sebastian Schmidt die Vorteile auf.

Coworking-Räume abseits der großen Städte seien ein Trend, den man bereits im Vereinigten Königreich und Frankreich beobachten konnte, sagt Professor Christoph Schalast von der Frankfurt School of Finance and Management. Dieser Trend werde immer stärker nach Deutschland und Hessen überschwappen, prophezeit er.

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Die Angebote in ländlichen Regionen nehmen auch nach Daten des Bundesverbandes "Coworking Spaces" zu. Demnach stieg die bundesweite Zahl der Städte und Gemeinden mit solchen Gemeinschaftsbüros seit 2020 um mehr als 70 Prozent auf 572 Ende Februar dieses Jahres.

Hessen lag den Daten zufolge im Jahr 2020 mit 164 Coworking Spaces auf Platz fünf im Bundesländervergleich. Neuere Zahlen für einzelne Bundesländer liegen noch nicht vor.  

Flucht vor hohen Mieten

Die Ursache für das Wachstum ist offensichtlich nicht die neue Lust am Landleben, sondern die Flucht vor den hohen Mieten in den Metropolen, die sich viele Menschen nicht mehr leisten können.

Dies gilt auch für Arbeitsräume: In Frankfurt hat sich die Durchschnittsmiete für Büroflächen auf 25 Euro pro Quadratmeter erhöht, das sind mehr als vier Euro mehr als noch 2021.

"Fühlen sich isoliert im Homeoffice"

Befeuert durch die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie entstehen neue, mobile Arbeitsstile, die das Arbeitsleben prägen. Die Bertelsmann-Stiftung schrieb in einer 2020 erschienenen Studie: "Neue Arbeitsorte im ländlichen Raum profitieren von dieser Entwicklung." Dank der Digitalisierung müssten die Mitarbeiter nicht mehr täglich ins Hauptquartier pendeln.

Die neuen Kunden sind oft keine Digitalen Nomaden, Kreativ-Arbeiter oder Startup-Gründer mehr. "Seit Corona kommen viele Einzelnutzer, die bei einem großen Unternehmen angestellt sind und sich im Homeoffice zu isoliert fühlen", sagt Schmidt.

Mann mit grauem Polo-Shirt steht in einer Büroküche.
Sleeves-Up-Gründer Sebastian Schmidt Bild © Daniel Bauer (hr)

In 13 hessischen Städten bietet SleevesUp Räume zum Arbeiten an, nicht nur in Frankfurt, sondern auch in Oberursel, Rüsselsheim und Bad Homburg. Schmidts erklärtes Ziel ist es, weiter in der Fläche zu wachsen.

Ende Juli verkündete das Unternehmen, sich mit dem Konkurrenten Work Inn zusammenzutun, um nach eigenen Angaben zum Marktführer in Deutschland zu werden. Bis 2028 soll das Standort-Netzwerk auf 100 Coworking-Spaces anwachsen.

Während sich SleevesUp bisher vor allem in der Region Rhein-Main und Neckar ausgebreitet hat, liegt der Fokus von Work Inn auf dem Ruhrgebiet.

"Wohin mit dem Büro nach Corona?"

Der Coworking-Hype begann in Deutschland in den frühen 2010er-Jahren. Vor allem Start-Ups hatten plötzlich die Möglichkeit, sich professionelle Büros zu mieten und ihre Firmenpläne zu verwirklichen.

Die Corona-Pandemie setzte dem geselligen Arbeiten jedoch ein jähes Ende. "Da wusste keiner so richtig, wohin mit dem Büro überhaupt", sagt Schmidt.

Seit zwei Jahren sei wieder ein ordentliches Wachstum im Markt zu spüren. In den vergangenen Monaten sind neue SleevesUp-Standorte dazugekommen, berichtet Schmidt. "Und anders als während Corona können diese deutlich schneller ihre Ziel-Auslastung erreichen."

Experten wie der Frankfurter Professor Schalast erwarten jetzt eine Coworking-Renaissance. Vorausgesetzt, es kommt keine neue Pandemie, die die gute Stimmung in der Branche trübt. Aber auch darauf sei man inzwischen viel besser vorbereitet, sagt Schmidt.

Sendung: hr INFO,

Quelle: hessenschau.de