Deutliche Gebührenerhöhung in Frankfurt Kaffeetrinken statt Parken - Gastronomen fürchten um ihre Außenflächen
Die Nutzung von Parkplätzen durch Lokale in zentralen Stadtteilen sollte in Frankfurt neuerdings mehrere tausend statt wenige hundert Euro pro Jahr kosten. Nach Protesten hat die Stadt zwar vorerst eingelenkt, aber Gastronomen bangen um ihre Existenz.
Man läuft dieser Tage leicht vorbei am Außenbereich von Shimas Espressobar im Frankfurter Nordend. Ein Aufsteller mit dem tagesaktuellen Menü, daneben ein einzelner gelber Tisch mit zwei ebenfalls gelben Klappstühlen. Links und rechts davon parken Autos. Mehr lohne sich bei dem Herbstwetter nicht, sagt Betreiberin Shima Bakhtiari.
Nebenbei diene der Außenbereich auch als Werbung für ihr kleines Café. "Im Sommer ist das natürlich anders. Da will ja kaum jemand drinnen sitzen", sagt Bakhtiari. Jedoch fragt sie sich, wie lange sie sich diese Erweiterung ihrer Bewirtungsfläche noch leisten können wird.
Die Außengastronomie von Shimas Espressobar erstreckt sich über zwei Parkbuchten. Und dafür ruft die Stadt neuerdings viel mehr Geld auf als bisher. In Bakhtiaris Fall wären es knapp 11.000 Euro im Jahr, wie sie im Sommer erfuhr.
Steigerung um das 15-Fache
Seit Juli gilt in Frankfurt eine neue Satzung für Sondernutzungen an öffentlichen Straßen und von öffentlichen Plätzen. Erstmals seit 1998 wurden darin die Gebühren erhöht - teils deutlich. Der Aufschrei unter den Frankfurter Gastronomen hielt sich zunächst in Grenzen. Zwar stiegen die Preise für die Außengastronomie teilweise auf das Doppelte oder Vierfache. Doch das schien angesichts der vorher sehr günstigen Tarife für die meisten verkraftbar.
Anders stellte sich die Situation für Gastronominnen und Gastronomen dar, die Parkplätze für ihre Außengastronomie nutzen. Als Shima Bakhtiari Ende Juli die Genehmigung für die Sondernutzung verlängern wollte, hatte das zuständige Amt für Straßenbau und Erschließung eine unangenehme Überraschung für sie parat.
Bislang beliefen sich die Kosten für die beiden genutzten Parkbuchten auf 720 Euro im Jahr. Doch nach der neuen Gebührensatzung sollten im Bereich 1, der die Frankfurter Innenstadt und innenstadtnahen Stadtteile umfasst, 15 Euro pro Parkplatz und Tag fällig werden. Bakhtiari rechnete das hoch: Sie müsste demnach 10.800 Euro im Jahr zahlen, eine Steigerung um das 15-Fache der bisherigen Gebühr.
Teurer als auf der Zeil
Shima Bakhtiari ist nicht die einzige betroffene Gastronomin in der Glauburgstraße. An Eingangstüren und Schaufenstern mehrerer Cafés und Restaurants prangen seit Tagen Aushänge mit der Überschrift "Stadt Frankfurt gefährdet das Überleben zahlreicher Gastronomiebetriebe". Mehrere hundert Menschen haben eine Petition unterzeichnet, in der sie die Rücknahme der horrenden Gebührenerhöhung fordern.
Das Hauptproblem aus Sicht der Gastronomen im Nordend und in anderen innenstadtnahen Stadtteilen ist dabei, dass ihre Gaststätten in einen Topf mit Lokalen in der ungleich lukrativeren Innenstadt geworfen werden. "Dabei sind die Verdienstmöglichkeiten dort doch ganz andere", sagt Kaweh Nemati, der Zweite Vorsitzende des Dachverbands Frankfurter Gewerbevereine.
Dabei macht die Stadt durchaus Unterschiede. Aber eben sehr grob. Das gesamte Frankfurter Stadtgebiet wurde in nur zwei Bereiche eingeteilt: Innenstadt und innenstadtnahe Viertel sowie der ganze Rest.
Im Bereich 2 beträgt die Gebühr für die Nutzung von Parkflächen nach der neuen Satzung fünf Euro am Tag, also ein Drittel dessen, was sie im Bereich 1 kostet. Kleinere Geschäftsstraßen etwa im Nordend oder Westend oder im nördlichen Sachsenhausen haben freilich bei weitem nicht die Kundenfrequenz wie die Frankfurter Zeil. Dennoch behandelt die neue Gebührensatzung sie gleich.
Eine weitere Unwucht sieht Kaweh Nemati darin, dass Cafés und Restaurants in der Innenstadt in den seltensten Fällen auf die Nutzung von Parkplätzen für die Außengastronomie angewiesen sind. In der Glauburgstraße oder vergleichbaren Straßen mit ihren engen Gehwegen gebe es hingegen kaum eine andere Möglichkeit.
Gastronomen verschieben Investitionen
Umso unverständlicher seien die unterschiedlichen Gebührensätze, so Nemati: "Mit 11.000 Euro im Jahr können Sie ja fast den ganzen Opernplatz mieten."
Tatsächlich veranschlagt die Gebührensatzung für die Außengastronomie in Fußgängerzonen wie der Zeil 48 Euro pro Quadratmeter und Jahr. Für den Gegenwert von zwei Parkplätzen im Frankfurter Nordend könnte Shima Bakhtiari also 225 Quadratmeter Außenfläche in zentraler Lage nutzen.
Die neue Gebührenordnung habe bereits für Verunsicherung und wirtschaftliche Schäden gesorgt, berichtet Kaweh Nemati. Gastronomen hätten Investitionen in ihre Außengastronomie verschoben, weil sie nicht wüssten, ob sie diese noch gewinnbringend betreiben können. Ein zusätzliches Ärgernis sei, dass die Betroffenen erst davon erfahren, wenn sie ihre Sondernutzung verlängern wollten - so wie Shima Bakhtiari.
Stadt lenkt ein - vorerst
Beim zuständigen Dezernat für Mobilität verweist man auf hr-Anfrage darauf, dass die bis Juli gültige Sondernutzungssatzung "die Möglichkeit, regelhaft bewirtschaftete Parkplätze für Außengastronomie zu nutzen", gar nicht vorsah. Diese Möglichkeit sei nur in Ausnahmefällen erteilt worden, etwa um Straßen und Quartiere zu beleben. Daher seien auch nur sehr geringe Gebühren veranschlagt worden.
Es sei jedoch wichtig, dass "die Kosten, die für die Straßeninfrastruktur anfallen, möglichst gerecht von den Nutzenden dieser Infrastruktur mitgetragen werden", teilt das Dezernat mit. Dazu zählten eben auch Gastronomen. Daher sei grundsätzlich eine höhere Gebühr gerechtfertigt. Wobei der Standort der Betriebe und ihre Verdienstmöglichkeiten durchaus berücksichtigt werden müssten.
Zugleich zeigt man sich im Dezernat einsichtig gegenüber den Einwänden der Gastronominnen und Gastronomen aus dem Nordend. Man wolle "die Systematik der Gebührenerhebung noch einmal prüfen und entsprechende Änderungen auf den Weg bringen". Bis dahin würden die Gebühren für die Außengastronomie auf Parkplätzen ausgesetzt.
Verunsicherung bleibt
Vorerst also können Café- und Restaurantbetreiber weitermachen wie bisher. Die Frage ist, wie lange. Um die Gebührensätze zu überarbeiten, müsste der Magistrat eine neue Satzung beschließen. Das dürfte mit Sicherheit bis Anfang 2025 dauern.
"Was bleibt, ist Verunsicherung", sagt Kaweh Nemati. Grundsätzlich seien die Betroffenen bereit, höhere Gebühren zu akzeptieren. Sie dürften freilich nicht zu hoch sein. "Und wir glauben nicht, dass die Stadt jetzt plötzlich von 5.000 auf 500 Euro runtergehen wird."