Kein Funkenflug, keine Strahlung Virtuelles Schweißen schützt Berufsschüler vor Verletzungen

Schweißen ohne Funkenflug, UV-Strahlung und Gerüche: Die virtuelle Welt ermöglicht Metallbau-Lehrlingen erste Trockenübungen ohne Gefahren. Technik-Vorteile machen sich zunehmend auch andere Branchen zunutze.

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Berufsschüler Jan Korell übt mit einem virtuellen Schweißgerät in der Vogelsbergschule in Lauterbach sein Handwerk. Bild © Jörn Perske (hr)
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Aller Anfang tut manchmal weh. Das hat Jan Korell zu spüren bekommen, denn dem Berufsschüler im Metallbau unterlief ein schmerzhafter Anfängerfehler. Zu Beginn seiner Ausbildung vor zwei Jahren hat er sich beim Schweißen übel verbrannt.

"Bei der Arbeit im Betrieb habe ich einen noch heißen Draht angefasst. Mehrere Finger waren verletzt", erinnert sich der 19-Jährige. Nach der Aktion musste er zum Arzt und war erstmal krankgeschrieben.

Hätte Korell damals schon eine moderne Technik zum Üben zur Verfügung gehabt, wäre ihm diese Erfahrung erspart geblieben. Denn mittlerweile lernen er und die anderen Lehrlinge in der Vogelsbergschule in Lauterbach das Schweißen auch in der virtuellen Realität mit Hilfe eines digitalen Simulators.

Technik verzeiht Fehler

Das Gerät verzeiht Fehler. Ein rund 2.000 Grad heißes Schweißgerät eben nicht. Deswegen tauschen die Metalltechnik-Auszubildenden in der Vogelsbergschule neuerdings den Schweißhelm auch mal gegen die Augmented-Reality-Brille (AR-Brille) des zugehörigen Simulators.

Wenn Korell die mit vielen Kabeln versehene AR-Brille aufsetzt, sieht er seine reale Umgebung. Diese wird aber durch Einblendungen ergänzt. Im Brillen-Display sieht er sein Werkstück und weitere Zusatz-Informationen. Der Brenner in der Hand funktioniert natürlich nur digital. Wenn er ihn über das Werkstück führt, wird die Schweißnaht optisch simuliert.

"Funktioniert super"

"Das funktioniert super. Der Vorgang ist sehr ähnlich", erklärt Korell. Während des Schweißens bekommt er direkt Feedback. Er sieht ein Ampelsystem mit grünen, gelben und roten Einblendungen. Sie reagieren auf kleinste Bewegungen, helfen bei Fehleranalyse und Korrektur.

Etwa wenn es um Tempo, Brennerwinkel und Abstand geht. Am Ende bekommt er eine Statistik, wie exakt der Schweißvorgang war. Später kann Korell seine Arbeit auch online noch mal anschauen und auswerten.

Deutlich höhere Anschaffungskosten

"Das virtuelle Schweißen hat enorm viel Vorteile. Man kann sich schnell verbessern", findet Korell. Nach den ersten drei Monaten, die das 30.000 Euro kostende Gerät nun in Betrieb ist, ziehen auch die Lehrer der Berufsschule eine positive Zwischenbilanz.

Sie finden: Die Investitionen haben sich gelohnt, obwohl die Anschaffungskosten gegenüber einem herkömmlichen, manuellen Gerät (etwa 5.000 Euro) deutlich höher sind.

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Berufsschullehrer Julian Bredel (li.) beobachtet das virtuelle Schweißen auf einem Monitor über der Werkbank. Bild © Jörn Perske (hr)

Die Erwartungen seien deutlich übertroffen worden, erklärt Fachbereichkoordinator Thomas Jerwin. Diverse Schweißtechniken lassen sich mit verschiedenen Schwierigkeitsgraden und Materialien simulieren und üben. Egal ob Stahl, Messing, Kupfer oder Aluminium verwendet wird.

Mit der Digital-Technik werden auch Ressourcen und Verbrauchsmaterial gespart, wie Lehrer Julian Bredel ergänzt. Er kann das Schweißen der Schüler in Echtzeit auf einem Monitor über der Werkbank beobachten.

Vorteile überwiegen Nachteile

Einer der großen Vorteile ist der sichere und gefahrlose Umgang. Bei der virtuellen Anwendung entfallen der heiße Lichtbogen, Funkenflug, die fürs Auge schädliche UV-Strahlung und Schweißgerüche.

Das sind wiederum Effekte, die Korells Mitschülerin Jennifer Marth durchaus zu schätzen weiß: "In der Realität gefällt mir das Schweißen besser. Es ist spannender. Und ich mag es, die Hitze zu spüren."

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Der Schweißvergleich: Berufsschülerin Jennifer Marth (li.) mit der herkömmlichen Ausrüstung und Jan Korell mit dem Equipment der virtuellen Variante. Bild © Jörn Perske (hr)

Einen Raum weiter fliegen tatsächlich die Funken. Dort wird noch mit Gasflasche, Brenner und Flamme gearbeitet. Der Helm, den man dort trägt, ist nicht so gewöhnungsbedürftig wie die AR-Brille. Das Gestell kann beim simulierten Schweißen auf die Dauer unbequem am Kopf werden, wie Fachbereichkoordinator Jerwin bemerkt hat. Die Vorteile überwiegen aber deutlich die Nachteile.

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Schweißen, wie man es kennt. Die Metallbau-Berufsschüler lernen das Handwerk im realen Erleben und der virtuellen Welt. Bild © Kathinka Mumme (hr)

Auch Feuerwehr und Bahn üben mit Digital-Technik

Deswegen werden digitale Arbeitsbrillen auch in einigen anderen Berufsbereichen verwendet, um Prozesse zu simulieren. Das auch in Fulda vertretene Industrietechnik-Unternehmen Edag war etwa an der Entwicklung für einen Löschtrainer mit Virtual-Reality-Brillen beteiligt. So kann die Feuerwehr den Umgang mit Löschrohren und den Ernstfall trainieren. Feuer und Wasser werden nicht gebraucht.

Die Deutsche Bahn (DB) setzt auch verstärkt auf digitale Technik in der Aus- und Weiterbildung. Das Üben mit VR-Technik kommt für viele Berufe infrage, etwa für Wagenmeister, Triebfahrzeugführer, Elektroniker der Betriebstechnik und Fahrdienstleiter, wie die DB erklärt.

Ein Anwendungsbereich ist laut Bahn ein "virtuelles Stellwerk", die VR-Simulation von mechanischen und elektromechanischen Stellwerken für die Ausbildung von Fahrdienstleitern. In einem Trainingszentrum in Fulda können Mitarbeitende zum Beispiel auch das Kuppeln von Wagen und Güterwaggons üben.

Bahn und Feuerwehr sind nur zwei Beispiele für Anwender. Auch große Industrie-Unternehmen wie Siemens, Daimler, BASF und Thyssenkrupp nutzen die Technik - nun ist sie auch in Berufsschulen wie im Vogelsberg angekommen.

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Unterschiede von VR- und AR-Technik

Mit der digitalen Technik sollen Nutzer komplett in eine virtuelle Welt eintauchen und sie als real empfinden. Diesen Effekt nennt man Immersion. Immersive Technologien, etwa Virtual Reality (VR) oder Augmented Reality (AR), bilden die Realität entweder komplett virtuell ab (VR) oder reichern sie mit ausgewählten virtuellen Informationen an (AR). Zentrales Hilfsmittel ist meist die Brille, die virtuelle Welt und Realität verschmelzen lässt. Aber auch Smartphones und Tablets werden eingesetzt. Virtual und Augmented Reality sind seit mehreren Jahren zum Beispiel Bestandteil in der Aus- und Weiterbildung bei der Deutschen Bahn.

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Sendung: hr4,

Quelle: hessenschau.de