Verbrauchersorgen vor Kontoüberziehung Dispozinsen - für manche hessische Bank ein lukratives Geschäft

Einkaufen, Tanken und Heizen wird immer teurer: Viele Verbraucher haben Sorge, dass sie ins Minus gehen müssen, um ihre Strom- und Gasrechnungen bezahlen zu können. Kleinere, regionale Geldhäuser verdienen an diesen finanziellen Engpässen oft sehr gut.

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Die Stadtsparkasse Borken (Schwalm-Eder) ist mit rund 40 Beschäftigten die kleinste Sparkasse in Hessen. Und in manchen Fällen die teuerste. Überziehen Kunden dort ihr Konto, verlangt das Institut pro Jahr 12,50 Prozent Dispozinsen. Damit liegt es hessenweit an der Spitze. Das geht aus einer Umfrage hervor, die das Verbraucherportal Biallo unter 85 hessischen Geldhäusern durchgeführt hat. Wäre ein Kunde der Stadtsparkasse Borken zwölf Monate lange mit 100 Euro im Minus, würde ihn das etwa 12,50 Euro kosten.

Ähnlich viel verlangen die Sparkasse Waldeck-Frankenberg und die Sparkasse Bad Hersfeld-Rotenburg mit 12,25 Prozent pro Jahr. "Es ist bemerkenswert, dass ausgerechnet die ländlichen Sparkassen bei den Dispozinsen ordentlich zulangen", meint Biallo-Redakteur Kevin Schwarzinger. Meist seien diese Geldhäuser schon bei anderen Posten wie etwa Kontogebühren negativ aufgefallen.

Flexiblere Nutzung, höhere Zinsen

Auf hr-Anfrage will sich aus dem Vorstand der Stadtsparkasse Borken niemand zu den Dispozinsen äußern. Bei der Sparkasse Bad Hersfeld-Rotenburg heißt es lapidar: Weil Kunden den Dispokredit flexibel nutzen könnten, würden dafür höhere Zinsen anfallen als für andere Kredite. Außerdem sehe man dort auch ein höheres Ausfallrisiko. Angesichts der Energiekrise stelle man bisher zwar nicht fest, dass mehr Kunden ihr Konto überziehen würden. Aber die Sparkasse sei darauf vorbereitet.

Und es ist ja so: Die allermeisten Rechnungen für den diesjährigen Strom- und Gasverbrauch müssen erst im kommenden Jahr bezahlt werden.

Im Schnitt kommen die Geldhäuser auf einen Dispozinssatz von rund 10 Prozent. Damit würden sie gut daran verdienen, wenn ihre Kunden in Folge der hohen Inflation und der explodierenden Energiepreise ihr Konto überziehen müssten, meint Biallo-Redakteur Schwarzinger: "Doch das verschärft die finanzielle Situation der betroffenen Verbraucher zusätzlich."

Ein paar Ausreißer nach unten

Andere hessische Institute sind dagegen deutlich günstiger, zum Beispiel die Taunus Sparkasse mit Sitz in Bad Homburg. Das Institut habe auf die immer neuen Krisen der Vergangenheit reagiert und sei seinen Kunden entgegengekommen, berichtet der Vorstandsvorsitzende Oliver Klink: "Deshalb haben wir die Dispozinsen schon vor zwei Jahren von knapp 10 auf etwa 6 Prozent gesenkt."

Etwas aus der Reihe fällt die ebenfalls in Bad Homburg ansässige Spar- und Kreditbank Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden. Die Genossenschaftsbank nimmt pro Jahr sogar nur 3,10 Prozent Zinsen. Wie sie mitteilt, profitiert von diesem moderaten Dispozinssatz allerdings nur ein kleiner Kreis von Kirchenangestellten.

Bessere Konditionen bei überregionalen Banken

Ganz offenkundig gibt es in Sachen Dispozinsen also himmelweite Unterschiede. Das stellt auch Joachim Wuermeling fest, er ist im Vorstand der Bundesbank für die Bankenaufsicht zuständig. Zunächst entscheide jedes Kreditinstitut eigenständig über die Höhe der Dispozinsen, informiert er: "Aber wo sich die Zinssätze am Ende einpendeln werden, können Verbraucher maßgeblich mitbeeinflussen." Menschen, denen die Dispozinsen bei ihrer Bank zu hoch seien, sollten das Geldinstitut wechseln, empfiehlt Wuermeling.

Laut Biallo bieten auch einige überregionale Banken gute Konditionen, etwa die Hypovereinsbank. Bei manchem Kontomodell erhebt sie einen Dispozinssatz von jährlich gerade einmal 2,75 Prozent. Und wer bei der nachhaltigen GLS Bank sein Konto überzieht, kann das mitunter bei einer Summe bis zu 10.000 Euro sogar kostenlos tun.

Alternative Rahmenkredit

Für Biallo-Redakteur Schwarzinger ist das allerdings ein Sonderfall: "Denn die ökologische Genossenschaftsbank nimmt von ihren Kunden Mitgliedsbeiträge von 60 Euro pro Jahr. Da kann sie es sich leisten, beim Dispo großzügig zu sein." Jedenfalls lohne es sich, sich angesichts der großen Unterschiede in Sachen Dispozinsen bei der eigenen Hausbank nach deren Konditionen zu erkundigen, so Schwarzinger.

Dauerhaft im Minus sollte ein Konto ohnehin nicht sein, sagt Josefine Lietzau, Expertin für Bankprodukte beim Internetportal Finanztip. Häufig wäre dann für viele Verbraucher etwa ein Rahmenkredit günstiger. "Auch auf dieses Finanzpolster können Kunden flexibel zurückgreifen", erklärt Lietzau: "Aber sie sollten das geliehene Geld trotz allem regelmäßig zurückzahlen, um nicht durch diesen Kredit erst richtig in die Schuldenfalle zu geraten."

Weitere Informationen

Sendung: hr-iNFO, 21.10.2022, 7.20 Uhr

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Quelle: hessenschau.de