"Bei uns gut bekannt" "Mythos" Gräfenhausen: Warum die Lkw-Fahrer in Hessen streiken

An der A5-Raststätte Gräfenhausen streiken wieder Lastwagenfahrer derselben polnischen Spedition wie vor einigen Wochen. Noch immer warten viele auf Lohn. Gräfenhausen ist zum Symbol ihres Arbeitskampfes geworden.

Lkw-Fahrer sitzen am Mittwoch auf der Raststätte Gräfenhausen vor ihren Fahrzeugen zusammen.
Lkw-Fahrer sitzen am Mittwoch auf der Raststätte Gräfenhausen vor ihren Fahrzeugen zusammen. Bild © picture-alliance/dpa
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Der Lkw-Streik an der Raststätte Gräfenhausen bei Weiterstadt (Darmstadt-Dieburg) um ausstehenden Lohn bei einer polnischen Speditionsfirma dauerte auch am Samstag an. Die Polizei sprach von 61 Streikenden, die Lage sei aber ruhig.

Einige Fahrer hätten inzwischen Lohn erhalten, hatte Edwin Atema von der europäischen Transportarbeitergewerkschaft bereits am Freitag berichtet, "sie haben aber gesagt, alle bleiben in Gräfenhausen, bis auch der letzte Fall gelöst ist".

Im Laufe des Tages rollten immer wieder neue blaue Lkw der bestreikten Spedition auf die Raststätte - unter anderem aus Usbekistan und Tadschikistan. Ein Großteil der Fahrer sagte dem hr, sie hätten noch kein Geld bekommen. Ein Fahrer aus Usbekistan sprach von sechs fehlenden Monatslöhnen.

Gewerkschafter: "Lage eher unbeständig"

"Gräfenhausen scheint für die Fahrer jetzt wie eine Art Bank zu sein, wo sie ihr Geld bekommen" sagte Atema. Derzeit verhandele jeder Fahrer individuell über ausstehenden Lohn und intransparente Abzüge.

Am Mittwoch war nach Angaben der Gewerkschaft vereinbart worden, dass alle streikenden Fahrer ihre ausstehenden Löhne erhalten sollten - unter der Bedingung, dass fünf Lkw dringende Ladung ans Ziel bringen sollten. Einige Fahrer hatten am Mittwoch ihre Fahrzeuge wieder zurück zum weiteren Transport übergeben.

Spedition stationiert Kleinbus auf Raststätte

"Die Firma sagt, sie habe aus der Vergangenheit gelernt", sagte Atema zu der schnellen Bezahlung von Summen von jeweils 8.000 bis 11.000 Euro. Das Unternehmen sei um Schadensbegrenzung bemüht. Seit Mittwochvormittag stand daher ein Kleinbus mit einem Firmenmitarbeiter an der Raststätte, der nach individuellen Einigungen Fahrzeugschlüssel und Papiere entgegennahm und für Ersatzfahrer sorgte.

"Was das letzte Mal drei Wochen gedauert hat, konnte jetzt in drei Stunden geregelt werden", sagte Atema, der bereits am Montag den ersten Anruf erhalten hatte mit der Ankündigung: Wir fahren nach Gräfenhausen."

Gräfenhausen als "symbolischer Ort" für den Erfolg

Die Raststätte an der A5 ist mittlerweile ein Begriff. "Jeder zweite russischsprachige Fahrer kennt jetzt Gräfenhausen", erzählt Atema. "Das ist jetzt ein symbolischer Ort für die Fahrer - ein bisschen auch ein Mythos."

Nach Angaben der streikenden Fahrer mussten sie nicht lange überlegen, wo die Aktion zur Durchsetzung ihrer Lohnforderungen starten sollte. "Gräfenhausen ist bei uns gut bekannt", sagte ein Fahrer. "Hier haben die Kollegen ihren Sieg errungen."

Ein anderer Lkw-Fahrer erklärte dazu: "Sie sagten, sie haben sich geändert, aber sie machen genauso weiter wie vorher. Es gibt keine Erklärung, warum sie nicht zahlen." Für ihn steht fest: Er will auch nach Erhalt seines ausstehenden Lohns nicht länger für das polnische Unternehmen arbeiten.

Zweiter Lkw-Streik startete am Dienstag

Die ersten Streikenden hatten sich am Dienstagmittag an der Raststätte mit ihren Lkw versammelt. Bei den Fahrern handelt es sich um Mitarbeiter derselben polnischen Spedition wie bei den ersten Streiks vor rund drei Monaten. Laut Anna Weirich, Sprecherin des Beratungsnetzwerks "Faire Mobilität", seien die Männer Georgier und als Fahrer bei den drei Firmen des polnischen Speditionsunternehmers beschäftigt.

Bei dem ersten Fahrer-Streik auf der Raststätte im April waren Fernfahrer der Spedition in einen wochenlangen Streik wegen fehlender Lohnzahlungen getreten. Die Fahrer lebten in der Zeit ausschließlich in ihren Fahrzeugen auf Parkplätzen der Raststätte.

Nach fast sechs Wochen hatten mehr als 60 Männer mit ihren Fahrzeugen die Raststätte wieder verlassen. Ihre Geldforderungen waren zuvor von der Spedition beglichen worden. Der Arbeitskampf hatte auch die problematische Beschäftigungssituation im internationalen Gütertransport stärker in den Blickpunkt gerückt.

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Quelle: hessenschau.de/Raphael Stübig, dpa/lhe