Explodierende Baukosten Warum die Mieten für Neubauwohnungen durch die Decke gehen

In Hessen werden immer weniger neue Wohnungen gebaut - und wenn, dann sind die Mieten kaum noch zu bezahlen. Das hat verschiedene Gründe. Ein Beispiel in Frankfurt.

Foto von einem Mehrfamilienhaus mit Gerüsten vor der Fassade.
Neubau in Frankfurt-Eschersheim: Hohe Mietpreise stehen in der Kritik Bild © Simon Rustler/hr
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Es ist eigentlich eine gute Nachricht für den angespannten Wohnungsmarkt in Frankfurt. Im kommenden Monat kommen 52 neue Wohnungen im Rahmen eines Bauprojekts im Stadtteil Eschersheim auf den Markt. Der Haken daran: der Preis. Mieter müssen bis zu 26 Euro pro Quadratmeter zahlen.

Eine 89 Quadratmeter große Dreizimmer-Wohnung kostet beispielsweise warm 2.730 Euro. Das sei selbst für Frankfurter Verhältnisse sehr hoch, sagte Rolf Jansen, Geschäftsführer des Frankfurter Mieterschutzvereins: "95 Prozent und mehr der Frankfurter können sich solche Mieten schlichtweg nicht leisten."

Bauträger verteidigt die hohen Mieten

Der Bauträger, die Frank Heimbau GmbH, rechtfertigt die hohen Mieten mit den gestiegenen Baukosten. "Uns war es ein großes Anliegen, das Projekt trotz der aktuell schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen und der enorm gestiegenen Baukosten wie geplant fertig zu stellen, um langfristig neuen Wohnraum zu schaffen", erklärte das Unternehmen dem hr.

Dass solche Mieten überhaupt möglich seien, liege auch an einer gesetzlichen Ausnahme: Für Neubauten gilt die Mietpreisbremse nicht. "Diese Ausnahme soll verhindern, dass weniger neue Wohnungen gebaut werden", sagte Max Christopher Krapp vom Institut Wohnen und Umwelt. In der Praxis könne das häufiger zu Mietwucher führen.

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Hohe Mieten: Ein hessenweites Problem

Eschersheim ist kein Einzelfall. Vor allem in den südhessischen Regionen wie Frankfurt, Darmstadt, Wiesbaden und Offenbach steigen nach der Beobachtung von Krapp die Mieten kontinuierlich an.

"Selbst ehemals bezahlbare Regionen spüren den Preisdruck", sagte Krapp. Besonders deutlich werde das in Neubauten, aber auch bei älteren Gebäuden." Eine Ausnahme sei etwa der Vogelsbergkreis. Dort gebe es bei den älteren Bestandswohnungen nur moderate Veränderungen. Die Mieten für Neubauten seien aber auch hier deutlich höher als für die älteren Bestandswohnungen. Der Kreis sei seit Jahren geprägt von Abwanderung.

Warum die Mieten steigen

Die Gründe für den stetigen Anstieg der Mietpreise seien vielfältig: Baukosten hätten in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Materialien, Arbeitskräfte, Kredite und auch die Grundstückspreise seien teurer geworden. Die Folge: Bauträger geben die Mehrkosten direkt an die Mieter weiter oder bauen erst gar nicht.

Statistiken belegen diesen Trend: Von Januar bis einschließlich Juni 2024 wurden insgesamt 6.365 neue Wohnungen in Hessen genehmigt. Das waren knapp 21 Prozent weniger als im ersten Halbjahr 2023. Dabei wären mindestens 30.000 bis 40.000 neue Wohnungen pro Jahr nötig, um den Bedarf zu decken.

Gleichzeitig steige die Nachfrage weiter: Weil die Finanzierung von Eigentum teurer wird, weichen viele Menschen in Frankfurt, die vorher vielleicht noch an Eigenheim dachten, auf Mietwohnungen aus. Auch das erhöhe die Mietpreise.

Im Schnitt stiegen die Mieten in Hessen in den vergangenen vier Jahren um etwa fünf Prozent pro Jahr, wie Eva-Maria Winckelmann vom Deutschen Mieterbund Hessen erklärte  - ein Anstieg, den viele Haushalte nicht schultern könnten. "Nur die wenigsten haben diese Mietsteigerungen mit einem höheren Einkommen wettgemacht."

Düsterer Ausblick für die Zukunft des Wohnungsmarktes

Die Experten blicken pessimistisch in die Zukunft. "Solange die Entwicklung beim Neubau so besorgniserregend bleibt, werden die Mieten weiter steigen", prognostiziert Winckelmann. "Die Mietpreise werden weiter nach oben gehen", erwartet auch Krapp.

Besonders in den urbanen Zentren werde es für Normalverdiener immer schwieriger, eine bezahlbare Wohnung zu finden. "Straffe Regulierungen alleine werden da auch nicht alle Probleme lösen", so Krapp.

In Berlin hat man durch den Mietendeckel demnach etwa beobachten können, dass Wohnungen häufiger verkauft wurden - das Mietangebot also knapper wurde. "Oder es gab Ausweichstrategien: Zum Beispiel mussten Mieter sehr teure Küchen übernehmen. Das ist nicht produktiv."

Immer gravierender werde auch die Spaltung des Marktes: Wer seit Jahren in seiner Wohnung lebe und bleibe, könne sich derzeit glücklich schätzen, da es einen relativ guten Schutz vor Mieterhöhungen gebe.

Immer schwieriger werde es jedoch für Menschen, die eine neue Wohnung suchten. "Die Entwicklung zwingt viele Familien, die mehr Platz brauchen, in ihren zu kleinen Wohnungen zu bleiben, weil ein Umzug zu teuer ist", so Krapp.

Mögliche Lösungen für Wohnungsmarkt

Um den steigenden Mieten entgegenzuwirken, fordern die beiden Experten drastische Maßnahmen. "Massive Investitionen in den Wohnungsbau sind unverzichtbar - und zwar in Milliardenhöhe", betonte Winckelmann. Zudem müsse die von der hessischen Landesregierung angekündigte Zweckentfremdungsverordnung in Kraft treten, damit etwa leerstehende Wohnungen wieder in den Markt geführt würden und es bräuchte eine wirksame Mietpreisbremse, so Winckelmann. "Damit wäre schon einiges getan."

Der Verband der Südwestdeutschen Wohnungswirtschaft e.V. etwa fordert zudem ein Zinsverbilligungsprogramm mit einer Absenkung der Bauzinsen auf 1 Prozent. Außerdem müsste die Hessische Bauordnung verschlankt werde. Experten fordern außerdem, dass Planung-und Genehmigungsverfahren vereinfacht und digitalisiert werden.

Tipps für Suchende

Für diejenigen, die auf der Suche nach einer neuen Wohnung sind, gibt es zumindest einige Ratschläge: Der örtliche Mietspiegel könne helfen, die ortsübliche Vergleichsmiete zu ermitteln. Ein Umzug in Vororten könnte ebenfalls eine Option sein, da die Mieten dort in der Regel niedriger sind.

Zusätzlich empfiehlt es sich laut Krapp, die Einhaltung der Mietpreisbremse genau zu prüfen. "Viele Mieter wissen nicht, wie hoch die Miete sein darf und können sich daher gegebenenfalls auch nicht dagegen wehren", warnt er. Wer informiert sei, könne sich besser gegen überzogene Mieten zur Wehr setzen.

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Sendung: hr INFO,

Quelle: hessenschau.de, mit Informationen von Ursula Mayer (hr-iNFO)