Von Alsfeld bis Witzenhausen Frankfurter schicken Steuererklärungen künftig aufs Land

Die Steuererklärung von vielen Frankfurtern wird jetzt nicht mehr direkt in Frankfurt bearbeitet, sondern in anderen Orten. Das soll dort Arbeitsplätze schaffen. Bei den Betroffenen sorgt das für Irritationen.

Auf einem Vordruck für die Steuererklärung liegt vor dem Aktenordner mit dem Aufdruck "Finanzamt" ein Stift und eine Brille.
Auf einem Vordruck für die Steuererklärung liegt vor dem Aktenordner mit dem Aufdruck "Finanzamt" ein Stift und eine Brille. Bild © dpa
  • Link kopiert!
Audiobeitrag
Ende des Audiobeitrags

Die Frankfurterin Ivonne Wasmund ist überrascht, dass für sie ab sofort das Finanzamt Eschwege-Witzenhausen zuständig sein soll: "Ich finde so einen Wechsel ärgerlich, weil man sich mit neuen Finanzbeamten auseinandersetzen muss", kritisiert die 57-Jährige. Aber vielleicht seien diese Mitarbeiter auch zugewandter, weil sie nicht so unter Druck stünden - so gesehen könne so ein Wechsel auch sein Gutes haben.

Die Steuererklärung der Frankfurterin Renate Korell wird künftig ans Finanzamt Korbach-Frankenberg geschickt. Die 68-Jährige hofft, dass die Dokumente dort schneller bearbeitet werden. "Vielleicht kriegt man bei Fragen sogar jemanden ans Telefon", hofft die Rentnerin. In Frankfurt sei das schwierig gewesen.

Ein Frankfurter Angestellter wird mit Finanzbeamten aus Wetzlar zu tun haben. "Ich kenne die Stadt nicht, wenn ich dort hinmüsste, fände ich das problematisch", so der 36-Jährige.

Auch die Steuernummer ändert sich

Insgesamt werden ab diesem Monat rund 475.000 Steuerpflichtige aus Frankfurt von Finanzämtern im ländlichen Raum betreut. Dazu zählen ebenfalls die Finanzämter Alsfeld-Lauterbach, Michelstadt, Dieburg und Dillenburg.

Bei welchem Amt die Betroffenen landen, hängt vom ersten Buchstaben ihrer Nachnamen ab. Schriftlich werden sie über die Veränderungen informiert und erhalten in dem Zusammenhang eine neue Steuernummer.

Digitalisierung macht Dezentralisierung möglich

Wegen der fortschreitenden Digitalisierung könnten viele Erklärungen im Grunde von überall aus bearbeitet werden, erklärt die Chefin der Oberfinanzdirektion Frankfurt, Konstanze Bepperling. "Durch die Auslagerung werden wir effizienter, das ist im Interesse der Bürger."

Für Fragen stünden die neuen Finanzämter und weiter auch die alten in Frankfurt parat. Die sollen sich aber künftig stärker auf die Besteuerung von Unternehmen konzentrieren.

Schon über 1.000 Arbeitsplätze verlagert

Ähnliches hatten bereits Bürger aus Wiesbaden und Offenbach erlebt. Auch ihre Steuererklärungen waren in den letzten beiden Jahren teilweise ausgelagert und etwa an die Finanzämter Nidda und Hersfeld-Rotenburg weitergereicht worden. Nach Angaben des hessischen Finanzministeriums konnten durch diese Umstrukturierung bisher über 1.000 Arbeitsplätze in den ländlichen Raum verlagert werden.

Martin Frömel vom Bund der Steuerzahler Hessen fordert, Steuerzahlern dürften durch die neue räumliche Entfernung zum jetzt zuständigen Finanzamt keine Nachteile entstehen. "Es muss sichergestellt sein, dass alle ohne lange Wartezeiten den eigenen Sachbearbeiter erreichen können", so Frömel. Da gebe es noch großen Verbesserungsbedarf.

Geht es am Ende wirklich schneller?

Der Wiesbadener Steuerberater Uwe Stengert hofft, wenn sich Steuererklärungen auf mehr Finanzbeamte verteilen, werden sie langfristig schneller bearbeitet. "Momentan haben die Steuerbehörden allerdings durch die Reform der Grundsteuer viel zusätzliche Arbeit“, betont Stengert, Vizepräsident des Steuerberaterverbandes Hessen. So müsse er auf manchen Steuerbescheid immer noch Monate warten.

Zuletzt wurden Steuererklärungen in Hessen im Jahr 2022 nach Angaben des hessischen Finanzministeriums von den hessischen Steuerbehörden im Schnitt in rund 50 Tagen bearbeitet. Das waren vier Tage mehr als im Jahr davor.

Das Ministerium begründete dies mit zusätzlichen Aufgaben in Folge der Grundsteuerreform, der Corona-Pandemie und des Ukraine-Kriegs. Auch die Veränderungen der Zuständigkeiten und die Ausgabe neuer Steuernummern könnte zumindest anfangs zu längeren Bearbeitungszeiten führen.

Weitere Informationen

Redaktion: Caroline Wornath

Sendung: hr-iNFO, 6.12.2023, 12.15 Uhr

Ende der weiteren Informationen

Quelle: hessenschau.de