Neues Gebäudeenergiegesetz Vier von fünf Heizungskäufern in Hessen wollen Öl oder Gas

Die geplante Änderung des Gebäudeenergiegesetzes der Bundesregierung zum kommenden Jahr hat auch in Hessen einen Boom beim Verkauf von Öl- und Gasheizungen ausgelöst. Handwerker sind ausgelastet, Heizungskäufer wie Jürgen Krug aus Kassel fühlen sich in die Enge gedrängt.

Zwei Männer stehen neben einer ausgebauten alten Heizung.
Heizungsgesetz lässt die Heizungskäufe in Hessen steigen. Bild © picture-alliance/dpa (Archiv)
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Die geplante Novelle des Gebäudeenergiegesetzes der Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP hat im Frühjahr bundesweit für einen Absatz-Boom bei Heizungen geführt, wie der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie mitteilte.

Auch in Hessen gibt es eine extrem hohe Nachfrage bei Gas- und Ölheizungen.

"In Hessen haben wir ein unfassbares Aufkommen an fossilen Brennstoffen, 70 bis 80 Prozent der bestellten Heizungen sind aktuell fossil", berichtet Uwe Loth, Landesinnungsmeister des Fachverbandes Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik Hessen über die aktuelle Situation.

Heizungsbauer in Hessen ausgelastet

Die Handwerkskammer Kassel bestätigt die hohe Auslastung der Heizungsbauer in Nord-, Ost- und Mittelhessen. In der Konjunkturumfrage zum ersten Quartal 2023 bewerteten die Heizungsbaubetriebe ihre derzeitige Lage besser als der Rest der Gewerbesparte, wie Matthias Joseph von der Handwerkskammer Kassel auf Anfrage mitteilt.

Der Großteil der Betriebe berichte von gestiegenen Umsätzen und steigenden Auftragseingängen, was für das erste Quartal eines Jahres sehr ungewöhnlich sei, sagt Joseph.

Verbraucherzentrale Hessen rät zu frühzeitiger Planung

"Planen Sie Ihren Heizungsaustausch frühzeitig und sorgfältig, denn meist ist es eine Entscheidung für die nächsten 20 Jahre!“, rät die Verbraucherzentrale Hessen.

Auch alternative Heizungssysteme wie Wärmepumpen sollten die Endverbraucher in ihre Planung einbeziehen. Diese würden nicht nur den Geldbeutel, sondern auch das Klima schonen, heißt es in der Empfehlung der Verbraucherzentrale.

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Heizungskunde fühlt sich in die Enge gedrängt

Kunde Jürgen Krug aus Kassel hat sich dennoch gerade erst für den Einbau einer Gasheizung entschieden. Von dem geplanten Heizungsgesetz der Bundesregierung fühlt sich der 63-Jährige in die Enge gedrängt. Vor seiner Entscheidung habe er sich ausgiebig mit den verschiedenen Heizungstypen beschäftigt und sich beraten lassen, erzählt Krug.

Krug stand vor der Entscheidung, entweder eine Gasheizung einzubauen oder sein Haus von Grund auf zu sanieren. Eine Wärmepumpe sei bei seinem Haus nicht möglich gewesen.

Lieber mit neuer Heizung gewartet

Dabei hätte Krug gerne zu einer umweltfreundlicheren Alternative gegriffen. "Ich gehe den Weg ja eigentlich mit. Das Zwei-Grad-Klimaziel ist aus meiner Sicht in Deutschland durchaus erreichbar, aber eben nicht so."

Damit spielt Krug auf das lange kommunizierte Ziel an, die Erderwärmung auf zwei Grad über dem vorindustriellen Niveau begrenzen zu wollen. Die Ampel-Regierung im Bund hat in ihrem Koalitionsvertrag 1,5 Grad als Ziel festgeschrieben.

Gerne hätte Krug noch fünf Jahre mit dem Einbau einer neuen Heizung gewartet. Dann wären die Preise für alternative Heizungen mit Sicherheit gesunken, so seine Einschätzung.

Entscheidung für günstigere Gasheizung

Mit der Perspektive, dass das geplante Heizungsgesetz vielleicht schon ab 2024 umgesetzt werden könnte, entschied sich Krug dann für die Gasheizung mit einem günstigeren Anschaffungspreis. Zu einem ähnlichen Schluss seien in der letzten Zeit viele seiner Kunden gekommen, berichtet Handwerker Uwe Loth.

"Ohne den politischen Druck wären beispielsweise die Käufe von Wärmepumpen weiter angestiegen, doch die derzeitige Panik macht diese Entwicklung kaputt", berichtet Loth. Auch er steht eigentlich hinter dem Ziel, beim Heizen auf mindestens 65 Prozent regenerative Energien zu setzen. Für viele sei der Preis jedoch das ausschlaggebende Kriterium für den Kauf einer neuen Heizung.

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Verständnis für Klimaziele

Die Argumente für eine alternative Heizung seien schwer zu vermitteln, wenn der Einbau mit hohen Investitionen verbunden ist, sagt Innungsmeister Loth im Rückblick auf Kundengespräche der vergangenen Monate. Kunde Krug spricht von ähnlichen Erfahrungen in seinem Freundes- und Bekanntenkreis.

Viele Rentner seien verärgert, dass sie beim Kauf einer neuen Heizung über Neuverschuldung nachdenken müssten. Für die übergeordneten Klimaziele hätten die meisten jedoch Verständnis, so die Einschätzung von Krug.

Einführung des Gesetzes weiter umstritten

Die Einführung des Gesetzes zum 1. Januar 2024 bleibt umstritten. So plädierte unter anderem der Verband kommunaler Unternehmen für eine Verschiebung der Regelungen zum Heizungstausch um ein Jahr auf Januar 2025.

In der vergangenen Woche war durch einen Handelsblatt-Bericht bekannt geworden, dass auch der Normenkontrollrat als Beratungsgremium der Bundesregierung dazu rät, mit der Verabschiedung des Gesetzes noch zu warten, damit es entweder später in Kraft tritt oder es längere Übergangsfristen gibt.

Der Bundesrat forderte am Freitag mehr Klarheit und etliche Änderungen an den Heizungsplänen der Bundesregierung. Die Länder Niedersachsen und Bremen hatten die weitestgehende Verschiebung der Heizungspläne um bis zu drei Jahre gefordert. Der Bundesrat hat die Forderung nicht übernommen, verlangt aber, den Zeitplan zu strecken.

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Neues Gebäudeenergiegesetz

Das geplante neue Gebäudeenergiegesetz soll zukünftig den Einbau neuer Heizungen in Deutschland regeln. Ab dem 1. Januar 2024 sollen möglichst nur noch Heizungen eingebaut werden, die zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Das Gesetz bezieht sich lediglich auf die Neuanschaffungen von Heizungen.

Nach dem gegenwärtigen Zeitplan soll das Gesetz am 25. Mai in den Bundestag eingebracht und einen Monat später, am 22. oder 23. Juni verabschiedet werden. Am 7. Juli, in der letzten Sitzung vor der Sommerpause, soll es den Bundesrat passieren und Anfang 2024 in Kraft treten.

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Die Bundesländer fordern mehrheitlich unter anderem ein technologieoffenes Gesetz und die Stärkung klimafreundlicher Fernwärme. Die geplanten Ausnahmen für über 80-Jährige wollen sie durch eine Härtefallklausel ersetzen oder die Altersschwelle senken.

Der Bundestag kann die Änderungswünsche aufgreifen. Dort wird der Gesetzentwurf - unberührt von den derzeitigen politischen Debatten - in der ursprünglichen Kabinetts-Fassung eingebracht. Es ist deshalb im Verlauf der Beratungen mit vielen Änderungen zu rechnen.

Heizungsbauer: "Situation für niemanden schön"

Wie dramatisch die Lage im Heizungsbau derzeit ist, zeigen die Aussagen von Innungsmeister Loth. Kleinere Handwerksbetriebe seien bereits jetzt für den Rest des Jahres ausgelastet. Teilweise müsse Loth seine Kundinnen und Kunden bereits für Beratungstermine um Monate vertrösten.

"Die Situation ist zurzeit für niemanden schön", fasst Loth die Lage zusammen, "Wir würden ja gerne mehr machen, aber nach zwölf bis dreizehn Stundenschichten ist der Akku bei uns einfach leer."

Teilweise sei es zurzeit sogar schwer, die notwendigen Heizungen zu bekommen. Zwischen Januar und April seien bereits so viele bestellt worden, dass manche Kunden bereits auf das Jahr 2024 verwiesen werden müssten, so der Heizungsbauer.

In Kassel spielt für Kunde Jürgen Krug der Zeitpunkt des Einbaus keine Rolle, solange dieser noch vor Januar 2024 liegt. Ob Krug noch in diesem Jahr eine Heizung bekommen wird, ist derzeit noch nicht klar.

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Sendung: hr-iNFO, 12.05.23 um 07:49 Uhr

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Quelle: hessenschau.de/Lucas Maier , dpa, epd