Fehlende Genehmigung für Baustraße Gerichtsurteil stoppt Rodungen für Windpark Reinhardswald

Die Rodungen für den geplanten Windpark im Reinhardswald sollten am Montag beginnen. Doch ein Gerichtsurteil verzögert die Arbeiten nun erneut. Die Entscheidung überrascht nicht nur den Windparkbetreiber, sondern auch den Kreis Kassel.

Für ein Windrad gerodete Fläche auf dem Langenberg im Reinhardswald
Für ein Windrad gerodete Fläche auf dem Langenberg im Reinhardswald Bild © picture-alliance/dpa
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Hessens größter Windpark, der Windpark Reinhardswald, kann vorerst nicht weitergebaut werden. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat entschieden, dass für den Bau einer Zufahrt keine Bäume gefällt werden dürfen, so lange dafür keine gesonderte Baugenehmigung vorliegt. Das Gericht in Kassel gab damit am Freitag dem Eilantrag eines Umweltverbandes statt.

Um eine solche Baugenehmigung hatte sich die Windpark Reinhardswald GmbH zwar schon seit Juni 2022 bemüht, sie jedoch bis heute nicht erhalten. Denn der laut Hessischem Verwaltungsgerichtshof als untere Bauaufsichtsbehörde zuständige Landkreis Kassel fühlte sich weder zuständig, noch sah er eine Baugenehmigung als notwendig an.

Bisher gängige Praxis

Der Kreis zeigt sich von der Entscheidung des Gerichts überrascht, wie er am Montag auf Anfrage des hr mitteilte. Unter anderem, weil die Hessische Bauordnung für den Bau von land- und forstwirtschaftlichen und erwerbsgärtnerischen Wirtschaftswegen normalerweise keine Baugenehmigung verlange.

Der Verwaltungsgerichtshof hatte in seiner Entscheidung jedoch argumentiert, ein schwerlastverkehrsfähiger Forstweg sei nicht mit üblichen forstbetrieblich genutzten Waldwegen vergleichbar. "Durch das Urteil des VGH vom Freitag wurde eine bisher in Hessen geübte Praxis konterkariert", so ein Pressesprecher des Kreishauses Kassel. 

Zudem seien die Landkreise in Hessen bei den aktuellen Genehmigungsverfahren für Windparks noch nie als eigenständige Genehmigungsbehörden involviert gewesen, hieß es aus dem Kreishaus. Dass dies in diesem Fall anders gehandhabt werden soll, stößt demnach auf Unverständnis.

Letzten Endes dürfte der Genehmigung aber nichts im Wege stehen, hieß es auf Nachfrage. "Der Landkreis Kassel würde eine Genehmigung für die Erschließungswege ohne Zögern erteilen, da wir den Ausbau von erneuerbaren Energien unterstützen."

Windparkgeschaftsführung verärgert

Für Windparkgeschäftsführer Ralf Paschold eine unnötige Schleife, die er ganz umsonst genommen hat. "Eigentlich hätten wir heute mit dem Fällen für die Zufahrtswege begonnen. Jetzt bedeutet das für uns, dass wir erst in einem halben Jahr damit beginnen können."

Dem Regierungspräsidium Kassel macht er keine Vorwürfe - mit dem habe man sich stetig ausgetauscht. Ärgerlich findet Paschold jedoch, dass der Hessische Verwaltungsgerichtshof eine schriftliche Nachfrage bezüglich der Baugenehmigung und Zuständigkeiten vom Sommer des vergangenen Jahres nicht beantwortet habe. "Wir wären dem entsprechend nachgekommen."

Stattdessen lasse der Verwaltungsgerichtshof "wichtige Zukunftsprojekte wie den Windpark einfach an sich abtropfen. Unseren Nachfolgegenerationen, die sich der Erderwärmung stellen müssen, wird damit kein Gefallen getan."

An der Zufahrtsstraße hängt das ganze Windparkprojekt

Ohne die Zufahrtsstraße für den Schwerlastverkehr kann der Bau des Windparks nicht weitergehen. Konkret geht es nach Angaben des Gerichts dabei um den Aus- und Neubau einiger bereits vorhandenen Forstwege. Diese sollen über mehrere Kilometer auf insgesamt 5,50 Meter verbreitert werden und einen mindestens 60 Zentimeter starken Unterbau erhalten.

Der Bau der geplanten 18 Windräder ist bereits genehmigt, Rodungen wurde aber wegen des Vorkommens der streng geschützten Haselmaus zwischenzeitlich an 11 von 18 Standorten gestoppt. Versuche, die dortigen Haselmäuse mittels extra aufgestellter Quartiere zum Umzug in das Umfeld des Windparks zu bewegen, überzeugten bisher nur einen Teil der Mäuse.

Leistungsstärkster Windpark

Es ist derzeit in Hessen der größte neu entstehende Windpark, der sich in einer Planungs- oder Bauphase befindet. Mit rund 100 Megawatt Nennleistung wäre er hessenweit der leistungsstärkste Windpark.

Was die geplante Anzahl der Windkraftanlagen betrifft, gibt es aber bereits größere Windparks in Hessen: Die meisten Windräder, nämlich 39, stehen derzeit im Windpark Goldener Steinrück bei Ulrichstein (Vogelsberg).

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Sendung: hr-iNFO, 10.02.2023, 20 Uhr

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Quelle: hessenschau.de/Anikke Fischer, Michael Przibilla (hr)