Feldlerche, Kammmolch und Co. Diese geschützten Tiere können Baupläne durchkreuzen
Gartenrotschwanz, Feldlerche und Heldbock: Immer wieder werden Bauprojekte zum Schutz bedrohter Tierarten in Hessen gestoppt. Aktuell trifft es ein Gewerbegebiet im mittelhessischen Pohlheim. Ein Überblick über tierische Baustopps.
Vom einen auf den anderen Tag kann Schluss sein: Immer wieder werden Bauprojekte eingestellt, wenn bedrohte Tierarten dadurch ihren Lebensraum verlieren würden. Jüngstes Beispiel in Hessen ist das Gewerbegebiet "Garbenteich-Ost" in Pohlheim (Gießen). Der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel entschied am Mittwoch, dass der Bau dort bis auf Weiteres gestoppt werden muss, um die dort brütenden Feldlerchen zu schützen.
Der Naturschutzbund (NABU) hatte einen entsprechenden Antrag gestellt. Auf dem 30 Hektar großen Gebiet gibt es laut NABU mindestens 17 Reviere, in denen die Vögel brüten. Die für sie vorgesehenen Ausgleichsflächen sind nach Ansicht des Gerichts nicht geeignet. Jetzt muss nachgebessert werden, bevor die Bauarbeiten beginnen können.
Bürgermeister: "Nur die Hand heben und schon gestoppt"
Pohlheims Bürgermeister Andreas Ruck (parteilos) ärgert sich. "35 Hektar Gewerbegebiet bedeuten auch Steuereinnahmen. Und es tut uns schon weh, wenn die nicht kommen", sagte er dem hr.
Ruck kritisierte vor allem das Vorgehen des NABU. "Die Naturschutzbunde müssen nur die Hand heben und schon ist das Projekt gestoppt." Er forderte vom NABU mehr Gesprächsbereitschaft. Die Stadt habe genügend Ausgleichsflächen für die Feldlerchen bereitgestellt und berücksichtige den Naturschutz auch sonst besonders.
Der NABU rechtfertigt sein Vorgehen mit der großen Bedrohung für geschützte Arten in Hessen: "Feldhasen, Feldlerchen und Rebhühner sind mittlerweile im Sturzflug, was ihre Bestandsgrößen angeht", beklagt der Landesvorsitzende Gerhard Eppler im Gespräch mit dem hr.
Wo in Hessen sonst noch gefährdete Tiere Bauprojekte gestoppt oder sogar verhindert haben, erfahren Sie hier – eine Auswahl:
- Frankfurt-Riederwald: Käfer befeuert Streit über A66-Ausbau
- Frankfurt-Sindlingen: Feldhamster schlägt Wohnungsbau
- Hofheim: Gartenrotschwanz verhindert Wohngebiet
- Schwalmstadt: Kammmolch beeinflusst A49-Bau
Frankfurt-Riederwald: Käfer befeuert Streit über A66-Ausbau
Der Lückenschluss zwischen der A661 und A66 im Osten Frankfurts ist seit Jahren geplant und umstritten – zuletzt beeinflusste auch ein Tier die Diskussion: Der Eichen-Heldbockkäfer. Das Aktionsbündnis "Ende Gelände" meldete im September, das vom Aussterben bedrohte Insekt im Fechenheimer Wald entdeckt zu haben. Eine Verhandlung oder gar ein Gerichtsurteil gibt es hier (noch?) nicht.
Doch neben dem BUND appellierten auch die Frankfurter Grünen Anfang Oktober an Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP), die Rodungsarbeiten für den Autobahnausbau im Fechenheimer Wald auszusetzen. Sie forderten den Minister auf, eine Prüfung der Oberen Naturschutzbehörde abzuwarten, "bevor diese streng geschützte Art durch Rodungsarbeiten in ihrem Lebensraum vernichtet wird". Die FDP Frankfurt kritisierte den Vorstoß der Grünen: "Jede Planung aus politischen Gründen wieder in Frage zu stellen, ist kontraproduktiv und trägt nicht zum Vertrauen in politische Entscheidungsprozesse bei". Und auch der grüne Verkehrsminister Tarek Al-Wazir fand deutliche Worte.
Frankfurt-Sindlingen: Feldhamster schlägt Wohnungsbau
Manche kennen sie nur als Haustier, dabei sind Hamster auch in Hessen in freier Wildbahn zu finden. Der Lebensraum der Feldhamster wird allerdings immer kleiner, was auch mit der Zersiedelung von Flächen zu tun hat.
In einem der wenigen Rückzugsgebiete für Feldhamster bei Frankfurt-Sindlingen sollte 2019 ein Wohngebiet mit 2.000 Wohnungen entstehen. Doch dann legte der Magistrat die Planungen auf Eis, denn der Hamster stehe unter Naturschutz und der Erhaltungszustand sei hessenweit schlecht. Eine Umsiedelung der Tiere kam aus Sicht von Experten nicht in Frage – denn das sei sehr aufwendig, teuer und oft nicht einmal erfolgreich. Für das geplante Baugebiet in Frankfurt-Sindlingen bedeutete das: Abwarten, ob die Nager eventuell irgendwann von selbst weiterziehen.
Hofheim: Gartenrotschwanz verhindert Wohngebiet
Auch in Hofheim am Taunus durchkreuzte ein besonders geschützter Vogel Baupläne: Im Dezember 2021 erklärte der Hessische Verwaltungsgerichtshof Kassel den Bebauungsplan des Wohngebietes "Vorderheide II" für unwirksam. Damit konnten 220 Wohneinheiten für 700 Menschen nicht gebaut werden. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) hatte zuvor geklagt.
Für das seit mehr als zehn Jahren geplante Wohngebiet hätte der dort heimische Gartenrotschwanz weichen müssen. Die Maßnahmen der Stadt zum Schutz der betroffenen Tiere genügten dem Urteil zufolge "nicht den gesetzlichen Anforderungen".
Schwalmstadt: Kammmolch beeinflusst A49-Bau
Um den Lebensraum der bis zu 18 Zentimeter großen Kammmolche zu schützen, wurden schon häufiger Bauvorhaben geändert. Prominentes Beispiel: Die Trasse für die A49 in Mittelhessen musste um den größten Teil des Herrenwaldes herumgeleitet werden, wo besonders viele der Lurche vorkommen. Außerdem wurden für die Kammmolche Teiche angelegt, um ihnen neuen Lebensraum zu bieten.
Diese und andere geschützten Tiere gibt's auch auf unserem hessenschau-Kanal auf Instragram:
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Sendung: hr-fernsehen, maintower, 06.10.2022, 18 Uhr
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