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Mathilden-Hospital: Keine Einwände gegen Teilschließung

Außenansicht eines Krankenhausgebäudes. Einfahrt und Eingang mit Schranke und Schild

Notaufnahme, Intensivstation und viele weitere Abteilungen des Krankenhauses in Büdingen werden Ende Juni geschlossen. Das hessische Gesundheitsministerium hat keine Einwände. Betroffenes Personal soll zum Monatsende entlassen werden.

Nach Verwirrung um die angekündigte Teilschließung des Mathilden-Hospitals in Büdingen (Wetterau) gibt es jetzt Klarheit für Personal und Patienten: Es bleibt beim Aus der stationären Versorgung in den Bereichen Chirurgie, Innere Medizin sowie der Intensivstation und der Notaufnahme zum 30. Juni.

So hatte es der Betreiber Bergman Clinics Deutschland bereits vergangene Woche angekündigt.

Ministerium sieht keine Grundlage für Intervention

Das hessische Gesundheitsministerium, das zunächst "irritiert" reagiert hatte, teilte am Dienstag mit, dass es keine Grundlage habe, die Schließung der Somatik - also aller genannten Stationen - zu verbieten. Ein Gutachten der HessenAgentur im Auftrag des Ministeriums habe ergeben, "dass Kliniken in der Umgebung die Versorgung übernehmen können".

Am Dienstag habe es ein Gespräch zwischen dem Klinik-Betreiber, dem Wetteraukreis als Träger des Rettungsdienstes sowie dem Ministerium gegeben. In dem Gespräch habe die Bergman-Clinics-Gruppe bestätigt, den betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zum 30. Juni Kündigungen aussprechen zu wollen.

"Damit schließt der somatische Teil des Krankenhauses faktisch zu diesem Zeitpunkt", heißt es in der Mitteilung des Ministeriums.

Ambulantes OP-Zentrum soll ausgebaut werden

Die Pläne des Betreibers sehen vor, die Psychiatrie des Hauses auszubauen. Das schon vorhandene Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) und das ambulante Operationszentrum sollen ebenfalls erweitert werden. 

"Mittelfristig ist unser Ziel eine Vielzahl an Eingriffen, die bisher stationär erfolgt sind, ambulant in unserem Ambulanten Operationszentrum umzusetzen", teilte ein Sprecher des Klinik-Betreibers auf hr-Nachfrage am Mittwoch mit. Dies sei aktuell bei bis zu 50 Prozent der Eingriffe möglich und solle erweitert werden.

"Solche ambulant zu erbringenden Eingriffe umfassen zum Beispiel Leistenbrüche, Bauchwandbrüche, Gallenblasenentfernung, Hämorrhoidenbehandlung, Analfistelbehandlung, Eingriffe bei Karpaltunnelsyndrom und anderen Nervenkompressionssyndromen an der Extremität, Operation bei Schnappfinger, Entfernung von Neubildungen der Körperoberfläche, operative Behandlung von Brüchen der Extremitätenknochen", hieß es weiter.

Während der Praxiszeiten solle auch eine ambulante Notfallversorgung angeboten werden.

MVZ-Angebot mit verschiedenen Fachbereichen

Zum Angebot des MVZ gehören nach Angaben des Klinik-Sprechers Leistungen aus den Bereichen Innere Medizin, Gastroenterologie, Endokrinologie, Neurologie, Psychiatrie, Allgemein- und Viszeralchirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie.

Der Ärztliche Bereitschaftsdienst im Mathilden-Hospital soll laut Gesundheitsministerium "in einem gestuften Verfahren" bis zum 30. September in die ambulante Versorgung eingebunden sein. Dazu hieß es vom Klinik-Betreiber, dass man den ärztlichen Bereitschaftsdienst "weiterhin mit nichtärztlichem Personal unterstützen" wolle.

Die stationäre Versorgung wird laut Gesundheitsministerium künftig durch die Main-Kinzig-Kliniken Gelnhausen und das Hochwaldkrankenhaus in Bad Nauheim sichergestellt sein. "Dort kann beispielsweise ein Herzinfarkt oder ein Schlaganfall bestens medizinisch versorgt werden", teilte das Ministerium mit.

Gutachten: Bettenauslastung von 39 Prozent

Das Mathilden-Hospital verfügt aktuell über 181 Betten, davon zehn Intensivbetten. 2022 wurden in dem Krankenhaus rund 4.000 Fälle behandelt, davon 2.400 in der Inneren Medizin. Laut Gutachten der HessenAgentur zeigen sich bei der Auslastung der Betten "auffällig niedrige Werte", in der Chirurgie 2022 etwa nur zu 20 Prozent, in der Inneren Medizin zu 47 Prozent.

"Insgesamt ist beim Krankenhaus eine Bettenauslastung von 39 Prozent festzustellen", heißt es in dem Gutachten. "Von den 181 Betten, die insgesamt zur Verfügung stehen, waren im Jahr 2022 im Durchschnitt lediglich 71 Betten belegt." Der Betriebsrat sieht als Ursache für die geringe Auslastung auch Personalmangel.

Für Psychiatrie und Psychotherapie "unverzichtbar"

Im Fachgebiet Psychiatrie wurde laut dem Gutachten mit 536 vollstationär versorgten Patienten ebenfalls eine "sehr niedrige Auslastung von 62 Prozent" erreicht.

Für die Sicherstellung der Versorgung im Fachgebiet Psychiatrie und Psychotherapie belegt das Gutachten nach Ansicht des Gesundheitsministeriums, dass das Mathilden-Hospital "unverzichtbar" ist. In den anderen Bereichen würden hingegen schon jetzt mehr als 60 Prozent aller Patientinnen und Patienten aus Büdingen in anderen Krankenhäusern versorgt.

Wegen gesunkener Patientenzahlen seien zuvor auch bereits die HNO-Station und die Geburtshilfe geschlossen worden.

Längere Anfahrt zur Notaufnahme

Allerdings wird in dem Gutachten auch deutlich, dass sich die Fahrtzeit zum nächstgelegenen Krankenhaus nun für viele Menschen aus Büdingen und den umliegenden Gemeinden verlängert: Rund 24.000 Menschen im bisherigen Einzugsgebiet das Mathilden-Hospitals hätten nun 26 bis 30 Minuten Anfahrt zur nächsten Notaufnahme, rund 440 sogar mehr als 30 Minuten.

Die Bundesvorgabe, dass maximal 5.000 Menschen länger als 30 Minuten brauchen dürfen, werde damit eingehalten.

Landkreis und Ministerium hatten sich für einen "gleitenden Übergangsprozess" ausgesprochen. Man werde nun "nach vorne schauen" und eine Lösung für den Rettungsdienst finden, hieß es. Der Landkreis habe sich bereits nach Bekanntwerden der Schließungspläne darauf vorbereitet, beispielsweise zusätzliche Rettungswagen bereitzustellen.

Zukunft des betroffenen Personals offen

Was mit den gekündigten Mitarbeitenden passiert, war zunächst unklar. Der Klinik-Betreiber teilte am Mittwoch mit, dass er sich "kurz vor dem Abschluss der Verhandlungen mit dem Betriebsrat" befinde. Details könne man wegen der noch laufenden Verhandlungen nicht mitteilen.

"Bezüglich möglicher Stellenangebote für von Entlassungen betroffene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter befinden wir uns bereits seit mehreren Wochen im Austausch mit anderen Kliniken in der Region."

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