Handarbeit aus der Rhön Kerzen-Manufaktur erobert Erotik-Markt
Vom gewöhnlichen Weihnachtslicht bis zum heißen Sex-Spielzeug: Eine osthessische Kerzen-Manufaktur setzt nicht nur auf Tradition. Mittlerweile spielt der kleine Betrieb auch in der Erotik-Branche mit.
Matthias Mattern bevorzugt Handarbeit. Anders als bei großen Kerzen-Produzenten läuft in der kleinen Manufaktur in der Rhön alles noch manuell. "Die einzige Maschine, die man hier findet, ist meine Kaffeemaschine", sagt der Inhaber von Rhöwa Kerzen in Gersfeld (Fulda) und lächelt.
Gerade ist Hochsaison für Mattern und sein kleines Helfer-Team. Im Winter und besonders in der Weihnachtszeit sind Kerzen gefragt. Doch neben Standardware, Duftkerzen und Adventskranz-Lichtern hat sich für den 59-Jährigen eine weitere lukrative Einnahme-Quelle eröffnet: Erotik-Kerzen.
Großauftrag von Erotik-Versandhändler
Ein namhafter Versandhändler ist sein größter Kunde. Mittlerweile verkauft er mehr Erotik-Kerzen als normale Kerzen, wie Mattern verrät. Zuletzt habe er 450.000 Kerzen produziert, darunter 270.000 kleine Kerzen, die wie ein Teelicht wirken.
Es handelt sich um Massage-Kerzen, mit der der Erotik-Händler seine Adventskalender bestückt. Wenn die Kerze entzündet wird und sich die Masse erwärmt, verflüssigt sich die enthaltene Sheabutter - und mit der wird dann massiert.
"Mit Hoden stehen sie stabiler"
Mattern hatte jüngst auch einen größeren Auftrag eines anderen Erotik-Shops, für den er Kerzen in Penis-Form produzierte. Die will er aber nicht in die Regale seines Werksverkaufs stellen. "Sonst kommt eine Mutter mit Kindern rein und dann gibt es verstörte Blicke und Fragen. Ich will nicht den Eindruck vermitteln, dass es hier wie im Sex-Shop zugeht."
Deswegen gibt es die Penis-Kerzen im Geschäft nur auf Anfrage, quasi unter der Laden-Theke. Tipps gibt es natürlich auch: "Wenn man die Version mit Hoden nimmt, steht er stabiler auf dem Tisch", weiß Mattern.
Kerzen für spezielle Vorlieben
Erotik-Kerzen seien aber ohnehin Artikel, die Kunden eher im Internet bestellten - der Diskretion wegen, beobachtet Mattern und verweist auf rote, unverdächtig wirkende Exemplare. Sie werden für sogenannte Wachsspiele beim Liebesakt genutzt.
"Das darf man nicht mit jeder x-beliebigen Kerze probieren. Das sind besondere Kerzen. Das Wachs darf nicht zu heiß werden, nur um die 70 Grad - sonst drohen Verbrennungen", weiß der Fachmann. Ihm macht es Spaß, diese nicht alltäglichen Kerzen zu kreieren und an den Mann oder die Frau zu bringen.
Regale voller Sonderformen
In seinen Regalen sieht man lauter Sonderformen, wie Mattern sie nennt. Buddhas, Hexen, Kobolde und andere Figuren, aus der Region stammende Rhönschafe mit schwarzem Kopf, Mülltonnen, Cola-Gläser - und einen "Arsch mit Ohren" hat er auch im Programm. Für diese teils skurril anmutenden Kreationen hat er Formen aus Silikon, die er mit Wachs ausgießt.
Mattern ist nach eigenen Worten mit seiner Manufaktur einer der letzten seiner Art. Früher war gerade Fulda und Umgebung eine Region, in der mehrere Kerzenhersteller tätig waren. Eika zum Beispiel war mal einer der größten Kerzenmacher Europas. Die Fabrik schloss aber 2015 wegen Insolvenz.
Handwerk vom Vater gelernt
Firmen wie Eika haben Massenware hergestellt. Stumpen-, Stab- und Spitzkerzen, die allesamt glatte Oberflächen haben und maschinell produziert werden. Mattern setzt auf kreative Einzelstücke. Sein Handwerk hat er vom Vater gelernt. Und er wiederum hat es seinem Sohn beigebracht. Wie lange diese Kette noch fortgeführt wird, Mattern weiß es nicht. Er ist nun 59 Jahre alt und will noch ein paar Jahre weitermachen.
Die Ideen scheinen ihm nicht auszugehen. Eines seiner schönsten und skurrilsten Produkte ist eine "blutende Kerze": "Sie ist innen rot und außen schwarz. Wenn sie angezündet wird, läuft der rote Wachs über den schwarzen - und es wirkt, als würde sie bluten. Solche Dinge in Handarbeit herzustellen, ist reizvoll und wunderschön."
Sendung: hr4, 27.11.2022, 9.15 Uhr
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